Keine Kontrolle
Rechtsextreme Buchprojekte haben von Corona-Hilfe profitiert
Einer Medienrecherche nach sollen mit dem Corona-Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ vereinzelt auch Bücher rechtsextremer Verlage gefördert worden sein. Derzeit prüft der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Verwendung der Fördergelder.
Mittwoch, 26.04.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 26.04.2023, 13:16 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Von dem Corona-Hilfsprogramm „Neustart Kultur“ der Bundesregierung haben einer Medienrecherche zufolge offenbar auch einzelne Bücher mit rechtsextremem Gedankengut profitiert. Auf eine inhaltliche Kontrolle der Buchprojekte ist verzichtet worden, weil eine solche Überprüfung in den Förderkriterien der Kulturstaatsministerin auch nicht vorgesehen war, wie Deutschlandfunk Kultur am Mittwoch berichtete. Die Verwendung der Gelder werde nun geprüft, erklärte der dafür zuständige Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf Anfrage des „Evangelischen Pressedienstes“.
Wie Deutschlandfunk Kultur berichtete, hatte etwa der Forsite-Verlag für ein Buch über den völkischen Esoteriker Herman Wirth aus der NS-Zeit mehr als 2.800 Euro erhalten. Verantwortlich beim Verlag ist demnach der Herausgeber einer Zeitschrift, die vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz seit Jahren als rechtsextrem eingestuft werde. Zudem habe er für das ebenfalls als rechtsextrem bewertete Magazin „N. S. Heute“ geschrieben.
Börsenverein prüft Rückforderung der Mittel
Die Corona-Hilfen für Verlage wurden vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels im Auftrag der Kulturstaatsministerin verteilt. Der Börsenverein bestätigte, dass die in der Recherche genannten Buchprojekte aus dem Forsite-Verlag auf Basis der gestellten Anträge Fördergelder erhielten. Da die Projekte noch nicht existierten, als die Gelder vergeben wurden, sei eine inhaltliche Prüfung nicht möglich gewesen. Deshalb hätten die Verlage bei Antragstellung selbst angeben müssen, dass ihr Buchprojekt keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte enthielt. „Selbstverständlich werden wir die Mittel zurückfordern, wenn sich nachweislich nicht an die Regularien gehalten wurde“, sagte Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. Dies werde derzeit geprüft.
Eine Sprecherin des Kulturstaatsministeriums verteidigte indessen das Programm „Neustart Kultur“ als eine „Strukturförderung, die schnell und unbürokratisch und in die Breite wirkt.“ Es sei „ein einzigartiges Projekt in einer Ausnahmesituation“ gewesen, erklärte eine Sprecherin in Berlin. Mit dem Programm sei es gelungen, den Zusammenbruch der Buchbranche und aller anderen Kulturbranchen zu verhindern. Man sei dabei, die Programme ausführlich zu evaluieren und zu prüfen, was man daraus allgemein für die Zukunft lernen könne.
Ministerium verweist auf Förder-Voraussetzungen
Auch das Kulturstaatsministerium bestätigte, dass eine Voraussetzung für eine Förderung eine Versicherung der entsprechenden Verlage war. „Wenn mit der Förderung Buchprojekte realisiert worden sein sollten, die gegen diese Grundsätze verstoßen, dann müssten die entsprechenden Fördergelder zurückgefordert werden.“
Mit dem Programm „Neustart Kultur“ hatte die Bundesregierung im Sommer 2020 ein Programm zur Unterstützung des Kulturbetriebs aufgelegt. Dafür wurden insgesamt nach Angaben der Bundesregierung etwa zwei Milliarden Euro bereitgestellt. Laut der Erhebung von Deutschlandfunk Kultur flossen davon rund 94 Millionen Euro in den Bereich Literatur. (epd/mig) Aktuell Panorama
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