Rheinland-Pfalz

Landesregierung verhandelt wieder mit islamischen Religionsgemeinschaften

Schon lange will die Landesregierung den gesellschaftlichen Zusammenhalt mit rund 200 000 Muslimen im Land auf eine feste vertragliche Grundlage stellen. Die Gespräche dafür wurden mehrfach unterbrochen. Jetzt soll der Vertrag bis 2025 stehen.

Dienstag, 25.04.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 26.06.2023, 16:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die rheinland-pfälzische Landesregierung nimmt Anfang Juni nach mehreren Jahren Unterbrechung neue Vertragsverhandlungen mit den vier islamischen Verbänden auf. Schwerpunkte sind islamischer Religionsunterricht, die Einrichtung eines Lehrstuhls für islamische Theologie an der Universität Koblenz, der Umgang mit Feiertagen, Seelsorge und Begräbnisse. Das teilte das Wissenschaftsministerium nach dem Kabinettsbeschluss am Dienstag in Mainz mit. „Ich bin zuversichtlich, dass der Abschluss bis 2025, also noch in der laufenden Legislaturperiode erreicht wird“, sagte Wissenschaftsminister Clemens Hoch (SPD). Die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Marion Schneid, begrüßte, dass der Prozess „endlich wieder an Fahrt aufnimmt“.

Die vier Verbände sind die Islamische Religionsgemeinschaft Ditib Rheinland-Pfalz, die Schura Rheinland-Pfalz Landesverband der Muslime, der Landesverband Islamischer Kulturzentren Rheinland-Pfalz (LVIKZ) und Ahmadiyya Muslim Jamaat. Ein Dialogprozess soll die Vertragsverhandlungen begleiten.

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Muslime zweitgrößte religiöse Gemeinschaft

Dazu gehöre unter anderem die Erarbeitung einer Rahmenvereinbarung, die gemeinsame Wertegrundlagen formuliert. „Neben den vertragsrechtlichen Aspekten müssen wir auch Antworten finden auf Fragen zu der Struktur des muslimischen Lebens in Deutschland“, sagte Hoch. „Wir wollen muslimisches Leben in Rheinland-Pfalz sichtbar machen.“

Nach den christlichen Kirchen seien die Muslime und Musliminnen die zweitgrößte religiöse Gemeinschaft, sagte Hoch. „Für viele dieser Menschen im Land ist dies ein sehr wichtiges Zeichen der Anerkennung und Gleichbehandlung mit anderen Religionsgemeinschaften, das über Rheinland-Pfalz hinaus Wirkung entfaltet.“ Zur Stärkung der Teilhabe der rund 200 000 muslimischen Menschen im Land solle die Zusammenarbeit „auf einer guten vertraglichen Grundlage“ geregelt werden. „Wir wollen einen Vertrag auf Augenhöhe.“

Steuerungsgruppe soll Zeitplan ausarbeiten

Unter Federführung des Wissenschaftsministeriums werde eine ressortübergreifende Steuerungsgruppe der Landesregierung eingerichtet. „Sie werde einen Zeitplan ausarbeiten, die Beiträge der Verhandlungsgruppen zusammenführen und im Konfliktfall intervenieren.“

Die Landesregierung hatte die Gespräche über Vertragsverhandlungen mit den Verbänden bereits 2013 begonnen. Wegen des Putschversuchs in der Türkei waren die Vertragsverhandlungen im Sommer 2016 einvernehmlich ausgesetzt worden. Gutachten von 2014 und 2015 zu den islamischen Verbänden wurden um Zusatzgutachten ergänzt, „um die hinreichende Unabhängigkeit von Einflüssen Dritter auf die Landesverbände zu untersuchen“, berichtete das Ministerium.

Gutachten: Verbände sind Religionsgemeinschaften

Die Sachverständigen, der Bayreuther Religionswissenschaftler Professor Christoph Bochinger und sein Kölner Kollege Professor Stefan Muckel, hätten 2018 das Ergebnis der Erstgutachten bestätigt, „dass es sich bei allen vier Verbänden grundsätzlich um Religionsgemeinschaften handelt“. Die Ergebnisse veranlassten das Ministerium 2018 zudem, weitere Verhandlungen von der Einhaltung von Zielvereinbarungen abhängig zu machen. Diese wurden 2020 geschlossen und für deren Überprüfung erneut die beiden Gutachter beauftragt.

Die Landesregierung entschied 2021 auch, die Zielvereinbarung mit der Islamischen Religionsgemeinschaft Ditib Rheinland-Pfalz fortzusetzen – trotz der Einladung eines mit antisemitischen und homophoben Äußerungen aufgefallenen türkischen Historikers. „Der Ditib Landesverband hat Verantwortung übernommen und einschneidende Konsequenzen gezogen“, hatte dies der damalige zuständige Kulturminister Konrad Wolf (SPD) begründet.

Die CDU-Abgeordnete Schneid betonte: „Entscheidend ist und bleibt, dass die Kooperationspartner mit denen verhandelt wird, zuverlässig und staatlich unabhängig sind.“ Dies sei besonders mit Blick auf den islamischen Religionsunterricht wichtig. „Wir erinnern uns an die Probleme mit Ditib“, mahnt Schneid. „An unseren Schulen darf es keinerlei Beeinflussung geben – das gilt für den Religionsunterricht, wie für alle anderen Bereiche.“ Deshalb müsse Rheinland-Pfalz endlich anfangen, islamische Religionslehrerinnen und -lehrer selbst auszubilden. (dpa/mig) Aktuell Politik

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