Handlungsbedarf
Auch 2023 viele Flüchtlinge in Berlin – Kipping mahnt Bauprogramm an
Im Vorjahr suchten so viele Menschen Schutz in Berlin wie schon lange nicht mehr. Und 2023 ist der Trend nicht gebrochen. Senatorin Kipping sieht dringenden Handlungsbedarf. Dass im Koalitionsvertrag von CDU und SPD dazu nichts steht, seit „entsetzend“.
Montag, 10.04.2023, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 10.04.2023, 14:11 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Nach dem starken Zuzug von Geflüchteten 2022 in Berlin hat sich die Lage in den ersten drei Monaten dieses Jahres nicht entspannt. Im Gegenteil: „Es gibt eine Tendenz zur Verschärfung“, sagte die scheidende Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) der Deutschen Presse-Agentur. „Die Zahl der Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine mit Unterbringungsbedarf steigt.“ Pro Woche habe Berlin zuletzt 350 bis 600 Menschen aus dem Land aufgenommen, gegen das Russland seit Februar 2022 einen Angriffskrieg führt. Hinzu kämen Asylbewerber, seit Jahresbeginn zwischen 200 und 350 pro Woche.
Nach Einschätzung Kippings benötigt Berlin angesichts dieser Entwicklung in diesem Jahr weitere 10.000 Plätze für geflüchtete Menschen. Momentan sind es laut Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) gut 32.000 in Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahme. Sie sind weitgehend belegt, die Reserven gering. Geeignete Immobilien für solche Sammelunterkünfte sind indes immer schwerer zu finden, das gilt laut LAF auch für Fachpersonal für deren Betrieb. Aus Hostels, die der Senat zwischenzeitlich angemietet hatte, mussten oder müssen Flüchtlinge wieder ausziehen, weil der Tourismus wieder zunimmt.
Kipping: „Es gibt einen großen Bedarf“
Vor diesem Hintergrund erwartet Kipping vom neuen schwarz-roten Senat, der voraussichtlich Ende April seine Arbeit aufnimmt, ein Neubauprogramm für modulare Unterkünfte (MUF), in denen geflüchtete Menschen in Wohnungen leben können. „Ich gehe davon aus, dass wir pro Bezirk etwa 1.000 neue Plätze brauchen“, so die Senatorin. „Da stehen der neue Senat und die Bezirke in der Pflicht.“ Die Bezirke müssten Bauflächen benennen, die Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen müsse für ein gerechte Verteilung der neuen MUFs über die ganze Stadt sorgen. „Es gibt einen großen Bedarf, da kann sich niemand wegducken.“
Der Wahlkampf sei der Sache nicht förderlich gewesen, so Kipping. „Und ich bin entsetzt darüber, das im Koalitionsvertrag von CDU und SPD dazu nichts steht.“ Kipping mahnte: „Das ist jetzt aber keine Zeit für Stillstand.“ Der Bau eines MUFs dauert in der Regel etwa ein Jahr.
Mehr Aufnahmen als 2015/2016
Wie Kipping ankündigte, soll der Betrieb des Ukraine- Ankunftszentrums am Terminal C des ehemaligen Flughafens Tegel nebst 3.000 Plätzen zur vorübergehenden Unterbringung Geflüchteter verlängert werden. Diese Verlängerung bis Ende September oder Ende des Jahres wird demnach voraussichtlich noch der alte rot-grün-rote Senat beschließen.
2022 hatten in Berlin fast doppelt so viele Menschen Asyl beantragt wie im Jahr zuvor. Insgesamt zählte das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) 14.704 Asylanträge. Hinzu kamen mehr als 1.000 Geflüchtete, die über Sonderprogramme nach Berlin kamen, etwa besonders schutzbedürftige Syrer. Darüber hinaus fanden in Berlin im Vorjahr etwa 60.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eine neue Bleibe, die einen anderen Status als Asylbewerber haben. Viele kamen zunächst privat unter. Alles in allem nahm Berlin damit 2022 mehr Geflüchtete auf als in den Jahren 2015/2016, in denen schon einmal großer Zulauf herrschte. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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