Ziel verfehlt

Asylverfahren dauern wieder länger

Schnelle Asylverfahren sind ein Ziel der Politik. Noch ist es nicht erreicht. 2022 stieg die durchschnittliche Dauer sogar wieder auf 7,6 Monate. Noch länger dauerten die Verfahren in den Anker-Zentren, die eigentlich das Gegenteil bewirken sollten.

Donnerstag, 23.03.2023, 13:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 23.03.2023, 12:55 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Dauer der Asylverfahren in Deutschland hat im vergangenen Jahr wieder zugenommen. 2022 dauerte es bis zu einer Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Schnitt 7,6 Monate, einen Monat länger als 2021, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Linken-Anfrage hervorgeht, die dem MiGAZIN vorliegt. Zuerst hatte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ darüber berichtet.

Besonders lang dauerten demnach die Verfahren für Menschen aus Nigeria, nämlich länger als ein Jahr. Auch bei Asylantragstellern aus Somalia und Ghana lag die Bearbeitungsdauer mit jeweils rund elf Monaten über dem Durchschnitt. Menschen aus Afghanistan bekommen im Schnitt erst nach 9,1 Monaten einen Bescheid zugestellt. Das sei untragbar, zumal sie am Ende fast immer als schutzbedürftig anerkannt würden, erklärte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken, Clara Bünger.

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218.000 Erstanträge im vergangenen Jahr

Unter einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von einem halben Jahr wurden unter anderem Asylanträge aus der Türkei, Georgien, Serbien, Marokko, Tunesien und Bosnien und Herzegowina bearbeitet, darunter also viele Länder mit einer niedrigen Anerkennungsquote.

2022 hatte es neben der großen Fluchtbewegung aus der Ukraine auch einen Anstieg der Flüchtlingszahlen aus anderen Kriegs- und Krisenregionen der Welt gegeben. Knapp 218.000 Erstanträge auf Asyl gab es im vergangenen Jahr. Das entsprach einem Anstieg von rund 47 Prozent. Hauptherkunftsländer der Schutzsuchenden waren Syrien und Afghanistan. Die mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mussten nicht das reguläre Asylverfahren durchlaufen, sondern bekamen einen Schutzstatus über die dafür erstmals aktivierte EU-Richtlinie.

Seehofer-Ziel verfehlt: Verfahren Anker-Zentren dauern länger

Nach der Fluchtbewegung in den Jahren 2015 und 2016 gab es viele Bemühungen, die langwierigen Asylverfahren zu beschleunigen. Insbesondere die CSU setzte sogenannte Anker-Zentren durch, in denen Asylsuchende möglichst bis zum Ende des Asylverfahrens untergebracht werden. So sollten die Verfahren schneller gehen.

Laut den Zahlen des Bundesinnenministeriums wird dieses vom ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgegebene Ziel nicht nur verfehlt, sondern ins Gegenteil verkehrt. In den Anker-Zentren und funktionsgleichen Einrichtungen dauerten die Verfahren mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von 8,2 Monaten sogar noch länger, wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht. Dort mussten im vergangenen Jahr auch Menschen aus dem Iran, Somalia, Ghana und Russland teilweise weit länger als ein Jahr auf eine Asylentscheidung warten. Seehofer hatte mit einer Beschleunigung von Verfahrensdauern für die umstrittenen Anker-Zentren geworben.

Bünger: Standortabhängige Verfahrensdauern „höchst bedenklich“

Kritik ernten auch die unterschiedlichen Verfahrensdauern an einzelnen BAMF-Standorten. Bünger hält sie für „höchst bedenklich und mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung kaum vereinbar. Es kann doch nicht sein, dass z.B. afghanische Flüchtlinge an einem Ort sechs Monate und an einem anderen mehr als vier Jahre auf eine Asylentscheidung warten müssen“. Die Linkspolitikerin sieht die Bundesregierung in der Pflicht, das Bamf zu notwendigen Korrekturen aufzufordern.

Die Koalition von SPD, Grünen und FDP hat sich eine Beschleunigung der Asylverfahren und der Asylgerichtsverfahren vorgenommen. Im Dezember beschloss der Bundestag ein Gesetz, das das Bundesamt sowie Gerichte entlasten soll. Wie sich die Neuerungen auf die Dauer der Asylverfahren tatsächlich auswirken, muss sich in der Praxis noch zeigen. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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