Baden-Württemberg
Landtag: Keine antisemitischen Demos auf Synagogen-Plätzen
Corona-Leugner, die Davidsterne auf Plätzen alter Synagogen zur Schau tragen und antijüdisches Gedankengut verbreiten? Damit muss Schluss sein, fordert fast der ganze baden-württembergische Landtag. AfD-Abgeordnete sehen das anders.
Montag, 13.03.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.03.2023, 12:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Der baden-württembergische Landtag hat sich mit großer Mehrheit für ein Verbot judenfeindlicher und antisemitischer Demonstrationen auf Plätzen alter Synagogen ausgesprochen. Grünen, CDU, SPD und FDP stimmten am Donnerstag für einen gemeinsamen Entschließungsantrag, der sich für den besonderen Schutz jüdischer Erinnerungs- und Begegnungsorte ausspricht. Versammlungsbehörden und Polizei müssten im Umgang mit antiisraelitischen und antisemitischen Versammlungen sensibilisiert werden. Auch aus der AfD-Fraktion gab es Zustimmung für den Antrag, teils enthielten sich AfD-Abgeordnete aber auch oder stimmten dagegen.
Mit einem Entschließungsantrag macht der Landtag seine Position zu bestimmten politischen Fragen deutlich. Entschließungen sind nicht rechtlich verbindlich.
Orientierung für Versammlungsbehörden
Antisemitismus beginne nicht erst mit Angriffen auf Synagogen, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. Verschwörungserzählungen bereiteten den Boden für Gewalt und seien brandgefährlich. „Wenn sie dann noch bei Versammlungen vor Synagogen, vor jüdischen Einrichtungen, vor Erinnerungsorten stattfinden, ist das besonders schlimm.“
Schwarz erwähnte etwa Corona-Leugner, die Davidsterne auf solchen Plätzen zur Schau trügen oder sich mit dem Mädchen Anne Frank oder der Widerstandskämpferin Sophie Scholl verglichen. Er verurteile die Verächtlichmachung der Opfer des Dritten Reichs aufs Schärfste. Die Versammlungsbehörden benötigten Orientierung, um „solche Versammlungen, solche Aufmärsche“ an diesen Orten rechtswirksam untersagen zu können.
CDU will gegebenenfalls nachfassen
Das Demonstrationsrecht habe seine Grenzen dort, wo die Würde Anderer beginne, sagte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. Bewusste Provokationen und Grenzüberschreitungen müssten untersagt werden. „Wer diese Erinnerung verächtlich machen will, wird auf den entschiedenen Widerstand aller Demokraten in diesem Land stoßen“, betonte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch.
Man könne und wolle antijüdische, antisemitische und antiisraelische Versammlungen nicht zulassen an genau jenen Plätzen, die an jüdisches Leben und jüdische Opfer erinnerten. Der Wille des Landtags müsse auch politisch umgesetzt werden, forderte Stoch. Verwaltungsbehörden müsse Sicherheit gegeben werden, auf welcher Grundlage sie einschreiten könnten. Sollte der Antrag der Fraktionen nicht ausreichen, müsse man nachfassen.
Innenminister: „Psychoterror vor Synagogen“
Das heiße nicht, dass man israelische Politik nicht kritisierten dürfe, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Aber wenn das Existenzrecht und die territoriale Integrität in Frage gestellt werde, müsse man schützend eingreifen. Er hoffe, dass der Antrag dazu führe, dass Jüdinnen und Juden solche Demonstrationen an solchen besonderen Orten nicht mehr erleben müssten.
„Psychoterror vor Synagogen dulden wir nicht“, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU). Er halte es für völlig unerheblich, ob sich der Antisemitismus aus Rechtsextremismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus oder einfach „aus einer himmelschreienden Dummheit der Betroffenen“ speise. Meinungsfreiheit beinhalte auch, Dummes und Falsches zu sagen, auch Widerliches zu verbreiten. „Was wir aber nicht dulden ist antisemitische Hetze und Gewalt auf den Straßen und Plätzen unseres Landes.“
AfD wie gewohnt
Die AfD stimmte einigen Punkten des Antrags zu, zeigte sich aber insgesamt zwiegespalten bei dem Thema. AfD-Fraktionschef Anton Baron machte für den zunehmenden Antisemitismus im Land vor allem Migranten verantwortlich, die aus Ländern kämen, „in denen Judenhass Staatsräson ist“. „Die größte Gefahr für jüdisches Leben geht von dem importierten Antisemitismus aus.“ Baron stimmte aber für den Antrag.
AfD-Politiker Emil Sänze hingegen, der dem äußeren rechten Rand zugeordnet wird, stimmte zu weiten Teilen gegen den Antrag. Es gehe um einen „fundamentalen Angriff auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die de facto mit einem Sonderrecht für Israel und für Menschen jüdischen Glaubens allgemein begründet wird“, erklärte er sich nach der Abstimmung. Die Abgeordnete Carola Wolle sprach von einem „Lehrstück für Demokratievernichtung“. (dpa/mig) Aktuell Politik
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