Flüchtlingspolitik
Europa missachtet gesetzlichen Verpflichtungen im Mittelmeer
Europa kommt seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Rettung von Geflüchteten in Seenot nicht nach. Das geht aus einem Einsatzbericht der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS Humanity hervor. Die Seentoretter sprechen von einer „menschenverachtenden“ Politik.
Dienstag, 04.10.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 02.10.2022, 11:37 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Staatliche Akteure missachten auf dem Mittelmeer ihre gesetzlichen Verpflichtungen zur Rettung von Menschen auf der Flucht. So lautet der Vorwurf der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS Humanity in einem veröffentlichten Einsatzbericht. Darin wird die mangelnde Unterstützung staatlicher Stellen bei vier Rettungen mit insgesamt 414 Geretteten beschrieben.
In dem Bericht sind auch achtzehn Anfragen für einen sicheren Ort und die für Hunderte Menschen Wartezeit von bis zu siebzehn Tagen an Bord zu lesen. „Die Tatsache, dass 187 Minderjährigen an Bord waren, darunter zahlreiche kleine Kinder und 105 unbegleitete Jugendliche unter achtzehn Jahren, beschleunigte nicht die Zuweisung eines Hafens. Frischwasser und Nahrung mussten schließlich rationiert werden, die hygienischen und medizinischen Bedingungen waren prekär“, heißt es in einer Erklärung der Seenotrettungsorganisation.
„Es setzt Menschenleben aufs Spiel, wenn Rettungsleitstellen zivile Schiffe über Notfälle nicht informieren“, kritisiert die politische Referentin von SOS Humanity, Mirka Schäfer. Sie bezeichnet die Weigerung staatlicher Stellen als „menschenverachtend“. Ohne die gemeinsamen Anstrengungen der zivilen Akteure gäbe es noch mehr Tote auf See zu beklagen. „Die Europäische Union muss diese Politik der staatlichen Vernachlässigung von Menschenleben umgehend beenden“, fordert Schäfer.
SOS Humanity: Europa muss Seerecht einhalten
Der Einsatzbericht von SOS Humanity umfasst eine Chronologie der einzelnen Rettungen und dokumentiert die Erfahrungen auf See und mit den staatlichen Akteuren. Die zivile Seenotrettungsorganisation stellt dar, was nötig ist, damit Menschen im Mittelmeer nicht mehr ertrinken müssen: Europa müsse „internationales Seerecht einhalten“. Das bedeute Rettungen mit allen verfügbaren Schiffen und umgehende Zuweisung von sicheren Orten.
„Unser Rettungseinsatz zeigt einmal mehr, dass Seeleute bei Seenotfällen im Mittelmeer allein gelassen werden, was für mich nicht akzeptabel ist“, wird Konrad, Erster Offizier auf der Humanity 1, im Bericht zitiert. „Ich fordere daher die europäischen Staaten auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen, maritime Notfälle auf europäischer Ebene zu koordinieren.“ (mig) Leitartikel Panorama
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