„Abwehrmentalität“
Experten fordern grundlegendes Umdenken bei Arbeitskräfteeinwanderung
Deutschland hat Experten zufolge nicht nur ein Fachkräfteproblem, sondern auch ein Arbeitskräfteproblem. Sie fordern ein grundlegendes Umdenken in der Einwanderungspolitik. Im Konsularbereich herrsche immer noch eine „Abwehrmentalität“, die Verwaltung sei nicht zeitgemäß.
Donnerstag, 21.07.2022, 15:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 21.07.2022, 14:50 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Experten halten ein grundlegendes Umdenken in der Einwanderungspolitik für erforderlich. Bei einem virtuellen Pressegespräch des Mediendienstes Integration am Donnerstag kritisierte der Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker eine „Abwehrmentalität“ im Konsularbereich des Auswärtigen Amtes und teilweise auch in den Ausländerbehörden. Es müsse dringend belastbare, schnellere Verwaltungsverfahren geben und eine erleichterte Anerkennung von ausländischen Abschlüssen.
Brücker, der am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg tätig ist, sagte, dass Deutschland rund 1,6 Millionen Zuzüge bräuchte, um in Anbetracht der Fortzüge eine jährliche Nettoeinwanderung von 400.000 Personen zu erreichen. Eine verstärkte Einwanderung von Arbeitskräften ist seinen Angaben nach nötig, um die Lücken auf dem Arbeitsmarkt wegen der alternden Bevölkerung hierzulande zu füllen.
Verwaltung nicht zeitgemäß
Die Rechtsanwältin Bettina Offer aus Frankfurt am Main betonte, dass die deutsche Verwaltung nicht zeitgemäß sei. Es gebe kein verlässliches Verfahren. Die Ausländerbehörden und die Auslandsvertretungen funktionierten schon bei der Terminvergabe nicht, es gebe kaum Termine. Die Sachbearbeiter seien zudem oftmals überfordert und hätten veraltete Kenntnisse zum Fachkräfteeinwanderungsrecht.
Offer, die Firmen mit Fachkräften aus dem Ausland berät, kritisierte, dass Behörden keine Sanktionen drohen, wenn sie nicht funktionieren. Sie schlug vor, im Zweifel eine Strafgebühr zu erheben, damit etwa die Kommunen merkten, „wenn es nicht funktioniert, wird es teuer“.
Nicht nur ein Fachkräfteproblem
Nach Einschätzung des Geschäftsführers des Industriedienstleisters IDS in Baden-Württemberg, Markus Winter, muss in Deutschland erkannt werden, dass es nicht nur ein Fachkräfteproblem, sondern ein Arbeitskräfteproblem gebe. Benötigt würden etwa Fahrer für Getränkelieferungen, Montagearbeiter oder Gabelstaplerfahrer. Es gehe also um Menschen, die arbeitswillig sein und zupacken könnten. Die könnten auch innerbetrieblich angelernt und fortgebildet werden.
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