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„Herausforderung gut bewältigt“

Grimme-Preise zu Themen Rassismus, Ungleichheit, Flucht und Geflüchtete

Die Grimme-Preise 2022 stehen fest. Viele der ausgezeichneten Beiträge setzen sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander. Fernsehen als Flucht in eine heile Welt habe kaum eine Rolle gespielt, sagt Juryvorsitzender Patrick Presch.

Dienstag, 31.05.2022, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 31.05.2022, 16:15 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Grimme-Preise gehen in diesem Jahr an 16 Produktionen und Medienschaffende, etwa an den Schauspieler und Regisseur Bjarne Mädel und die ZDF-Journalistin Katrin Eigendorf. Viele ausgezeichnete Beiträge würden sich in Folge der Corona-Pandemie mit psychischer Gesundheit, Angststörungen oder Depressionen beschäftigen, erklärte die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, am Dienstag in Essen. Weitere sensibel umgesetzte Schwerpunkte seien Flucht und Geflüchtete, Krieg und Konflikte oder Genderfragen und queere Communitys. „Das Jahr 2021 ist als Herausforderung für die Sender gut bewältigt worden, auch bei den Privaten“, bilanzierte die Grimme-Direktorin.

In der Kategorie Fiktion erhält der Schauspieler Bjarne Mädel zwei Grimme-Preise: einen für sein Regiedebüt „Sörensen hat Angst“ (NDR), in dem er einen Polizisten mit Angststörung spielt, und einen als Hauptdarsteller in dem BR/ARTE-Film „Geliefert“ über den Alltag eines schlecht bezahlten Postzustellers. Seine Hoffnung sei, zu vermitteln, dass alle Menschen gleich viel wert seien, „egal wer das Geld hat, Waren zu bestellen oder wer sie dann die Treppe hochträgt“, sagte Mädel und kündigte eine Fortsetzung von „Sörensen“ an. Vorherrschende Themen in der Kategorie Fiktion seien neben der „neuen Normalität Corona“ auch soziale Ungleichheit und Rassismus, berichtete der Juryvorsitzende Patrick Presch. Zudem werden „Die Ibiza-Affäre“ (Sky), „Tina mobil“ (RBB) und der „Polizeiruf 110 – Sabine“ (NDR) ausgezeichnet.

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Den Grimme-Preis für „Besondere journalistische Leistung“ erhält die ZDF-Journalistin Katrin Eigendorf für ihre Reportagen über die Lage der Frauen und Mädchen in Afghanistan. Weitere Preise in der Kategorie Information & Kultur gehen an vier Produktionen: „Schwarze Adler“ (Amazon Prime Video/ZDF) arbeitet den seit Jahren anhaltenden Rassismus gegen Fußballerinnen und Fußballer auf. „Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen“ (HR) beleuchtet den rassistisch motivierten Anschlag am 19. Februar 2020. Auch die Serie „Charité intensiv: Station 43“ (rbb) über die Coronastation des Berliner Klinikums und der Film „Oeconomia“ (ZDF/3sat) werden prämiert.

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„Freitagnacht Jews“

Im Bereich Unterhaltung geht erneut ein Preis an ein Format mit Kurt Krömer. In „Chez Krömer | zu Gast: Torsten Sträter“ (RBB) spreche der Komiker und Schauspieler offen über eigene Erfahrungen mit Depressionen, hieß es. Auch Joko Winterscheidts Quizshow „Wer stiehlt mir die Show?“ (Florida TV für ProSieben) und die Sendung „Freitagnacht Jews“ (WDR) über jüdisches Leben in Deutschland erhalten einen Grimme-Preis. Daniel Donskoy, verantwortlich für Moderation und Buch des Talkformats, berichtete von den vielfältigen Antisemitismuserfahrungen seiner wechselnden Gäste. „So eine Show triggert das eine oder andere“, betonte er. Umso wichtiger sei es, „dass Menschen ihre Identität und ihr Selbstverständnis darstellen können“.

Der Spezial-Preis in der Kategorie Kinder & Jugend würdigt das Konzept des Formats „Am Limit?! Jetzt reden WIR!“ (HR), in dem Kinder und Jugendliche von ihren Erfahrungen während der Corona-Pandemie berichten. Zudem erhält das Moderationsteam von „offen un ehrlich“ (SR/funk) einen Preis für seinen individuellen Stil und die unkonventionelle Darstellungsweise. Auch der Kurzfilm „Seepferdchen“ (MDR) über die Traumata der jungen Hanan nach ihrer Flucht aus dem Irak wird ausgezeichnet. Es sei ihr in diesem Kinderporträt darum gegangen, „dass das Grauen auf dem Mittelmeer nicht in Vergessenheit gerät“, berichtete Nele Dehnenkamp (Buch und Regie). Während des Filmprojekts habe Hanan schwimmen gelernt und heilsame Prozesse durchlaufen.

„Wo ein Perspektivwechsel guttäte“

Die „Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands“ (DVV) geht an die Komikerin und Schauspielerin Anke Engelke. Ihre Parodien zeigten immer wieder, „wo uns Aufklärung fehlt oder wo uns ein Perspektivwechsel guttäte“, hieß es. Mit dem Publikumspreis der Marler Gruppe wird eine Serie über Depression ausgezeichnet: „The Mopes“ (Warner TV Comedy) verbinde „sehr wirksam Aufklärung über dieses ernste und schwere Thema mit satirischer Unterhaltung“. Der erstmals vergeben Preis der Studierendenjury geht an das Familienportrait „Una Primavera“ (3sat), das häusliche Gewalt und ihre Auswirkungen auf die ganze Familie zeigt.

Bei der Preis-Gala am 26. August 2022 im Theater der Stadt Marl werden insgesamt 53 Preisträgerinnen und Preisträger ausgezeichnet. Der 1964 erstmals verliehene undotierte Grimme-Preis gilt als wichtigster deutscher Fernsehpreis. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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