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Ukrainische Flüchtlinge am Grenzübergang zu westlichen Nachbarstaaten.

Drei Fragen

Psychologin: „Je länger der Krieg dauert, desto schwerer die Traumatisierungen“

Nach Einschätzung der Expertin für posttraumatische Belastungsstörungen, Rita Rosner, haben nur wenige der ukrainischen Flüchtlinge bisher ein Kriegstrauma erlitten. Das könnte sich aber ändern, erklärt die Psychologie-Professorin im Gespräch.

Von Dienstag, 12.04.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 13.04.2022, 5:41 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Frau Rosner, welche psychische Situation liegt bei den Flüchtlingen vor?

Rita Rosner: Es gibt eine ganze Spannbreite von Erscheinungsbildern bei Flüchtlingen. Das muss man sich wie eine Pyramide vorstellen: Auf der untersten Ebene sind Personen, die eigentlich gesund sind. Sie sind bis zu diesem Zeitpunkt gut mit der Belastung zurechtgekommen. Diese Menschen brauchen vermutlich nur soziale Unterstützung. Das werden die meisten Personen sein. Dann gibt es eine Zwischengruppe, die befindet sich im Moment oberhalb dessen, was sie selbst bewältigen kann. Neben der grundlegenden Unterstützung brauchen diese Menschen psychosoziale Unterstützung. Das ist das, was normalerweise in funktionierenden Sozialverbänden mit Freunden und Familie vorliegt, aber jetzt gestört ist durch die Flucht und das Unterwegssein. Und im oberen Teil der Pyramide haben wir Menschen, die professionelle Hilfe brauchen von niedergelassenen Ärztinnen und Psychologen.

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Welchen Vorteil hat so ein Pyramiden-Modell?

Wir können nicht die maximale Ressource für alle vorhalten, sondern nur für die, die psychisch krank sind oder werden. Noch gibt es nicht so viele, die eine posttraumatische Belastungsstörung haben, weil sie rechtzeitig geflohen sind. Das wird sich aber ändern: Je länger der Krieg dauert, desto schwerer werden die Leute traumatisiert sein, die zu uns kommen.

Was kann zur Bewältigung der Gesamtsituation sowohl für Flüchtlinge als auch für Helfende beitragen?

Zurzeit schauen alle den ganzen Tag Nachrichten. Man versucht so viele Informationen wie möglich zu erhalten. Gleichzeitig kann man aber nicht viel machen. Deshalb muss man aufpassen, sich die richtige Dosis zuzufügen. Das gilt auch für die Helfenden. Hier müssen Ruhephasen eingebaut werden. Gerade diejenigen, die zum ersten Mal ihre Hilfe anbieten, müssen eine Sicherheitsschwelle einbauen, damit sie nicht zu viel machen und selbst eine Stressreaktion bekommen. (epd/mig) Aktuell Interview Panorama

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