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20 Jahre Strafgerichtshof in Den Haag

Fester Bestandteilt des internationalen Rechtssystems in der Kritik

Was lange als unrealistisch galt, wurde vor 20 Jahren Wirklichkeit: Die Weltgemeinschaft schuf den Internationalen Strafgerichtshof. Heute ist er ein fester Bestandteil des internationalen Rechtssystems, wird aber auch scharf kritisiert: Lange wurden nur Afrikaner angeklagt und in Afghanistan oder Palästina gibt es kaum Fortschritte.

Von Sonntag, 10.04.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.04.2022, 8:19 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Zeitpunkt war günstig – und die Weltgemeinschaft wusste ihn zu nutzen: Im April 2002 entschieden sich mehr als 60 Länder für die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs. Es war ein historischer Moment zu einer Zeit, in der die internationalen Beziehungen vergleichsweise entspannt waren. Inzwischen hat sich die Zahl der Mitgliedsstaaten zwar verdoppelt, doch anders als vor zwanzig Jahren erfährt das Gericht heute mehr Gegen- als Rückenwind.

Bereits 1998 hatte sich die Weltgemeinschaft in Rom auf einen Vertrag zur Schaffung eines permanenten Strafgerichts geeinigt, dem sich nach und nach immer mehr Länder anschlossen. Am 11. April 2002 traten zehn Länder dem sogenannten Römischen Statut bei. Damit war die Grenze von 60 Vertragsparteien überschritten, die nötig waren für die Gründung des Gerichts in Den Haag.

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Aktivisten weltweit, die jahrelang für die Idee gekämpft hatten, feierten die Entstehung des Gerichts. „Der Internationale Strafgerichtshof ist die wahrscheinlich wichtigste Einrichtung auf dem Gebiet der Menschenrechte seit 50 Jahren“, erklärte der langjährige Direktor für internationale Strafjustiz bei Human Rights Watch, Richard Dicker, damals.

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Das erste permanente internationale Strafgericht

Zwar waren nach den Balkankriegen und dem Völkermord von Ruanda in den 1990er Jahren Sondertribunale gegründet worden, um die Verantwortlichen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch ihre Zuständigkeit war zeitlich und geografisch beschränkt.

Der Internationale Strafgerichtshof dagegen ist das erste permanente internationale Strafgericht für schwere Verbrechen wie Völkermord. Seine Anklagebehörde kann in den derzeit 123 Mitgliedsstaaten selbstständig Ermittlungen aufnehmen oder nach einer Beauftragung durch eine Regierung oder den UN-Sicherheitsrat aktiv werden. Das Gericht gibt nationalen Behörden Vorrang und greift ein, wenn Länder selbst nicht ermitteln können oder – zum Beispiel aus politischen Gründen – nicht wollen.

Kritik: Alle Angeklagten aus Afrika

Seit das Römische Statut am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist und der Strafgerichtshof die Arbeit aufgenommen hat, kam es zu zehn Verurteilungen und vier Freisprüchen. 35 Haftbefehle wurden ausgestellt. Dass bisher alle Angeklagten aus Afrika kamen, hat dem Gericht lange heftige Kritik eingebracht. Mehrere Länder drohten mit einem Austritt. Inzwischen laufen Ermittlungen auch auf anderen Kontinenten, besonders in politisch heiklen Konflikten wie Afghanistan oder den palästinensischen Gebieten gibt es jedoch kaum Fortschritte.

Der Strafgerichtshof hat keine eigene Polizei, um Verdächtige festzunehmen oder alle Ermittlungen selbst erledigen zu können, und ist deshalb auf die Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten angewiesen – vielleicht die größte Schwäche des Systems. Die anfängliche Begeisterung und die politische Unterstützung für das Gericht haben 20 Jahre nach dessen Gründung nachgelassen. Das wird deutlich etwa an den 13 Angeklagten, die auf der Flucht sind – oder wie der frühere sudanesische Langzeitherrscher Omar al-Baschir von ihren Regierungen nicht nach Den Haag überstellt werden. Auch die Finanzmittel steigen trotz der Zunahme an Verfahren und Ermittlungen, zuletzt etwa in der Ukraine, kaum.

Fester Bestandteil der Weltordnung

Doch trotz der Schwierigkeiten in den vergangenen Jahren gilt der Strafgerichtshof inzwischen als fester Bestandteil der Weltordnung im 21. Jahrhundert. Der heutige Gerichtspräsident, Piotr Hofmaski, sagte bei einer Feierstunde im Januar, das Gericht sei zu einer bleibenden Einrichtung im internationalen Rechtssystem geworden.

Angesichts der heutigen Lähmung des UN-Systems und der geopolitischen Spannungen, die Einigungen oft unmöglich machen, wird die Schaffung des Strafgerichtshofs 2002 oft als wundersame Entwicklung gesehen. Die Politikwissenschaftler Tanja Börzel und Michael Zürn schrieben im vergangenen Jahr, die Gründung des Gerichts habe damals für eine neue Ära nach dem Ende des Kalten Krieges gestanden, in der sich Demokratisierung, internationale Organisationen und Menschenrechte ausbreiteten. Ob eine Einigung auf ein solches Gericht heute wieder möglich wäre, ist fraglich. (epd/mig) Aktuell Panorama

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