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Schlüssel (Symbolfoto) © Photo Mix @ pexels.com (CC0)

Unter einem Dach

Pfälzerin nimmt syrische Flüchtlingsfamilie in ihrem Haus auf

Dagmar Scheidt hat ihre Türen für Menschen in Not geöffnet. Seit mehr als einem Jahr beherbergt sie eine syrische Familie in ihrem Haus. Mit ihrer Unterstützung haben die Geflüchteten rasch Fuß in ihrer neuen Heimat gefasst. Sobald in Syrien Frieden ist, wollen sie aber wieder zurück.

Von Montag, 28.03.2022, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 27.03.2022, 20:39 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Vor fallenden Bomben muss sich Nisreen Al Nashi nicht mehr fürchten. „Am Anfang hatte sie große Angst, wenn auf dem Truppenübungsplatz Baumholder geschossen wurde“, erzählt Dagmar Scheidt, in deren Haus in Heinzenhausen im Landkreis Kusel die Syrerin mit ihrer fünfköpfigen Familie wohnt. Dort fühlt sich die 46-jährige frühere Grundschullehrerin Nisreen sicher, die vor dem Krieg in ihrer Heimat flüchtete und ihre Familie in Deutschland zusammenführte.

Die 61-jährige Dagmar Scheidt tat, was nur wenige Privatleute tun: Sie öffnete ihre Türen für eine syrische Flüchtlingsfamilie, stellte ihr Wohnraum zur Verfügung: Im Obergeschoss ihres Hauses hat die Familie Al Mafalani seit einem Jahr drei Zimmer mit Wohnzimmer, Küche und Bad bezogen. Die Kosten von rund 380 Euro trägt das Jobcenter, im April will die Familie in ein gemietetes Haus in der Nachbarschaft in dem 500-Einwohner-Ort umziehen.

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Dagmar Scheidt macht keine großen Worte darüber, dass sie viel Zeit investiert hat, um den syrischen Flüchtlingen dabei zu helfen, in Deutschland anzukommen. Nachdem ihr Sohn und die Tochter aus dem Haus auszogen, habe sie die Familie gerne aufgenommen, erzählt die ehrenamtliche Lektorin in ihrer Kirchengemeinde.

Als unbegleiteter Flüchtling gekommen

Man habe sich gegenseitig geholfen, noch spät abends Anträge für die Behörden ausgefüllt, gekocht, gelacht – und auch über Gott und die Welt gesprochen, sagt die Protestantin. „Ich habe Nisreen mit zu jedem Weltfrauentag in meiner Kirchengemeinde genommen. Auch über den islamischen Glauben haben wir uns ausgetauscht – wir sind wie zwei Schwestern.“ Nach zwei schweren Operationen kümmerte sich die Syrerin um ihre Hauswirtin.

Der Kontakt zur Familie kam über Nisreens Sohn Issa Al Mafalani zustande: Als unbegleiteter Flüchtling kämpfte sich der heute 22-Jährige im Jahr 2015 nach Deutschland durch. In Kappeln im Landkreis Kusel kam er schließlich in einer Flüchtlingseinrichtung unter und wurde von Dagmar Scheidt betreut, die dort arbeitete. Das Leid des traumatisierten jungen Mannes bewegte die Frau und sie nahm ihn in ihr Haus auf.

Ausbildung, Deutschkurs, Gymnasium

Über den Familiennachzug konnte Issas Mutter vor mehr als vier Jahren aus ihrer Heimatstadt Daraa zu ihrem Sohn reisen, vor einem Jahr fand sich die ganze Familie Al Mafalani in der Pfalz zusammen: Den Vater Hazem (50), einen Buchladen-Besitzer, hatte das Assad-Regime ins Gefängnis gesteckt, weil er nicht im Bürgerkrieg kämpfen wollte. Nachdem Hazem gegen eine Geldzahlung freikam, flüchtete er mit den Söhnen Ahmad (21) und Mohammad (11) sowie der Tochter Shemaa (16) nach Deutschland. Mit ihnen fand er ebenfalls bei Dagmar Scheidt ein Dach über dem Kopf.

Die Familie fasste schnell Fuß in ihrer neuen Heimat: Der älteste Sohn Issa macht in Mannheim eine Ausbildung zum medizinisch-radiologischen Assistenten. Seine Mutter Nisreen arbeitet als Integrationskraft am Bodelschwinghzentrum der Stiftung kreuznacher diakonie in Meisenheim, der Bruder Ahmad will nach seinem Deutschkurs ein Informatikstudium an der Universität Saarbrücken beginnen. Die Geschwister Mohammad und Shemaa besuchen das Gymnasium in Lauterecken.

„Wenn wieder Frieden ist, dann bleiben wir nicht hier“

Auch wenn die Zukunftsaussichten für die Al Mafalanis günstig sind, will Issa sofort zurück nach Syrien, wenn der Diktator Assad irgendwann weg sein sollte. „Wenn wieder Frieden ist, dann bleiben wir nicht hier“, sagt er.

Ihrer Gastgeberin, die 28 Jahre lang in einer Kindertagesstätte in Lauterecken als Hauswirtschafterin arbeitete, ist die syrische Familie sehr dankbar: „Wir wollen auf jeden Fall den Kontakt halten“, verspricht Issa. Dagmar Scheidt wird ihre sechs Syrer vermissen: „Wenn sich alle Menschen so gut vertragen würden wie wir, gäbe es keine Kriege mehr.“ (epd/mig) Leitartikel Panorama

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