Ukraine-Flüchtlinge

„Die Aufgabe wird größer sein als 2015“

Laut den Vereinten Nationen sind bislang drei Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet, davon mindestens 160.000 nach Deutschland. Brandenburgs Innenminister und der Städtetag fordern vom Bund mehr Koordination und weniger „Zufälligkeiten“.

Mittwoch, 16.03.2022, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 15.03.2022, 15:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Bundespolizei hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums bislang rund 160.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine registriert. Die Zahl ist nach Angaben des Ministeriums vom Dienstag allerdings lückenhaft, weil es an der deutsch-polnischen Grenze keine regulären Kontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass zunächst für 90 Tage frei in der EU bewegen können.

Sie müssen sich demzufolge erst registrieren, wenn sie staatliche Leistungen beantragen. Erst dann könne ihnen auch ein Wohnort zugewiesen werden, so das Bundesinnenministerium. Die Verteilung der Flüchtlinge durch den Staat geschehe momentan daher auf freiwilliger Basis.

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Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) forderte den Bund am Dienstag zu mehr Unterstützung bei der Aufnahme der Flüchtlinge auf. Die Aufnahme der Vertriebenen müsse professioneller koordiniert werden, sagte Stübgen dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“: „Wir brauchen im gesamten Bundesgebiet Anlaufzentren, in denen die Menschen ankommen und ein oder zwei Nächte bleiben können.“ Der Bund müsse die Zuströme zu diesen Zentren per Zug und Bus steuern und auch die Finanzierung gewährleisten.

„Das bringt unsere Kapazitäten an ihre Grenzen.“

Stübgen kritisierte, derzeit arbeiteten in der Bundesregierung zu viele aneinander vorbei: „Die Ergebnisse bleiben oft dem Zufall überlassen.“ In Brandenburg kämen jeden Tag rund 5.000 Menschen aus der Ukraine an und würden vorübergehend versorgt. Viele von ihnen reisten sofort weiter, einige müssten jedoch erst einmal wieder zu Kräften kommen. „Das sind mittlerweile rund 1.000 Personen jeden Tag, und die Tendenz ist ansteigend“, sagte Stübgen: „Das bringt unsere Kapazitäten an ihre Grenzen.“

Auch der Geschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, forderte eine gerechte bundesweite Verteilung der Kriegsflüchtlinge. Die Verteilung gehe momentan noch nach Zufälligkeiten, kritisierte Dedy im RBB-Inforadio.

„Die Aufgabe wird größer sein als 2015“

Landesweit sei eine Hilfsbereitschaft zu spüren, die es zu nutzen gelte. „Wir schaffen das, wenn wir das gemeinsam angehen“, so Dedy. „Die Aufgabe wird größer sein als 2015“, sagte er mit Blick auf den Flüchtlingsandrang vor rund sieben Jahren. „Das ist kein Fragezeichen mehr, das ist vollkommen klar.“

Der Migrationsexperte Gerald Knaus plädierte am Dienstag in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ für eine Verteilung der ukrainischen Flüchtlinge in ganz Europa. Es müsse sofort eine Liste geben, wie viele Menschen wo aufgenommen werden können, sagte der Vorsitzende des Thinktanks Europäische Stabilitätsinitiative (ESI) in Berlin. Dann könnten Reiseunternehmen, Fluglinien oder das Militär die Aufgabe des Transports übernehmen.

Knaus: Größte Flüchtlingskatastrophe seit 1945

Knaus sieht die Welt durch den Ukraine-Krieg vor der größten Flüchtlingskatastrophe seit 1945. Grund dafür sei die brutale Art der Kriegsführung, die die Armee des russischen Präsidenten Wladimir Putin auch bereits in Tschetschenien, Syrien und in der Ostukraine betrieben habe.

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar drei Millionen Menschen geflüchtet. Es handele sich um die am schnellsten eskalierende Vertriebenenkrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte der Sprecher der Internationalen Organisation für Migration, Paul Dillon, in Genf. (epd/mig) Aktuell Politik

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