
Historiker
Länder gehen verschieden mit Kolonialdenkmalen um
In Italien, Spanien, Portugal oder in Deutschland stehen bis heute Denkmäler, die an die Kolonialzeit erinnern. Der Umgang mit ihnen ist unterschiedlich. Der Historiker Fechner sieht in ihnen eine pädagogische Chance.
Von Phillipp Saure Mittwoch, 02.02.2022, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.02.2022, 13:53 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Historiker Fabian Fechner sieht in Europa unterschiedliche Arten des Umgangs mit Denkmälern, die an die Kolonialzeit erinnern. Teils würden Denkmäler unverändert stehenbleiben, teils würden sie etwa durch nebenstehende Tafeln kommentiert, sagte der Forscher von der Fernuniversität Hagen dem „Evangelischen Pressedienst“. Zudem gebe es die Möglichkeiten des „Gegendenkmals“, der „Musealisierung“ und den „Denkmalsturz“.
In Deutschland stünden nur wenige Denkmäler, die an die Kolonialzeit erinnerten, sagt Fechner, der auf „Geschichte Europas in der Welt“ spezialisiert ist. Sie bezögen sich meist auf Gefallene in den Kolonien, etwa im heutigen Namibia, oder beim sogenannten Boxeraufstand um 1900 in China. Ein Beispiel sei das Kolonialkriegerdenkmal am Düsseldorfer Frankenplatz, neben dem eine kommentierende Tafel angebracht ist. „In Deutschland ist das durch eine Nebentafel kommentierte Denkmal der Normalfall.“
In Italien, Spanien oder Portugal sind seiner Beobachtung nach häufiger unkommentiert überlieferte Denkmäler zu finden, etwa das „Denkmal der Entdeckungen“ in Lissabon-Belém. „Es feiert die Errungenschaften, die in der Welt durch portugiesische Kolonialtätigkeiten erlangt wurden.“ Auch in Großbritannien geschehe in Bezug auf prokoloniale Denkmäler „so gut wie nichts“. Fechner weist auf das Denkmal für den Gatten von Königin Victoria vor der Londoner Royal Albert Hall mit Indigenen und exotischen Tieren hin, auf dem vier Erdteile der britischen Monarchie huldigten.
Pädagogische Möglichkeit verschenkt
Fechner sprach sich dagegen aus, Denkmäler einfach zu entfernen oder zu zerstören. „Dann hat man die pädagogischen Möglichkeiten, die auch Kolonialdenkmäler bergen, verschenkt.“ Im Extremfall könne man sie abbauen und in einem Museum neu aufstellen und dort kommentieren.
Gut findet Fechner „Gegendenkmäler, die auch ästhetisch etwas Neues wagen“. Solche seien in den Niederlanden und Belgien aufgekommen. In Belgien zähle dazu die Figurengruppe von Tom Frantzen beim Afrikamuseum in Tervuren bei Brüssel. „Die einzelnen Formen sind traditionell“, darunter afrikanische Speerträger, ein Elefantenkopf und die Büste des belgischen Königs Leopold II. „Aber es ist auf eine ganz spannende Art montiert, dass zum Beispiel die drei Afrikaner über der Büste des Königs stehen und ganz kuriose Elemente wie Flamingos dabei sind.“ Insgesamt handele es sich damit um „eine Karikatur monarchistischer Denkmäler“. (epd/mig)
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