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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

60 Jahre Abkommen

Steinmeier: Gastarbeiter verdienen Platz im Schulbuch

Bundespräsident Steinmeier fordert einen angemessenen Platz in der Erinnerungskultur für „Gastarbeiter“ aus der Türkei. Anlässlich des 60. Jahrestages des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens kritisierte er die Benachteiligung dieser Menschen.

Mittwoch, 06.10.2021, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 05.10.2021, 16:00 Uhr Lesedauer: 1 Minuten  |  

Zum 60. Jahrestag des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mehr Anerkennung für die ehemals als „Gastarbeiter“ nach Deutschland gekommenen Menschen aus der Türkei gefordert. Sie verdienten „einen angemessenen Raum in unseren Schulbüchern und in unserer Erinnerungskultur“, sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Dienstagabend bei einem Festakt der Türkischen Gemeinde in Berlin. Eine Randnotiz werde ihrem Beitrag für das Land nicht gerecht, ergänzte das Staatsoberhaupt.

Am 30. Oktober 1961 vereinbarten Deutschland und die Türkei die Entsendung von Arbeitskräften aus der Türkei, die in der Bundesrepublik benötigt wurden. Das Anwerbeabkommen „war kein Akt der Nächstenliebe oder Zeichen fortschrittlicher Zuwanderungspolitik“, sagte Steinmeier in seiner Rede. Die Realität, in der die Menschen angekommen seien, „folgte eher einer Logik des messbaren Nutzwerts als der großer Visionen“, sagte er.

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Der Bundespräsident erinnerte an den Irrtum auf beiden Seiten, dass der Aufenthalt für jeden und jede nur von kurzer Dauer sein sollte. Es habe Menschen gegeben, die für zwei bis drei Jahre bleiben und Geld sparen wollten und dann doch länger geblieben seien. „Immer kam das Leben dazwischen. Schließlich sind die ganz in Deutschland geblieben“, sagte das Staatsoberhaupt.

Steinmeier kritisiert Benachteiligung

Viel zu spät sei die deutsche Gesellschaft bereit gewesen, die Perspektive auf die Gastarbeiter zu verändern, sagte Steinmeier. Er kritisierte die Benachteiligung von Menschen mit türkischer Zuwanderungsgeschichte in der Arbeitswelt oder bei der Wohnungssuche.

Die Kinder und Enkel der Gastarbeiter seien Künstlerinnen, Unternehmer, Impfstoffentwickler, Staatssekretärinnen oder Minister geworden. Sie seien häufig deutsche Staatsbürger. „Sie sind eben nicht ,Menschen mit Migrationshintergrund’„, sagte Steinmeier. Vielmehr sei Deutschland „ein Land mit Migrationshintergrund“ geworden. (epd/mig) Aktuell Panorama

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  1. Levent Öztürk sagt:

    Platz im Schulbuch ist gut, die meisten Ex-DDR-Bürger sowie auch all die jungen Leute wissen nichts über die Gastarbeiten und ihre Aufbauleistungen in den 60er-80er Jahren in und für Deutschland. Aber eine juristische Aufarbeitung der vertuschten NSU-Serienmorde, wo Beweise geschreddert bzw. per Proklamation zu Staatsgeimnissen für 120 Jahre weggespert wurden, sowie die Aufklärung weiterer vieler rechtsextremistischer bisher nicht „aufklärbaren“ Straftaten wäre auch gut. Das wäre ein ehrliches deutliches Zeichen der Anerkennung und vor allem, dass das andere Länder wie die Türkei bei jeder Gelegenheit bezüglich Rechtstaatlichkeit belehrende Deutschland selber auch ein Rechtstaat ist. Angela Merkel hat bei der NSU-Trauerfeier in Berlin den Angehörigen die Aufklärung der NSU-Serienmorde sowie die Überprüfung und Aufrollung weiterer ungeklärter rechtsextremistischer Straftaten versprochen. Frau Merkel geht in den Ruhestand und nimmt ihr nicht eingelöstes Versprechen mit. Höchstwahrscheinlich wird weder das Thema „Gastarbeiter“ in die Schulbücher gelangen, noch werden die NSU-Serienmorde aufgeklärt werden und es bei den schönen Worten von Herrn Steinmeier und Frau Merkel bleiben.