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Trauer in Würzburg nach dem Messerangriff mit mehreren Toten und Verletzten

OB warnt vor Generalverdacht

Trauer und viele Fragen nach Messerattacke von Würzburg

Die Bluttat von Würzburg ist kaum zu erklären. Die Ermittlungen dauern an. Bundespräsident Steinmeier vertraut dem Rechtsstaat, Regierungssprecher Seibert verweist auf die Ermittlungen. Würzburgs OB warnt vor Schubladendenken, Muslime vor Stimmungsmache.

Montag, 28.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 27.06.2021, 15:05 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Trauer, Appelle zum Zusammenhalt und noch viele offene Fragen: Nach der Messerattacke von Würzburg, bei der drei Frauen ums Leben gekommen sind, sitzt der Täter in Untersuchungshaft. Was den 24 Jahre alten Somalier zu den Morden antrieb, blieb am Wochenende indes weitgehend unklar. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach von einer „entsetzlichen Gewalttat“. Der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) warnte angesichts der Herkunft des Täters vor Pauschalurteilen.

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das Geschehen „unfassbar und schockierend“. Er ordnete am Samstag für den Freistaat eine dreitägige Trauerbeflaggung an. Für Sonntagnachmittag war im Kiliansdom eine ökumenische Trauerfeier geplant, zu der auch Söder erwartet wurde. Wie der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Samstag in Würzburg vor Journalisten sagte, sehen die Ermittler den Mann als Einzeltäter. Noch sei nicht bekannt, welche Bedeutung die Psyche des Mannes hatte und ob es ein islamistisches Motiv gab.

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Die Tatwaffe hatte er am Freitagnachmittag in einem Kaufhaus an sich genommen und dort nach einem Streit zunächst eine Verkäuferin sowie zwei weitere Frauen erstochen. Im Anschluss attackierte er weitere Menschen in der Innenstadt. Drei Frauen, ein elf Jahre altes Mädchen und ein 16 Jahre alter Jugendlicher wurden schwer, eine weitere Frau und ein Mann leicht verletzt. Gegen den Festgenommenen wurde am Samstag Haftbefehl unter anderem wegen dreifachen Mordes erlassen. Laut Zeugenaussagen soll er während der Tat „Allahu Akbar“ („Gott ist am größten“) gerufen haben.

Seibert: „Gegen jede Religion“

Der Mann sei in der jüngsten Vergangenheit bereits wegen eines Angriffs auf Mitbewohner aufgefallen und vorübergehend in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden, sagte der Bamberger Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler. Der Somalier lebe seit 2015 in Deutschland, genieße subsidiären Schutz im Rahmen eines Asylverfahrens und halte sich somit legal im Land auf.

Bundespräsident Steinmeier sagte am Samstag in Berlin, der Täter habe äußerst brutal gehandelt. Dafür werde er durch den Rechtsstaat zur Verantwortung gezogen. „Ich bin in Gedanken bei denen, die ihre Nächsten verloren haben“, sagte er. Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, schrieb bei Twitter, die Ermittlungen würden ergeben, was den Täter antrieb. „Sicher ist: Seine entsetzliche Tat richtet sich gegen jede Menschlichkeit und jede Religion“, fügt er hinzu.

AfD-Politiker leiten aus der Tat politische Forderungen ab. In den sozialen Netzwerken werden wahlweise „Merkels Grenzöffnung“ verantwortlich gemacht oder Forderungen formuliert für eine restriktivere Einwanderungspolitik. Medienberichten zufolge wurde der Angreifer von einem Mann in Schach gehalten, der vor 17 Monaten aus dem Iran nach Deutschland gekommen ist.

OB warnt vor Generalverdacht

Der Islamverband Ditib warnte davor, nach der Messerattacke Stimmung gegen Muslime zu machen. „Die religiöse Konnotation einer derart grauenvollen Tat lehnen wir ab“, erklärte die Türkische-Islamische Union (Ditib) am Samstagabend in Köln: „Gerade jetzt gilt es, als friedvoll-vielfältige Gesellschaft noch enger zusammenzustehen und Solidarität sowie Eintracht zu demonstrieren.“ Der Schock über die Gewalttat treffe alle gleichermaßen, betonte der größte Moschee-Dachverband in Deutschland, der eng mit der türkischen Religionsbehörde verbunden ist.

Oberbürgermeister Schuchardt warnte in einem offenen Brief davor, die ausländische Bevölkerung nach der Messerattacke nun unter Generalverdacht zu stellen. Die Verbrechen Einzelner seien niemals auf Bevölkerungsgruppen, Religionen oder Staatsangehörigkeiten zurückzuführen. „Auch wir Deutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nicht pauschal verurteilt. Genauso wenig gilt dies jetzt für Somalier oder generell Geflüchtete. Dieses Schubladendenken muss ein Ende haben“, forderte der CDU-Politiker. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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