Mitte-Studie

Demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland

Alle zwei Jahre gibt die sogenannte Mitte-Studie einen Überblick über rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland. Die neueste Ausgabe zeigt, dass vor allem die Haltungen zur Demokratie fragiler werden.

Mittwoch, 23.06.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.06.2021, 16:47 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

In Deutschland sind laut einer Studie offen artikulierte rechtsextreme Einstellungen rückläufig. Allerdings gibt es eine Zunahme demokratiegefährdender Einstellungen, wie aus der „Mitte-Studie 2020/2021 – Die geforderte Mitte“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und der Universität Bielefeld hervorgeht, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Demnach liegt etwa der Anteil der Befragten, die den Nationalsozialismus verharmlosen, aktuell bei 1,4 Prozent gegenüber 2,5 Prozent in der Studie 2018/2019.

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Auch bei antisemitischen Einstellungen sei ein Rückgang beobachtet worden, von 2,4 Prozent der Befragten mit solchen Ansichten vor zwei Jahren auf aktuell 1,7 Prozent. Zugenommen hätten jedoch fremdenfeindliche Positionen von 3,3 Prozent auf aktuell 4,5 Prozent, betonten die Mit-Autoren der Studie, der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick und die Konfliktforscherin Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein.

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Auffällig sei zudem ein Anstieg des Sozialdarwinismus, also der biologischen Vorstellung von der Ungleichwertigkeit der Menschen. Die Forscher beobachteten hier einen Anstieg von 2,4 Prozent auf nun 2,9 Prozent. Erstmals seien rassistische Einstellungen gegenüber schwarzen Menschen ausführlicher gemessen worden, erläuterte Zick. Hier hätten in der Erhebung rund zehn Prozent der Befragten harten rassistischen Aussagen zugestimmt.

Offener Rechtsextremismus im Osten und Westen

Unterschiede gibt es weiter zwischen ost- und westdeutschen Bundesländern: Offener Rechtsextremismus ist unter Ostdeutschen dabei nicht stärker verbreitet als unter Westdeutschen, wie es hieß. Unter Ostdeutschen fänden sich aber eher Meinungen im Graubereich zwischen klarer Ablehnung und klarer Zustimmung sowie eine höhere Abwertung von als „fremd“ markierten sozialen Gruppen. Auch die Billigung von Gewalt im politischem Raum sei in Ostdeutschland verbreiteter.

Insgesamt stehen laut der neuen „Mitte-Studie“ für 88 Prozent der Befragten Würde und Gleichheit aller in einer Demokratie an erster Stelle. Nur 45 Prozent sehen jedoch die Möglichkeit, sich politisch zu beteiligen. Mehr als jeder Fünfte zweifelt daran, dass Demokratie zu sachgerechten Entscheidungen führt. Knapp 20 Prozent sind der Meinung, es werde zu viel Rücksicht auf Minderheiten benommen. Rund 16 Prozent sind der Ansicht, „die regierenden Parteien betrügen das Volk“. Auch die Zustimmung zu Verschwörungsmythen und völkisch-autoritär-rebellischen Einstellungen sowie die Abwertung diverser sozialer Minderheiten wurden abgefragt.

Mitte soll sich positionieren

Die gesellschaftliche Mitte sei aktuell in mehrfacher Hinsicht gefordert, klar Position zu beziehen, erklärte die FES: „Die Erschöpfung – nicht nur durch die Corona-Pandemie, sondern auch durch die Dauerbefeuerung durch den Populismus und Verschwörungserzählungen – ebenso wie eine mögliche neue Sachlichkeit und Solidarität in Zeiten von Corona bieten die Chance für eine demokratische Erneuerung.“

Für die repräsentative, rund 400 Seiten umfassende „Mitte-Studie 2020/21“ wurden bundesweit 1.750 Menschen im Dezember 2020 und Januar 2021 telefonisch befragt. Die Studie untersucht seit 2014 alle zwei Jahre rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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