Corona-Krise

Migranten gehören zu den Hauptverlierern

Kurzarbeit, Sprachprobleme beim Behördenkontakt und wenig Unterstützung: Migranten leiden Experten zufolge besonders unter den Einschränkungen, die Covid-19 für die Gesellschaft bedeutet.

Von Dienstag, 20.04.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 19.04.2021, 13:15 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Über ein Jahr musste Fahim Atif auf die Erneuerung seines Aufenthaltstitels warten. Über ein Jahr, in dem der 33-jährige Flüchtling aus Afghanistan und seine Frau deshalb kein Kindergeld für die zwei Kinder bekamen und er keine Arbeit aufnehmen konnte. Die Bearbeitungszeiten beim zuständigen Landratsamt Starnberg hatten sich durch die Einschränkungen in der Corona-Pandemie deutlich verlängert, bestätigt Iana Fröse, Migrationsberaterin bei der Arbeiterwohlfahrt in Starnberg, die Atif unterstützt.

Die Kommunikation mit Ämtern und Behörden ist für Menschen, die noch nicht lange in Deutschland leben und nicht gut Deutsch sprechen, ohnehin kompliziert. Fällt dann das persönliche Gespräch weg und müssen Anträge online ausgefüllt werden, oft ohne Computer, Drucker oder Scanner zur Hand zu haben, erschwert das die Lage zusätzlich.

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Werden Formulare nicht richtig oder unvollständig ausgefüllt, hat das Konsequenzen: Werde beispielsweise ein Antrag auf Arbeitslosengeld II abgelehnt, könnten manche Menschen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen und verlören im schlimmsten Fall ihre Wohnung, berichtet Nedialko Kalinov, Migrationsberater bei der Caritas in München. „Seit Beginn der Corona-Pandemie ist der Beratungsbedarf enorm gestiegen“, erklärt Kalinov, der bei der Caritas EU-Migranten und anerkannte Flüchtlinge unterstützt.

Viele haben Arbeit verloren

Viele, die zu ihm kommen, haben in der Corona-Krise ihre Arbeit verloren. Häufig haben sie in der Gastronomie, in Hotels oder als Reinigungskraft gearbeitet, oft in prekären Arbeitsverhältnissen. Wer in Kurzarbeit ist, für den reicht das Geld kaum zum Leben, zudem fällt das Trinkgeld weg. Auch unter den besonders betroffenen Solo-Selbstständigen wie Taxifahrern, Sprachlehrern oder Menschen, die im Event- oder Messebereich gearbeitet haben, sind viele Migranten.

Für Menschen mit ausländischem Pass ist es ein Problem, wenn Jobs für Geringqualifizierte wegfallen oder sie ihren Kindern wegen mangelnder Deutschkenntnisse beim Homeschooling nicht ausreichend helfen können. „Es ist jetzt wichtig, die Zeit möglichst gut zu nutzen, um Geringqualifizierte Stück für Stück in eine Ausbildung oder wertigere Arbeit zu bekommen und sie auch sprachlich zu fördern“, sagt Anette Farrenkopf, Geschäftsführerin des Jobcenters München.

Eine gute Nachricht

Die Sozialschutzpakete der Bundesregierung, die unter anderem erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und eine Einmalzahlung beinhalten, seien eine gute Sache, sagt Farrenkopf. Julia Sterzer, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege München, fordert darüber hinaus eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze und des Mindestlohns sowie mehr Beratungskapazitäten im Bereich der Migrationsarbeit.

Wieder mehr Präsenztermine beim Jobcenter wünscht sich Nedialko Kalinov für seine Klienten. Fahim Atif hat in der vergangenen Woche immerhin eine gute Nachricht bekommen: Nachdem sein Aufenthaltstitel endlich erneuert wurde, bekommt er nun rückwirkend auch das Kindergeld für das Jahr 2020 ausgezahlt. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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