Studie
Lehrpläne bilden Vielfalt in Deutschland nicht ab
Lehrpläne spiegeln die gesellschaftliche Vielfalt in Deutschland nicht wider. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie. Im Gegenteil: Migration und Integration werden oft als Probleme dargestellt. Experten fordern Einbindung von Migranten bei der Erstellung von Lehrplänen.
Mittwoch, 24.03.2021, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 23.03.2021, 17:57 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Themen Migration und Integration haben in den Lehrplänen deutscher Schulen Eingang gefunden, spiegeln allerdings die Realität der deutschen Einwanderungsgesellschaft nicht angemessen wider. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Mercator Forum Migration und Demokratie, die im Auftrag der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz, verfasst wurde.
Danach finden zentrale Etappen der jüngeren deutschen Migrationsgeschichte wie etwa die Gastarbeiteranwerbung in Schulbüchern nur selten Erwähnung. Dagegen werden Migrationsphänomene oft mit krisenhaften Entwicklungen wie Flucht und Vertreibung verknüpft. „Damit steht die Darstellung der Migration und Integration in den Lehrplänen nicht im Zeichen gesellschaftlicher Normalität. Auch migrationsbedingte Vielfalt und Fragen nach Identität und Zugehörigkeit werden nur selten thematisiert“, kritisieren die Experten.
Am Beispiel des sächsischen Lehrplans konstatieren die Verfasser der Studie „ein konfliktbasiertes Verständnis von Kulturbegegnung“. In dem Lehrplan heißt es unter anderem: „Die Schüler erkennen, dass die römische Antike auf unsere Kultur nachwirkt, dass das Christentum für die europäische Kultur prägend ist, dass die Begegnung von Kulturen zu Konflikten führt und die eigene kulturelle Entwicklung beeinflusst, dass Konflikte zwischen Kulturen noch heute aktuell sind.“
Wiedmann-Mauz: Vielfalt mit Konflikten verbunden
Dieser Lehrplan geht den Studienautoren zufolge davon aus, „dass die Begegnung von Kulturen nahezu zwangsläufig zu Konflikten führt“. Offenbar herrsche hier „ein Verständnis geschlossener homogener Kulturen“ vor.
Dieser Kritik ungeachtet fordert Integrationsstaatsministerin Widmann-Mauz feste Aus- und Fortbildungen für Lehrkräfte, damit ihnen beim „Umgang mit Vielfalt und auch damit verbundene Konflikte“ der Rücken gestärkt wird. Nötig seien zudem Strukturen, die Schulen und Lehrkräfte gezielt bei Herausforderungen unterstützen.
Experten fordern mehr Einbindung von Migranten
Aufgrund der Ergebnisse der Studie empfehlen die Studienautoren, Migration, Vielfalt und Integration in den Lehrplänen explizit und auf der Ebene der prüfungsrelevanten Sachinhalte zu verankern. Zudem sollte eine Einbindung von Lehrkräften mit Migrationsgeschichte und migrationspädagogischen Fachdidaktikern in den Prozess der Überarbeitung von Lehrplänen sichergestellt werden.
In Deutschland hat ein Viertel der Menschen eine Einwanderungsgeschichte. „Diese Vielfalt gehört schon längst zum selbstverständlichen Alltag in den Schulen und Klassenzimmern“, so Wiedman-Mauz. (mig) Leitartikel Panorama
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