
Presserat
„taz“-Polizeikolumne von Meinungsfreiheit gedeckt
Die umstrittene „taz“-Kolumne über die Polizei ist laut Presserat von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Texte greife gesellschaftliche Debatte über strukturelle Rechtsradikalismus- und Rassismus-Probleme bei der Polizei auf. Die Gewerkschaft der Polizei sieht das anders.
Mittwoch, 09.09.2020, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.09.2020, 17:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Der Deutsche Presserat hat Beschwerden gegen die umstrittene Kolumne „Abschaffung der Polizei: All cops are berufsunfähig“ in der „tageszeitung“ (taz) als unbegründet zurückgewiesen. Das Gedankenspiel der Autorin, der als geeigneter Ort für Ex-Polizisten nur die Mülldeponie einfällt, sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, teilte der Presserat am Dienstag in Berlin mit. „Die Polizei als Teil der Exekutive muss sich gefallen lassen, von der Presse scharf kritisiert zu werden“, erklärte der Beschwerdeausschuss zur Begründung.
Die Gewerkschaft der Polizei reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung des Presserates. Mit dem Artikel „wurde das Empfinden einer ganzen Berufsgruppe zutiefst verletzt, auch wenn wir die Pressefreiheit in unserem Land als ein hohes Gut betrachten“, erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Jörg Radek in Hamburg.
Gewerkschaft der Polizei: „böswillige Diskriminierung“
In der Kolumne vom 15. Juni hatte die Autorin Hengameh Yaghoobifarah Überlegungen angestellt, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde. Sie kam zu dem Schluss, dass es nur „eine geeignete Option“ gebe, „die Mülldeponie“. Das sorgte für Empörung und auch für eine Diskussion innerhalb der Redaktion der „taz“.
Unter anderem hatte die Gewerkschaft der Polizei als größte Interessenvertretung der Polizeibeschäftigten in Deutschland Beschwerde beim Presserat eingelegt. Aus Sicht der Gewerkschaft sind in dem Artikel die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten worden. Es handele sich um eine „böswillige Diskriminierung der Polizei“.
Gewalt und Rassismus bei der Polizei
Der Presserat argumentierte hingegen, dass sich die Satire im Kern auf die gesellschaftliche Debatte über strukturelle Probleme bei der Polizei wie Rechtsradikalismus, Gewalt und Rassismus beziehe. „Die Mitglieder kamen mit überwiegender Mehrheit zu dem Schluss, dass der Text nicht gegen die Menschenwürde von Polizistinnen und Polizisten nach Ziffer 1 des Pressekodex verstößt, da sich die Kritik auf eine ganze Berufsgruppe und nicht auf Einzelpersonen bezieht“, begründete der Presserat sein Urteil. Die Polizei sei zudem eine gesellschaftlich anerkannte Berufsgruppe, die nicht unter den Diskriminierungsschutz nach Ziffer 12 des Pressekodex fällt, anders als etwa Angehörige von religiösen oder ethnischen Minderheiten.
Die Wortwahl „Mülldeponie“ als Ort für die Polizei berühre Geschmacksfragen, die aber keine Grundlage für die ethische Bewertung seien, hieß es. Die Interpretation einiger Beschwerdeführer, Polizisten würden mit Müll gleichgesetzt, aus Sicht des Gremiums nicht zwingend.
Staatsanwaltschaft: Kolumne keine Straftat
Gegen die „taz“ waren aufgrund des Artikels insgesamt 382 Beschwerden beim Presserat eingegangen. Der Deutsche Presserat ist das freiwillige Selbstkontrollorgan der Presse. Der Pressekodex enthält Regeln für die tägliche Arbeit von Journalisten.
Am Montag hatte der „Tagesspiegel“ berichtet, dass die Berliner Staatsanwaltschaft in der Veröffentlichung der Kolumne keine Straftat sehe. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte der Kolumnistin mit einer Strafanzeige gedroht, auf diese dann aber verzichtet. (epd/mig) Aktuell Panorama
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