Hilfe für Libanon
UN rechnet mit dramatischen Einschnitten bei Lebensmittelversorgung
Eine Explosion am Hafen von Beirut hat dramatische Konsequenzen: Mindestens 100 Tote, etliche zerstörte Gebäude in der libanesischen Hauptstadt, deren Bewohner jetzt obdachlos sind. Auch die Lebensmittel werden knapp.
Donnerstag, 06.08.2020, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 05.08.2020, 21:30 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Nach der verheerenden Explosion am Hafen von Beirut hat die internationale Gemeinschaft dem Libanon rasche Hilfe zugesichert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Mittwoch in einem Kondolenztelegramm an Ministerpräsident Hassan Diab: „In dieser schweren Zeit können Sie auf die Hilfe und Unterstützung der Bundesregierung zählen.“ Noch am Abend sollte sich ein auf die Bergung verschütteter Menschen spezialisiertes Team des Technischen Hilfswerks auf den Weg in das arabische Land machen.
Am Dienstag war es auf dem Hafengelände zu der Detonation gekommen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur NNA vom Mittwochnachmittag kamen mindestens 100 Menschen ums Leben, rund 4.000 wurden verletzt. Die libanesische Zeitung „An-Nahar“ berichtete, dass 2.700 Tonnen Ammoniumnitrat, die im Hafen gelagert waren, der Grund für die Detonation war. Laut Regierung lagerte das gefährliche Material dort seit 2014. Regierungschef Diab versprach in einer Rede an die Nation, dass die Verantwortlichen für die Katastrophe „bezahlen“ werden.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) rechnet nun mit weiteren Einschnitten bei der Lebensmittelversorgung. Die Sprecherin des Büros in Berlin, Bettina Lüscher, sagte auf Anfrage, dass sich die schon zuvor düstere Wirtschafts- und Ernährungssituation voraussichtlich „erheblich verschärfen“ werde. Ihren Angaben nach lag die Zahl der Menschen, die im April im Libanon Hilfen des Programms erhalten hatten bei fast 800.000. Wegen der Corona-Pandemie und der Wirtschaftskrise seien weitere 250.000 Menschen hinzugekommen.
Weniger Nahrungsmittel und höhere Preise seit Corona
Der Libanon ist stark von Importen abhängig und muss 80 bis 85 Prozent seiner Lebensmittel einführen. Seit Beginn der Corona-Pandemie seien diese Einfuhren aber zurückgegangen, hob Lüscher hervor – von Oktober 2019 bis April 2020 um fast 13 Prozent. Die Folge seien weniger Nahrungsmittel und höhere Preise: Der Grundpreis für Nahrungsmittel habe sich in sechs Monaten mehr als verdoppelt.
Laut Auswärtigem Amt gab es ein libanesisches Ersuchen, deutsche Spezialisten zu schicken, die nach verschütteten Menschen suchen. Das Technische Hilfswerk stelle ein 47-köpfiges Team der Schnell-Einsatz-Einheit Bergen Ausland bereit, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Der Staatssekretär im Entwicklungsministerium, Martin Jäger, erklärte, geprüft werde auch, wie das „laufende Engagement etwa in den Bereichen Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung gesichert und möglichst verstärkt werden kann“. Deutschland leistet bereits Corona-Soforthilfe im Libanon. So fließen etwa Mittel in Kurzarbeitergeld für syrische Flüchtlinge und bedürftige Libanesen. Kleine und mittlere Betriebe werden beim Kauf von Saatgut unterstützt und Gehälter für Gesundheitspersonal mitbezahlt, die palästinensische Flüchtlinge versorgen.
Krankenhäuser hoffnungslos überlastet
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) stimmt sich nach eigenen Angaben derzeit mit dem Auswärtigen Amt und dem Libanesischen Roten Kreuz zu den Hilfsmaßnahmen ab. Viele Krankenhäuser seien hoffnungslos überlastet.
Die Explosion hat in Beirut auch Gebäude zerstört, die kilometerweit vom Hafen entfernt waren. Laut Auswärtigem Amt wurden sowohl die deutsche Botschaft beschädigt als auch das Goethe-Institut. Botschaftsmitarbeiter seien unter den Verletzten, hieß es. Die UN-Mission Unifil teilte mit, dass eines ihrer Schiffe beschädigt und Blauhelmsoldaten verletzt wurden, einige schwer. Massive Schäden gab es ferner an der Kirche und den Gemeinderäumen der Nationalen Evangelischen Kirche von Beirut (NECB) sowie dem Gebäude der Theologischen Hochschule (NEST), wie die „Evangelische Mission in Solidarität“ (EMS) in Stuttgart mitteilte. (epd/mig) Aktuell Ausland
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