Ausländische Studierende

Gestrandet in der Heimat, von Deutschland im Stich gelassen

Engy Ashraf, 23, ägyptische Psychologie-Studentin an der Uni Düsseldorf, besuchte in den Semesterferien ihre Familien in der Heimat. Dann wurden die Grenzen dicht gemacht - Corona-Pandemie. Plötzlich konnte Engy Ashraf nicht mehr zurück nach Deutschland. Ihr anschließender Spießrutenlauf mit deutschen Behörden ist exemplarisch und ein Problem für viele ausländische Studierende.

Von Freitag, 10.07.2020, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Freitag, 10.07.2020, 17:59 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Sandra Wolf: Sie sind in den Semesterferien, Anfang Februar, nach Ägypten zu Ihrer Familie geflogen. Dann wurde Covid-19 zur Pandemie erklärt und die Grenzen dicht gemacht. Als Ihnen klar wurde, dass Sie in Ägypten festsitzen, was ist Ihnen da durch den Kopf gegangen?

Engy Ashraf: Ich war verunsichert und nervös, da ich wusste, dass ich ein Problem wegen meines deutschen Aufenthaltstitels haben würde, welcher am 20. April ablaufen würde. Ich wusste nicht, wann ich wieder nach Deutschland reisen kann. Was würde aus meinem Studium werden? Keiner wusste Mitte März, als die Grenzen weltweit geschlossen wurden, wie lange dieser Zustand anhalten würde.

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Haben Sie Informationen zu der Situation und Ihrem Status von den deutschen Behörden erhalten?

Engy Ashraf: Mir wurden diesbezüglich keine Informationen mitgeteilt. Ich musste selber recherchieren. Auf den Seiten der Ausländerbehörde Düsseldorf stand Ende März unter „Aktuelles“, dass laut einer neuen Verordnung alle Aufenthaltstitel, die zwischen Mitte März und Mitte April ablaufen, ihre Gültigkeit bis zur Entscheidung beim nächsten Verlängerungstermin behalten und automatisch bis zum August verlängert würden.

Leider lief meine Aufenthaltserlaubnis am 20. April aus und so gehörte ich wegen ein paar Tagen nicht zu dieser Gruppe. Ich hatte bereits einen Termin mit der Ausländerbehörde Düsseldorf Ende März. Das hätte normalerweise ausgereicht für die Wiedereinreise, wären die Grenzen nicht geschlossen worden. Durch Corona wurde dieser Termin jedoch abgesagt und mir ein neuer Termin für den 24. Februar 2021 gegeben.

Sie sind dann selbst aktiv geworden.

„Die Aussagen widersprachen sich und keiner konnte mir lange eine finale Antwort geben und selbst nachdem sich eine Lösung gefunden hatte, widersprachen sich Personen derselben Behörde.“

Engy Ashraf: Ja, ich musste. Ich habe die Ausländerbehörde in Düsseldorf kontaktiert, um in Erfahrung zu bringen, ob ich auch ohne gültige Aufenthaltserlaubnis und dem späten Termin mit der Ausländerbehörde nach Deutschland zurückreisen könnte. Dann fing eine lange Odyssee von Anrufen und E-Mails an.

Wie lange hat es letztendlich gedauert bis Sie eine zuverlässige Auskunft erhalten haben?

Engy Ashraf: Über zwei Monate und etliche, teils kostspielige Telefonate und E-Mails.

Wie empfanden Sie die Kommunikation mit den deutschen Behörden und der Botschaft?

Engy Ashraf: Als sehr schwierig und mühsam. Die Aussagen widersprachen sich und keiner konnte mir lange eine finale Antwort geben und selbst nachdem sich eine Lösung gefunden hatte, widersprachen sich Personen derselben Behörde.

Die Botschaft habe ich lange Zeit weder durch E-Mails noch telefonisch erreicht, dann als mir endlich jemand antwortete, wurde mir mitgeteilt, dass sie nicht wüssten, was in dieser Situation zu tun sei.

„Mein Fall ist aber der Beweis, dass dies nicht stimmt. Es gibt keine einheitliche Aussage. Das ist unmöglich und eine Zumutung für die Betroffenen.“

Die Ausländerbehörde in Düsseldorf ist nach mehrmaligen Anrufen ans Telefon gegangen, machten dann aber verschiedene Aussagen. Erst hieß es, mit einer sogenannten „Fiktionsbescheinigung“, könnte ich nach Deutschland wieder einreisen. Nach erneuter Nachfrage, ob das wirklich ausreichen würde, bekam ich dann per E-Mail die Antwort, dass so eine Bescheinigung nur für Ausländer, die bereits in Deutschland sind, erstellt werden kann. Dann hieß es, dass ich gar ein ganz neues Visum für Deutschland beantragen müsste und dafür sei die deutsche Botschaft in Kairo zuständig. Die Visastelle war jedoch wegen Corona geschlossen. Als ich die Botschaft trotzdem erreicht habe, meinten sie, dass mein Fall nicht in ihren Arbeitsbereich fallen würde. Als ich der Ausländerbehörde diese Aussage der Botschaft mitteilte, haben sie daraufhin gesagt, dass aufgrund einer neuen Verordnung „Fiktionsbescheinigungen“ doch ans Ausland geschickt werden dürften. Ende Mai habe ich diese Gott sei Dank in Kairo bei der deutschen Botschaft abholen können.

Haben Sie die Universität kontaktiert?

Engy Ashraf: Ja, die Uni hat eine Videokonferenz mit einem Repräsentanten der Ausländerbehörde gehalten, um Fragen internationaler Studierender zu beantworten. Es wurde nach der Möglichkeit einer „Fiktionsbescheinigung“ als Lösung für gestrandete Studierende mit ablaufenden Aufenthaltstiteln gefragt und die Antwort darauf lautete, dass eine „Fiktionsbescheinigung“ niemals außerhalb Deutschlands gesendet würde. Mein Fall ist aber der Beweis, dass dies nicht stimmt. Es gibt keine einheitliche Aussage. Das ist unmöglich und eine Zumutung für die Betroffenen.

Denken Sie, dass Sie ohne Ihr Eigenengagement rechtzeitig eine Lösung seitens der deutschen Behörden erhalten hätten?

Engy Ashraf: Nein. Jeder der schon mal ein Visum für Deutschland beantragt hat, weiß, wie bürokratisch Deutschland ist und wie lange immer alles dauert. Wahrscheinlich hätte ich am Ende ein neues Visum beantragen müssen.

Was empfehlen Sie anderen Studierenden, die in derselben Situation sind?

Engy Ashraf: Bleibt dran und gebt nicht auf. Werdet selbst aktiv und fragt immer wieder nach, auch wenn es mühsam ist. Aktuell Interview Panorama

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