Pflegekräfte aus Osteuropa fehlen

Versorgungsnotstand wegen Corona in der häuslichen Pflege

Bei der Sicherung häuslicher Pflege auch während der Corona-Krise stehen Familien und Politik vor einem Dilemma. Über die Grenzen kommen osteuropäische Helfer nur, wenn sie legal vermittelt werden. Verbände warnen vor einem Versorgungsnotstand.

Mittwoch, 25.03.2020, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 24.03.2020, 20:05 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Warnungen vor einem Notstand in der häuslichen Pflege infolge der Corona-Krise werden lauter. Der Verband für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) rechnet wegen fehlender Pflegekräfte aus Osteuropa damit, dass bis zu 200.000 alte Menschen schon bald nicht mehr versorgt sein könnten. Der Sozialverband VdK forderte am Dienstag in Berlin, die Regelungen zur Kurzarbeit auf Angehörige von Pflegebedürftigen auszudehnen, die zur Pflege einspringen müssen.

Der Geschäftsführer des Verbandes, Frederic Seebohm sagte dem ARD-Magazin „Report Mainz“: „Wir rechnen damit, dass ab Ostern 100.000 bis 200.000 Menschen schrittweise nicht mehr versorgt sind und dass sie dann in Altenheimen oder Kliniken versorgt werden müssen.“ Er forderte eine Passiermöglichkeit für die Betreuungspersonen, damit sie die Grenze nach Deutschland überqueren könnten.

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Viele osteuropäische Betreuungskräfte verlassen derzeit wegen der Corona-Krise Deutschland, zugleich kommen wenige Osteuropäerinnen als Ersatz nach, wie der Verband erklärte, der nach eigenen Angaben über Vermittlungsagenturen rund ein Drittel der legal in Deutschland tätigen Betreuungspersonen vertritt.

300.000 osteuropäische Betreuungskräfte in Deutschland

Der Kölner Pflegeforscher Michael Isfort sagte dem Magazin, Krankenhäuser bräuchten die Plätze für Erkrankte und die Pflegeheime seien voll, dort könnten „nicht ad hoc Tausende zusätzliche pflegebedürftige Menschen aufgenommen werden“, erklärte der Experte des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung.

Nach Schätzung des VHBP sind derzeit rund 300.000 osteuropäische Betreuungskräfte in Deutschland tätig. 90 Prozent von ihnen, also etwa 270.000, arbeiten schwarz. Isfort betonte, die Betreuungskräfte aus dem Ausland seien systemrelevant für die Versorgung. Dabei spiele es keine Rolle, ob sie legal oder illegal beschäftigt seien.

Riexinger: Desaster in der häuslichen Pflege

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger forderte, dass auch nicht sozialversichert, also schwarz beschäftigte Betreuungskräfte eine Möglichkeit erhalten müssten, die Grenzen zu überqueren. Das Desaster, das sich in der häuslichen Pflege abspielen werde, sei eine Folge verfehlter Politik, kritisierte er.

Der Sozialverband VdK forderte hingegen Hilfe für Angehörige, die die Pflege zu Hause übernehmen. „Lassen wir sie nicht im Stich“, verlangte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Wenn die Angehörigen Kurzarbeitergeld bekämen, könnten sie für eine Weile aus dem Job aussteigen und die Pflegebedürftigen zu Hause betreuen.

In Kleintransportern nach Deutschland

Drei Viertel der rund 3,5 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden zu Hause betreut. Nur etwa 850.000 werden ganz oder teilweise von Pflegediensten versorgt. Das Bundesgesundheitsministerium verwies darauf, dass das grenzüberschreitende Reisen zur Ausübung einer Berufstätigkeit in der EU weiter zulässig ist, unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Den Vermittlungsagenturen sei empfohlen worden, den Betreuungskräften entsprechende Bestätigungen der Beschäftigung auszustellen, erklärte ein Sprecher. Es sei zudem zu begrüßen, wenn Vermittlungsagenturen sich um eine Minimierung des Infektionsrisikos bemühten.

Nach Angaben der Essener Promedica-Gruppe gibt es derzeit keine Probleme beim Grenzübertritt. Ein Sprecher sagte dem „Evangelischen Pressedienst“, die Ein- und Ausreisen der Betreuungskräfte verliefen normal. Um das Infektionsrisiko während der Reise zu minimieren, würden sie in Kleintransportern nach Deutschland gefahren. Vor dem Einsatz finde ein Gesundheitscheck statt. Promedica vermittelt nach eigenen Angaben rund 8.000 osteuropäische Pflegehelferinnen in deutsche Haushalte. (epd/mig) Aktuell Panorama

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