Diskriminierungen nehmen zu
Vermieterin: „Ich möchte kein Coronavirus im Haus“
Seit Bekanntwerden des Coronavirus werden Menschen asiatischer Herkunft in Deutschland zunehmend diskriminiert – bei der Wohnungssuche, beim Arzt oder im Gemüseladen. Die Antidiskriminierungsstelle warnt. Experten geben Medien Mitschuld.
Donnerstag, 13.02.2020, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 12.02.2020, 17:22 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes erreichen wegen des neuartigen Coronavirus zunehmend Anfragen von Menschen asiatischer Herkunft. „Wir erleben gerade, dass Menschen pauschal wegen ihres Aussehens oder ihrer Herkunft ausgegrenzt und benachteiligt werden“, erklärte Bernhard Franke, kommissarischer Leiter der Antidiskriminierungsstelle, am Mittwoch in Berlin. In den vergangenen Tagen hätten sich 19 Betroffene an die Antidiskriminierungsstelle gewandt und ihre Erfahrungen geschildert.
So habe eine Arztpraxis einem Patienten chinesischer Herkunft eine Behandlung verweigert, obwohl die betroffene Person wegen gänzlich anderer Symptome beim Arzt und seit Monaten nicht in China gewesen sei. Eine chinesische Studentin habe eine Absage bei einer Wohnungsbewerbung erhalten mit der Begründung: „Ich möchte kein Coronavirus.“ Ein Gemüsehändler in einer süddeutschen Touristenmetropole habe chinesischen Touristen den Zutritt zu seinem Laden verboten.
Angst rechtfertigt kein Rassismus
„Menschen, die im Arbeitsleben oder bei Alltagsgeschäften Benachteiligungen wegen ihrer ethnischen Herkunft erleben, können dagegen auch vor Gericht vorgehen und die Verursacher der Diskriminierung auf Entschädigung und Schadensersatz verklagen“, erläuterte Franke. Es sei sinnvoll, dass Betroffene sich über die rechtlichen Möglichkeiten beraten ließen, etwa bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Die Angst vor Ansteckung sei zwar verständlich. „Das Coronavirus rechtfertigt aber niemals rassistische Diskriminierung“, betonte Franke.
#IchBinKeinVirus
Inzwischen zirkulieren in sozialen Medien Hashtags wie #IchBinKeinVirus, #IAmNotAVirus, #JeNeSuisPasUnVirus. „Dass diese Aufklärung nötig ist, liegt an einer Vermischung rassistischer Vorurteile mit der diffusen Angst vor dem Corona-Virus, die sich in der Medienberichterstattung widerspiegelt“, erklärten die Vorstände der Selbstorganisation „korientation“, ein Netzwerk für asiatisch-deutsche Perspektiven, und die „Neuen Deutsche Medienmacher“ (NDM).
Sie beklagen die rassistische Darstellung in Medien, die den Menschen Angst machen. Das Boulevardblatt „Bild“ etwa fragte zuletzt, ob man noch Glückskekse essen oder Pakete aus China annehmen könne. „Der Spiegel“ titelte: „Corona-Virus. Wenn die Globalisierung zur tödlichen Gefahr wird.“ Das Cover zeigt eine mit rotem Schutzanzug und Atemmaske verhüllte Person.
Experten kritisieren Medien
Der Aufmacher in großen, gelben Buchstaben „Made in China“ spielt „korientation“ und NDM zufolge mit der kolonial-rassistischen Vorstellung der „Gelben Gefahr“ aus dem „Osten“ und löst diskriminierende Assoziationen zu minderwertiger Qualität und Massenproduktion aus. China werde damit als Produktionsstätte eines tödlichen Virus dargestellt und seine gesamte Bevölkerung als Krankheitsträger.
Die Experten weiter: „Menschen, die als asiatisch eingeordnet werden, sehen sich durch solche Medienberichte ausgegrenzt. Sie werden mit einer Krankheit in Verbindung gebracht, mit der sie nicht mehr zu tun haben als die Journalisten, die solche Berichte produzieren.“ (epd/mig) Leitartikel Panorama
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