Zwickau
Merkel und Kretschmer besuchen NSU-Gedenkort
Seit Jahren ringt Zwickau um eine Würdigung der Opfer des als "Zwickauer Terrorzelle" bekanntgewordenen NSU-Trios. Nun wurden zehn Gedenkbäume gepflanzt, die Kanzlerin kam zu Besuch. Ob es hilft, muss sich zeigen: Ein erster Baum war umgesägt worden.
Dienstag, 05.11.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 10.11.2019, 16:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (beide CDU) haben am Montag den neuen Gedenkort für die NSU-Mordopfer in Zwickau besucht. Die Politiker legten vor den Gedenkbäumen für die zehn Opfer des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) weiße Rosen nieder. Die Bäume waren zuvor im Zwickauer Schwanenteichpark gepflanzt worden.
Bei dem Besuch am achten Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU betonte Merkel, sie wolle in Zwickau für die gesamte Bundesregierung zum Ausdruck bringen, „dass wir alles tun werden, damit sich solche Dinge nicht wiederholen“. Die Kanzlerin war in der Vergangenheit wiederholt für ihren Umgang mit den Angehörigen der NSU-Opfer kritisiert worden.
An dem Gedenkort im Park erklärte Merkel, die Angehörigen der Ermordeten dürften „nicht immer als Opferfamilien dargestellt“ werden, damit sie „wieder ein gutes Leben in Deutschland führen können, so wie wir das alle wollen“. Dafür müsse zunächst einmal der Staat sorgen, sagte die Kanzlerin und dankte der Stadt Zwickau „und allen, die die Initiative ergriffen haben“, für das Pflanzen der Bäume.
Merkels Besuch von Protesten überschattet
Ein Gedenkbaum in Erinnerung an das erste NSU-Opfer, den Blumenhändler Enver Şimşek, war Anfang Oktober nur wenige Wochen nach seiner Pflanzung abgesägt worden. Auch eine im Anschluss als provisorischer Ersatz aufgestellte Gedenkbank wurde von Unbekannten zerstört. Die neuen Gedenkbäume sollen nun nachts angestrahlt werden, um sie vor erneuten Übergriffen zu schützen. Die Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die als NSU bekannt wurden, hatten bis 2011 mehr als zehn Jahre lang im Untergrund gelebt, zuletzt in Zwickau.
Überschattet wurde Merkels Besuch vom lautstarken Protest mehrerer Dutzend Demonstranten. Von einer nahe gelegenen Straßenkreuzung riefen sie – teilweise per Megafon – Parolen wie „Merkel muss weg“ und „Hau ab“ in den Park hinüber.
Kretschmer: Aus Worten sind Taten geworden
Kretschmer erklärte dazu, man sei zusammengekommen, „um Menschen die Ehre zu erweisen, die unschuldig und auf heimtückische Weise umgebracht wurden“. Dass es Menschen gebe, die dagegen demonstrieren, zeige, „welchen Zeitgeist und welche Haltung diese Leute haben“, sagte der Ministerpräsident.
„Wir haben in den letzten Jahren erlebt, wie aus Gedanken Worte und aus Worten Taten geworden sind“, sagte Kretschmer weiter. Deswegen sei es so wichtig, den Anfängen zu wehren. Jeder Einzelne müsse in seinem Umfeld „widersprechen, wenn antisemitische, rechtsextremistische Thesen vertreten werden, wenn die Grenze des guten Geschmacks, des Anstands übertreten worden ist“, erklärte er.
Zwickauer Oberbürgermeisterin froh
Es sei ihm wichtig, nicht über die NSU-Täter zu reden, sondern über deren unschuldige Opfer, unterstrich Kretschmer. Es gebe einen Zusammenhang zwischen den NSU-Morden und rechtsterroristischen Taten in Oslo, Christchurch und Halle, „und das ist diese furchtbare rassistische, menschenverachtende Ideologie, der wir alle miteinander entgegentreten“, betonte Kretschmer.
Die Zwickauer Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) sagte, Hass und Gewalt seien „keine Themen, auf die wir aufbauen können für ein friedliches Zusammenleben“. Sie sei daher froh über den Besuch der Politiker, der zeige, „dass ich als Oberbürgermeisterin und wir als Stadt nicht alleine stehen“. (epd/mig) Leitartikel Politik
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