Bundestag
Koalition kündigt Konsequenzen aus Anschlag in Halle an
Mehr Schutz für Synagogen, Verfolgung von Hass im Netz: Nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Halle will die Koalition Konsequenzen ziehen. Im Parlament gab es nach einem hitzigen Schlagabtausch mit der AfD eine überraschende Entschuldigung.
Freitag, 18.10.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 23.10.2019, 17:31 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Eine Woche nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Halle hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus angekündigt. Nach der Betroffenheit, der Trauer und dem Leid müsse man „auch wirklich Taten folgen lassen“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag im Bundestag. In der kurzfristig angesetzten Debatte zur Bekämpfung von Antisemitismus stellte er Maßnahmen vor, die er am Freitag auch bei einem Sondertreffen mit den Innenministern der Länder besprechen will. Einen erhitzten Schlagabtausch lieferten sich im Bundestag die etablierten Parteien mit Vertretern der AfD. Stunden später kam aus den Reihen der Fraktion eine Entschuldigung.
Seehofer strebt unter anderem ein besserer Schutz jüdischer Einrichtungen und mehr Personal bei Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus an. Zudem kündigte der Innenminister eine konsequente Prüfung zum Verbot rechtsextremistischer Vereinigungen an.
Verschärfung im Waffenrecht
Seehofer stellte sich zudem hinter die Forderung von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die Anbieter von Internetplattformen verpflichten will, Morddrohungen und Volksverhetzungen an die Strafverfolgungsbehörden zu melden. Auch Lambrechts Forderung nach einer Verschärfung im Waffenrecht stimmte Seehofer zu. „Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten“, betonte Lambrecht in der Bundestagsdebatte. Per Abfrage bei den Sicherheitsbehörden will sie das künftig ausschließen. Lambrecht forderte zudem eine Strafverschärfung für Beleidigungen in sozialen Netzwerken, weil diese ein viel größeres Publikum hätten.
Seehofer kündigte zudem Verbesserung bei der Prävention von Rechtsextremismus und Antisemitismus an. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erneuerte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) ihre Forderung nach einem Demokratie-Fördergesetz, das Initiativen, die bislang auf Projektmittel angewiesen sind, eine verlässliche Finanzierung sichern soll. Die Union hatte das bislang abgelehnt, ein Beschluss der CDU vom Montag hatte nun aber auch eine verlässliche Finanzierung für solche Initiativen verlangt.
Außerhalb des Grundkonsens
Bei dem Anschlag von Halle am 9. Oktober hatte ein schwer bewaffneter Mann zwei Menschen erschossen und auf der Flucht zwei weitere schwer verletzt. Der Täter hatte zuvor versucht, in die Synagoge einzudringen, was misslang. Anschließend suchter er einen Döner-Imbis auf und erschoss dort eine Person. Der 27-Jährige handelte nach eigener Aussage aus antisemitischen und rechtsextremistischen Motiven.
Zu Beginn der Bundestagssitzung waren die Abgeordneten zum Gedenken an die Opfer aufgestanden. Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) verurteilte, dass in Reaktionen auf Twitter „auf diese von Judenhass getriebene Tat weiter mit Ab- und Ausgrenzung von Menschen gespielt wird“. Mit dem Teilen dieser Reaktionen stelle man sich außerhalb des Grundkonsens‘.
„Das gilt erst Recht für Mitglieder dieses Hauses“, ergänzte Schäuble. Mitglieder von Union, SPD, Linken, Grünen und FDP hatten sich am Mittwoch mit einer gemeinsamen Erklärung vom Vorsitzenden des Rechtausschusses, dem AfD-Abgeordneten Stephan Brandner, distanziert, weil dieser am Tag nach dem Anschlag einen Tweet geteilt hatte, in dem zwischen „deutschen“ Opfern und denen in Moscheen und Synagogen unterschieden wurde. Brandner wird darin der Rücktritt vom Ausschussvorsitz nahegelegt.
Gauland verweigert Entschuldigung
Mehrere Redner kritisierten Brandner am Donnerstag scharf und verlangten auch eine Distanzierung der Fraktionsspitze, die allerdings nicht erfolgte. Solange der AfD eine Mitschuld an der rechtsterroristischen Tat unterstellt werde, „entschuldige ich mich hier für nichts“, sagte der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland.
Am Nachmittag meldete sich nach einer Debatte über Tempolimits schließlich Brandner selbst zu Wort. „Es tut mir leid“, sagte er. Er habe einen Beitrag retweetet, den er „inhaltlich nie geteilt“ habe. Ein Gespräch mit dem Bundestagspräsidenten habe ihm vor Augen geführt, „welche Probleme auch in der Außenwirkung dieser Retweet“ verursacht habe. Er entschuldige sich, wenn Leute sich dadurch angegriffen oder schlecht gefühlt hätten. (epd/mig) Leitartikel Politik
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