Flüchtlingspolitik
„Alan Kurdi“ bleibt vor italienischen Hoheitsgewässern
Eine systematische europäische Lösung für die Aufnahme von Flüchtlinge von zivilen Seenotrettungsschiffen ist nicht in Sicht. Pro Asyl schlägt deshalb vor, wenigstens mehr sichere Häfen anzubieten.
Freitag, 02.08.2019, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 07.08.2019, 15:43 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das private deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ mit aktuell 40 Flüchtlingen an Bord will vorerst die Konfrontation mit Italien vermeiden. „Wir werden definitiv vor den Hoheitsgewässern Italiens stoppen und nicht gegen die Anweisungen eines Staates verstoßen“, sagte der erste Vorsitzende des Regensburger Vereins Sea-Eye, Gorden Isler, am Donnerstag dem „Evangelischen Pressedienst“. Die Crew der „Alan Kurdi“ kann die Flüchtlinge laut Isler drei bis fünf Tage versorgen. Bis dahin hoffe Sea-Eye, dass Europa eine Lösung zur Verteilung der 40 Flüchtlinge findet.
Die „Alan Kurdi“ hatte am Mittwochmorgen vor Libyen die Menschen aus einem Schlauchboot aufgenommen, darunter eine Schwangere und drei Kinder. Zwei Flüchtlinge sind laut Sea-Eye Überlebende des Internierungslagers Tadschura. Dort waren bei einem Luftangriff Anfang Juli mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen. Kapitän Andrej Kovaliov kontaktierte laut Isler direkt nach der Rettung die Seenotleitzentralen von Libyen, Malta und Italien. Die libysche Seewacht habe sich dann um 20 Uhr gemeldet und Tripolis als sicheren Hafen genannt.
„Jeder Flaggenstaat, der die UN-Flüchtlingskonvention unterzeichnet hat, darf uns eigentlich nicht nach Libyen zurückschicken“, sagte Isler angesichts der humanitären Lage dort. Zwar sei Deutschland als Flaggenstaat der „Alan Kurdi“ weisungsbefugt. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Bundesregierung uns zwingt, Flüchtlinge zurück nach Libyen zu bringen.“
In Italien droht Beschlagnahmung
Schiffe, die sich dem Verbot zur Einfahrt in italienische Gewässer widersetzen, droht die Beschlagnahmung. Anfang Juli war die „Sea-Watch 3“ mit Kapitänin Carola Rackete unter Berufung auf einen Notstand an Bord in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. Unmittelbar danach wurde das Schiff beschlagnahmt, Rackete droht Anklage wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Beihilfe zur illegalen Einreise.
Die „Iuventa“ des Berliner Vereins „Jugend Rettet“ liegt seit dem 2. August 2017 beschlagnahmt in Italien fest. Der Verein rief auf Facebook zum Jahrestag zu einer Kundgebung am Freitag in Berlin auf und kritisierte, die zivile Seenotrettung werde kriminalisiert. Gegen Crewmitglieder der „Iuventa“, darunter Kapitänin Pia Klemp, wird den Angaben nach seit einem Jahr ermittelt, ihnen drohen hohe Geld- und Haftstrafen.
Pro Asyl fordert mehr sichere Häfen
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl schlug unterdessen vor, zunächst Länder zu finden, die sichere Häfen in Europa bereitstellen. Wenn der italienischen Innenminister Matteo Salvini „ständig blockiere“, müsse eine Lösung ohne ihn gefunden werden, sagte Pro-Asyl-Sprecher Karl Kopp dem Radiosender SWR2. In den Häfen könnten Flüchtlinge menschenwürdig empfangen und dann in aufnahmebereite Staaten weitergeleitet werden. Ansonsten werde sich das „Trauerspiel“ um Flüchtlinge auf zivilen Seenotrettungsschiffen fortsetzen.
Innenminister Salvini lehnt rigoros die Einfahrt von Seenotrettungsschiffen mit Flüchtlingen an Bord in italienische Gewässer und Häfen ab. Der „Alan Kurdi“ hatte er am Mittwoch ausdrücklich die Einfahrt in die Zwölf-Meilen-Zone verboten. Selbst dem eigenen italienischen Küstenwachtschiff „Gregoretti“ mit mehr als 100 Flüchtlingen an Bord hatte er zunächst untersagt, einen italienischen Hafen anzulaufen, später das Anlegen erlaubt, aber verboten, die Flüchtlinge an Land zu lassen. Am Mittwoch sagten fünf EU-Länder, darunter Deutschland, zu, die Flüchtlinge aufzunehmen. Damit durften die Menschen an Land. (epd/mig) Aktuell Politik
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