Bombe nach der Bombe
NSU-Mahnmal auf der Keupstraße soll Gewerbegebiet weichen
Das geplante NSU-Mahnmal an der Kölner Keupstraße soll offenbar einem Gewerbegebiet weichen. In einem offenen Brief wirft ein Zusammenschluss von Künstlern, Wissenschaftlern und Kulturmitarbeitern der Stadt einen Kniefall vor finanzstarken Investoren vor.
Donnerstag, 13.06.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 18.06.2019, 17:08 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Das geplante Mahnmal zur Erinnerung an den Nagelbombenanschlag an der Kölner Keupstraße soll offenbar einem Gewerbegebiet weichen. In einem offenen Brief fordern Kulturarbeiter Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf, das versprochene Mahnmal in der Nähe des Anschlagortes umzusetzen.
Am 9. Juni 2004 hatten Mitglieder des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) vor einem Friseursalon in der türkisch geprägten Straße in Köln-Mülheim eine Nagelbombe gezündet. 22 Menschen wurden dabei verletzt, vier von ihnen schwer. Die Polizei hatte einen rechtsextremen Hintergrund jahrelang ausgeschlossen und unter den Anliegern sowie den Verletzten ermittelt. Diese Zeit wird unter den Bewohnern der Keupstraße als die „Bombe nach der Bombe“ bezeichnet.
Kniefall vor den Investoren
Nachdem bekannt wurde, dass Rechtsterroristen hinter dem Anschlag stecken, gab es einen Beschluss des Stadt-Rates, dass ein Mahnmal entstehen soll. Eine Jury wurde mit der Konzeption beauftragt. Ort des Mahnmals sollte am Eingang der Keupstraße/Schanzenstraße sein. Dort soll nach dem Willen einer Investmentfirma jetzt aber ein mehrstöckiges Gewerbequartier entstehen.
Seit Bekanntwerden dieser Pläne, so der Vorwurf der Unterzeichner des Briefes, verzögert die Stadt die Umsetzung des Mahnmals. Sie werfen der Stadt „einen Kniefall vor den Investoren“ vor. „Anders können wir die fehlende Unterstützung der Forderungen, das Mahnmal endlich zu realisieren, nicht deuten“, so die Verfasser des Briefes. Die Stadt würde dem Interesse der Investmentgruppe Vorrang geben. Oberbürgermeisterin Henriette Reker war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Appell an Oberbürgermeisterin
Aus Sicht der Unterzeichner ist die Realisierung des Mahnmals „eine wichtige Form der Anerkennung und Wiedergutmachung“. Die fehlende Unterstützung der Stadt Köln und die damit ausbleibende Würdigung der Opfer der beiden Bombenanschläge führten „zu einem unhaltbaren Zustand“.
Die Unterzeichner appellieren an die Oberbürgermeisterin Reker und den Stadtrat, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und das Mahnmal zu realisieren. „Zeigen Sie damit, dass Köln eine starke, solidarische Stadt der Vielen ist, die sehr genau weiß, wie sie sich gegen Diskriminierung, rassistische Gewalt und Ausgrenzung zu verhalten hat. Bitte seien Sie mutig und setzen Sie sich für ein Mahnmal ein, dass die Geschichte nicht nur abschließen möchte, sondern performativ und partizipativ in eine Zukunft weist – von der wir alle wissen, dass es sie gibt“, heißt es in dem Brief. (mig) Leitartikel Panorama
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