Studie
Starker Gewaltanstieg – Rechte Hassgewalt bleibt Problem in Sachsen
Rechtsmotivierte Hassgewalt hat sich einer Studie zufolge in Sachsen erheblich verändert. Im Untersuchungszeitraum von 2011 bis 2016 habe die Gewalt nicht nur stark zugenommen, die Täter wiesen im Vergleich zu früheren Erhebungen ein deutlich höheres Durchschnittsalter auf.
Dienstag, 16.04.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:42 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Rechte Hassgewalt hat laut einer Studie in Sachsen stark zugenommen, der Freistaat bewegt sich dabei aber im Durchschnitt der ostdeutschen Länder. Die Täter würden älter und agierten auch außerhalb gefestigter Nazistrukturen, heißt es in einer Langzeitstudie des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung und des sächsischen Sozialministeriums, die am Montag in Dresden vorgestellt wurde.
Schon zu Beginn des Erfassungszeitraumes 2011 verzeichneten die ostdeutschen Bundesländer mit 2,2 rechtsextremen Gewalttaten pro 100.000 Einwohner den dreifachen Wert des westdeutschen Mittels, hieß es. An diesem Verhältnis habe sich auch mit dem Anstieg durch die Flüchtlingsbewegung 2015 nichts geändert. Der Berichtszeitraum endet allerdings schon 2016. Neueste Beobachtungen der wachsenden Durchdringung von rechtsextremen und bürgerlich-mittigen Kreisen beispielsweise berücksichtigt die Studie nicht mehr.
„Klassische NS-affine Deutungsmuster“
Der Bericht wertet vor allem Fallunterlagen sächsischer Staatsanwaltschaften, des Landeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes sowie Medien der rechten Szene aus. Unter anderem wurden 155 rechtskräftige Verurteilungen im Studienzeitraum analysiert. Dabei stellt die Analyse einseitige Hassgewalt der sogenannten Konfrontationsgewalt in der tätlichen Auseinandersetzung gegenüber. Sie untersucht aber auch Motivationsmuster, Szenehintergründe und die aufschaukelnde Wechselwirkung zwischen rechter und linker Gewalt, wie etwa im linksdominierten Leipziger Stadtteil Connewitz.
„Die ideologische Motivation spielt eher eine untergeordnete Rolle“, konstatierte der Studienleiter, Professor Uwe Backes. Verfestigte gruppenbezogene Feindbilder existierten auch in nichtorganisierten Milieus. Gleichwohl zeige die Studie auch die gewachsene Gefährdung durch „Gruppen mit erhöhter Strukturdichte“ und die Dominanz „klassischer NS-affiner Deutungsmuster“. Bei deren Verbreitung spielten die Internetmedien, rechte Musikverlage und Rechtsrockkonzerte eine wesentliche Rolle. Etwa ein Viertel der bundesweit erfassten Konzerte finde in Sachsen statt.
Ministerin: „Kein existenzbedrohendes Phänomen“
Sachsens Integrations- und Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD) begrüßte die Hilfe durch die Studie, um „Präventionsangebote zielgerichtet weiterentwickeln zu können“. Dazu gehörten beispielsweise das vor drei Jahren eingerichtete Demokratiezentrum als antirechter Kooperationsverbund und Beratungsangebote. Insgesamt 1.150 solcher Beratungen erfolgten im Vorjahr allein im rechten Milieu, im linken Spektrum lag die Zahl im einstelligen Bereich. „Die Verteidiger der Demokratie werden leider zu wenig gewürdigt“, beklagte Ministerin Köpping.
„Für den Freistaat Sachsen stellt die politisch motivierte Gewalt kein existenzbedrohendes Phänomen, wohl aber eine große Herausforderung für die innere Sicherheit dar“, resümierten die Autoren der Studie. Sie regten schließlich ein Gewalt- und Extremismusmonitoring als Ergänzung zum Verfassungsschutzbericht an. (epd/mig) Leitartikel Panorama Studien
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