Bundesgerichtshof
Landgericht Chemnitz kann „angstfrei“ über angeklagten Syrer urteilen
Kann ein sächsischer Richter "angstfrei" über einen stark emotionalisierten und politisierten Fall entscheiden, der von Rechtsextremisten instrumentalisiert wird? Ja, entschied der Bundesgerichtshof und lehnte die Verlegung des Strafverfahrens im Fall Daniel H. in ein anderes Bundesland ab.
Donnerstag, 14.03.2019, 5:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 17.03.2019, 19:43 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Das Landgericht Chemnitz kann trotz rechtsgerichteter und ausländerfeindlicher Demonstrationen in Sachsen „angstfrei“ über das Totschlagsverfahren gegen einen Syrer urteilen. Weder gebe es Hinweise, dass die Richter „das Gedankengut rechter Demonstranten teilen“ oder sie dem „Druck der Straße“ nachgeben, entschied am Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. (AZ: 2 AR 48/19)
Hintergrund des Votums ist eine tödliche Messerattacke auf den 35-jährigen Deutschen Daniel H. am 26. August 2018 auf einem Stadtfest in Chemnitz. Ein Syrer soll laut Anklage gemeinsam mit einem irakisch-stämmigen Mittäter den Mann mit mehreren Messerstichen getötet und einen weiteren lebensgefährlich verletzt haben.
Wegen des bevorstehenden Strafverfahrens hatte der Anwalt des Syrers beantragt, die Hauptverhandlung an einem Landgericht „außerhalb der Bundesländer Sachsen, Thüringen und Brandenburg“ anzusetzen. Denn wegen der in diesem Jahr dort stattfindenden Landtagswahlen sei mit rechtsgerichteten und ausländerfeindlich motivierten Demonstrationen sowie mit massiven, nicht beherrschbaren Ausschreitungen zu rechnen, lautete seine Begründung.
Haftbefehl veröffentlicht
Wegen des vorhandenen Gewaltpotenzials könnten die Richter am Landgericht Chemnitz nicht „angstfrei“ urteilen. Es bestehe die Gefahr, dass das rechte Gedankengut von Justizmitarbeitern geteilt werde. Der Anwalt spielte damit darauf an, dass ein Justizbediensteter den Haftbefehl gegen den Syrer veröffentlicht haben soll. Der Mann wurde vorläufig vom Dienst suspendiert.
Den Antrag des Anwalts, das Verfahren in einem anderen Bundesland durchzuführen, wies der BGH jedoch ab. Die Hauptverhandlung solle in einem besonders gesicherten Saal „unter strengen Sicherheitsvorkehrungen“ stattfinden. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Justiz- und Sicherheitsbehörden nicht Gefahren für die öffentliche Sicherheit begegnen könnten. Ebenso gebe es keine Anhaltspunkte, dass die Chemnitzer Richter nicht „angstfrei“ urteilen könnten oder dem „Druck der Straße“ nachgeben würden. (epd/mig) Aktuell Recht
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