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Studie

Weiter Defizite bei Berichterstattung über AfD

Ein Jahr AfD im Bundestag: Vor allem überregionale Medien springen nicht mehr über jedes populistische Stöckchen, das ihnen die Partei hinhält. Doch es gibt noch Defizite im Umgang mit der Partei, sagt eine Studie.

Dienstag, 20.11.2018, 5:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:42 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Bielefelder Medienwissenschaftler Bernd Gäbler sieht vor allem bei regionalen Medien Defizite in der Berichterstattung über die AfD. Dort fehle es oft an Ressourcen, sagte Gäbler am Montag in Berlin. So sei die Politikberichterstattung weitgehend zentralisiert und auf die Bundespolitik ausgerichtet. Zugleich begrüßte er, dass es in vielen Redaktionen beim Umgang mit der AfD mittlerweile „mehr Reflexion und weniger Reflexe“ gebe. Besonders die überregionalen Medien hätten seit dem Einzug der Partei in den Bundestag im vergangenen Jahr dazugelernt. Allerdings sei „noch viel Luft nach oben“, sagte der Wissenschaftler bei der Vorstellung seiner Studie „AfD und Medien. Erfahrungen und Lehren für die Praxis“ für die gewerkschaftsnahe Otto-Brenner-Stiftung.

Gäbler untersuchte die Berichterstattung zur AfD von Oktober 2017 bis August 2018. Sein Tipp an Redakteure: „Bleib souverän, überleg was Du machst.“ Die Berichterstattung über die AfD folge nicht mehr „so sehr einem simplen Reiz-Reaktions-Schema wie noch zu Beginn“. Journalisten fielen seltener auf Provokationen der AfD herein. Inzwischen seien viele gute Porträts über AfD-Politiker erschienen sowie zahlreiche Enthüllungen über personelle Querverbindungen ins rechtsextreme Lager. Auch das „seltsame Finanzgebaren“ der Partei sei untersucht worden. Anderen Themen wie etwa der Aufbau von Einfluss- und Beratungsnetzwerken der AfD könne noch intensiver nachgegangen werden, lautet ein Fazit der Studie.

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Ergebnis ernüchternd

Wegen der Landtagswahlen in Bayern und Hessen in diesem Herbst nahm Gäbler für drei Monate auch zwei regionale Abo-Zeitungen unter die Lupe: die „Nürnberger Nachrichten“ und die „Oberhessische Presse“. Das Ergebnis sei ernüchternd, erklärte der Medienwissenschaftler. Große Politik finde im Lokalen kaum statt. Es fehle an der Neugier auf das unmittelbare regionale Umfeld. Es habe oft an Eigenberichten über die AfD, ihre Kandidaten und Aktionen auf Kreis- oder Landesebene gefehlt.

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So habe sich beispielsweise die in Marburg erscheinende „Oberhessische Presse“ bei der Berichterstattung über den Landesparteitag der hessischen AfD in der Nachbarstadt Gießen nur auf Material der Nachrichtenagentur dpa gestützt. „Die bundesdeutsche Presselandschaft schwächelt an der Basis“, erklärte Gäbler, der bereits im Juli 2017 in einer Studie für die Stiftung das Verhältnis von Medien und AfD untersucht hatte.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Frank Überall, kritisierte oftmals prekäre Arbeitssituationen von Journalisten vor allem in regionalen Verlagen und einen geringen Anteil landespolitischer Berichterstattung. „Nur als Agenturfriedhof wird eine Zeitung nicht existieren können“, sagte Überall.

Expertin: Journalisten fehlt Kompetenz

Aus Sicht von Medienwissenschaftler Gäbler mangelt es vielen Journalisten auch an der nötigen Kompetenz. Dies gelte etwa für den Umgang mit populistischen Aussagen und Geschichtskenntnisse. „Wenn sich die AfD als legitime Erbin der Marschierer zum Hambacher Fest darstellt, wenn sie Bismarck als Friedensengel verkauft und Gustav Stresemann als Nationalisten, dann darf und soll dem widersprochen werden“, sagte Gäbler. Dies geschehe noch viel zu selten, sei aber wichtig für eine demokratische Diskussionskultur.

Gäbler bemängelt in seiner neuen Studie auch eine „Tendenz im gegenwärtigen Journalismus, ständig ‚Ich‘ zu sagen“: „Heute ist der Subjektivismus Ausdruck des hilflosen Anti-AfDismus im Journalismus“. Es finde etwa bei der Auseinandersetzung mit den rechtsextremen Identitären keine Klärung von Sachverhalten statt, sondern eine Gegenüberstellung von Bekenntnissen und Gefühlslagen. (epd/mig) Aktuell Panorama Studien

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