Moschee, Minarette, Ditib, Köln, Islam, Muslime
Die Ditib-Zentralmoschee in Köln © Marco Verch (Blog) @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Kontroversen

Die lange Geschichte der Kölner Ditib-Moschee

Die Moschee des Islamverbands Ditib in Köln sollte ein Symbol gelungener Integration werden. Doch die Kritik an der Bauherrin reißt nicht ab. Die Einweihung durch den türkischen Präsidenten lieferte einmal mehr Negativschlagzeilen.

Von Gabriele Fritz Montag, 01.10.2018, 5:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 03.10.2018, 17:22 Uhr Lesedauer: 5 Minuten  |  

Von den sprichwörtlichen Hinterhofmoscheen zu einem modernen Neubau für alle Muslime in Köln – das war einmal ein zentrales Ziel der Kölner Politik. Für Planungen eines repräsentativen Moscheebaus machte sich bereits 1996 der Rat der Stadt stark. Dass heute eine Moschee des türkisch-islamischen Verbands Ditib mit Kuppel und Minaretten die Skyline der Stadt ergänzt, ist das Resultat eines kontroversen Prozesses – mit Debatten, Demos, geänderten Bauplänen, Bauverzögerungen und einem Streit mit dem Architekten.

Vom geplanten Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Samstag erhoffte sich die Ditib offenbar eine glanzvolle Eröffnung ihrer Moschee – vermutlich eine der größten in Europa. Doch dürfte der Festakt getrübt werden durch Anti-Erdoğan-Proteste, einen Großeinsatz der Polizei und die Absagen von Politikern, allen voran Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Selbst eine Teilnahme von Vertretern der Lokalpolitik gab es nicht.

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Die Geschichte begann 2001

Die Geschichte der Moschee begann im Jahr 2001: Damals beantragte die Ditib, auf eigenem Gelände und mit eigenem Geld eine Großmoschee zu bauen. Etwa zeitgleich strebte der Trägerverein Kölner Zentralmoschee e.V., ein Zusammenschluss von zehn muslimischen Vereinigungen, die Errichtung einer Zentralmoschee für alle Nationalitäten an. Doch die beiden Baukonzepte galten vielen in der Lokalpolitik als nicht vereinbar. Der Trägerverein vertrete nur eine Minderheit von Muslimen in der Stadt, hieß es. Einige Mitglieder des Vereins würden von Saudi-Arabien gesteuert, lautete ein weiterer Vorwurf.

Die Ditib als Repräsentantin türkischer Muslime und damit der größten muslimischen Gruppe positionierte sich mit einem integrativen Konzept und betonte dies in einem Schreiben an den damaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU). Die Ditib, so zitierte damals der Grünen-Abgeordnete Arif Ünal aus dem Brief an den OB, sehe das Vorhandensein von verschiedenen Religionen als eine Bereicherung an und setze sich für das „friedliche und tolerante Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Religionen in einem demokratischen und offenen Gemeinwesen ein“.

Ex-OB Schramma zentraler Fürsprecher

Schramma wurde daraufhin zu einem zentralen Fürsprecher des Ditib-Vorhabens. 2003 gab der Stadtrat grünes Licht für den Bau im Stadtteil Ehrenfeld. Allerdings wurde die Bauherrin zu einem Architekturwettbewerb verpflichtet. Den Auftrag für das Gotteshaus mit einer 34,5 Meter hohen Betonkuppel und zwei 55 Meter hohen Minaretten erhielt drei Jahre später das Architekturbüro Paul Böhm. Das Gemeindezentrum sollte Räume für Integrations- und Sprachkurse sowie ein Einkaufszentrum beherbergen. Die Kosten wurden auf 15 Millionen Euro geschätzt.

Die öffentliche Präsentation des Entwurfs markierte den Auftakt zu massiver Kritik. Demonstrationen und Gegendemonstrationen folgten. Die rechtspopulistische Organisation „Pro Köln“ scheiterte mit einem Bürgerbegehren, den Bau zu verhindern.

Kritik am Bau

Zu den Kritikern der Moschee zählte der Schriftsteller Ralph Giordano, er bezeichnete die Entscheidung für den Moscheebau als integrationsfeindlich. Die Größe der Moschee verkörpere einen Machtanspruch. Er kritisierte, dass der Bau zum großen Teil von der türkischen Religionsbehörde in Ankara finanziert werde. Damit regiere die türkische Behörde in Deutschland hinein, warnte er.

Als überdimensioniert betrachteten auch andere den Entwurf, unter ihnen der damalige Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider. Er kritisierte die in seinen Augen „triumphierend angelegte“ Architektur und forderte eine zurückgenommenere Gestaltung, die „mehr den integrierenden Charakter von Religion zum Ausdruck bringt“. Er befürworte den Moscheebau, aber es gebe Diskussionsbedarf.

Streit mit Architekt

Ein Entwurf mit reduzierter Fläche erhielt schließlich die Baugenehmigung. 2009 folgt die Grundsteinlegung, die Bauarbeiten begannen. Doch die Kontroversen gingen weiter, auch über die politische Nähe der Ditib zum türkischen Staat.

Im Jahr 2011 eskalierte ein Streit zwischen der Ditib und Architekt Böhm. Die Ditib sprach von Baumängeln, stellte die Zahlungen an Böhm ein und kündigte schließlich den Vertrag mit ihm und der Rohbaufirma. Die ursprünglich für 2012 vorgesehene Eröffnung der Moschee verschob sich. Am 9. Juni 2017 wurde der Kuppelsaal während des Ramadans schließlich zum ersten Mal genutzt. Inzwischen lagen die Baukosten bei rund 30 Millionen Euro.

Volksfeststimmung

Die dann für 2017 geplante Eröffnung wurde erneut verschoben. Am vergangenen Samstag war es dann endlich so weit. Volksfeststimmung herrschte vor der Ankunft Erdoğans auf den Straßen rund um die Zentralmoschee. Menschen schwenkten rote Türkeifahnen oder flanierten eingehüllt in Umhänge mit Erdoğan-Konterfei über die Venloer Straße. Andernorts protestierten Kritiker mit „Erdoğan not welcome“-Plakaten. Manche Kölner ließ der Besuch des türkischen Staatspräsidenten zur Eröffnung der Ditib-Zentralmoschee indes völlig kalt: Sie saßen vor den Cafés in der Nähe unbeirrt bei Kaffee und Kuchen.

Das Gebiet direkt um die rund 30 Millionen Euro teure Großmoschee mit einem Kuppelsaal für 1.100 Gläubige und zwei 55 Meter hohen Minaretten war derweil Sperrgebiet, in das nur geladene Gäste eingelassen wurden. Auf dem Dach des modernen Wohnblocks gegenüber waren Scharfschützen positioniert.

Versöhnliche Töne

Erdoğan schlug in seiner mit Spannung erwarteten Rede bei der Moschee-Eröffnung eher versöhnliche Töne an. Dass kein deutscher Politiker gekommen war, liege an einem „Kommunikationsproblem“, sagte er und betonte, die Zentralmoschee zeige, „dass die hier lebenden Türken ein Teil der hiesigen Gesellschaft sind und hier verwurzelt sind“. Zugleich erneuerte der türkische Staatspräsident bekannte Kritik. Er beklagte Rassismus in der deutschen Gesellschaft, etwa im Fall Mesut Özil.

Insgesamt wertete Erdogan seinen Deutschland-Besuch, bei dem er in Berlin auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier getroffen hatte, aber als erfolgreich. Es sei Zeit, die Meinungsverschiedenheiten beiseitezulegen und sich auf die gemeinsamen Interessen zu konzentrieren, sagte Erdoğan. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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  1. Antoinette de Boer sagt:

    Die ursprüngliche Idee zum Bau dieser grossen schönen Moschee – Transparenz – Toleranz und Kommunikation mit anderen Religionen – friedliches Zusammenleben innerhalb unserer gesammten Gesellschaft – das alles wurde von der DITIB den Kölnern versprochen – es ist ganz offensichtlich nicht eingehalten worden.

    Die gute Idee wurde von der DITIB verraten !

    Stattdessen unterwirft die Ditib sich dem Diktat des türkischen Präsidenten Erdogan,lässt sich von der Türkei finanzieren,setzt Imame ein ,die kein Wort deutsch sprechen können und ideologisch der Herrschaft Erdogans unterworfen sind.

    Seit bekannt ist,dass Erdogan sogar zum Denunziantentum unter der türkischstämmigen Bevölkerung in Deutschland aufruft,das heisst eigene “ Brüder “ an seine Regierung – egal weswegen – zu verraten,das lässt die Organisation DITIB , die Mosschee in Köln und mit ihr die ca.900 angegliederten Moscheen in einem s e h r schlechten Licht erscheinen.
    “ Der schlimmste Feind im Land ist der Denunziant “ und das gab es zuletzt in Deutschland leider während der Nazizeit.Genau d a s wollen wir nie wieder erleben !

  2. Antoinette de Boer sagt:

    Ich habe den Besuch Präsident Erdogans mit grossem Interesse in den Medien verfolgt und musste auch hier feststellen,dass die Einweihung der Moschee in Köln durch die Rede Erdogans zu s e i n e n politischen Zwecken genutzt wurde.
    Erdogan sprach von einem grossen Erfolg seiner Reise – obwohl diese Reise in vieler Beziehung ein Reinfall war – sieht man mal davon ab,dass man überhaupt noch miteinander spricht. . .
    Mir wurde ganz schnell klar,dass diese Rede ja direkt in die Türkei übertragen wurde und „seinem “ Volk ein rosarote Geschichte erzählt wurde,und weil fast alle Medien inzwischen gleichgeschaltet sind,kann das türkische Volk sich auch kein eigenes Bild machen . Leider .