André Poggenburg, Türkische Gemeinde, Sachsen-Anhalt, Hetze
Der sachsen-anhaltische AfD-Chef André Poggenburg während seiner Hetz-Rede gegen die Türkische Gemeinde in Deutschland (Archivfoto) © Bildmaterial YouTube

"Kümmelhändler" und "Kameltreiber"

Staatsanwaltschaft prüft Hetz-Rede von AfD-Politiker Poggenburg

Nachdem der sachsen-anhaltische AfD-Chef Poggenburg die türkische Gemeinde in einer Rede zum Politischen Aschermittwoch als "Kümmelhändler" und "Kameltreiber" bezeichnet hat, prüft die Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Volksverhetzung.

Freitag, 16.02.2018, 6:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 21.02.2018, 17:25 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Verunglimpfungen der Türkischen Gemeinde durch den sachsen-anhaltischen AfD-Chef André Poggenburg beschäftigen die Staatsanwaltschaft Dresden. Eine Privatperson habe Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden am Donnerstag: „Wir haben einen Prüfvorgang angelegt.“ Poggenburg genießt als Mitglied des Landtags in Magdeburg Immunität. Sollte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren aufnehmen wollen, müsste zunächst die Aufhebung der Immunität beantragt werden.

Eine Anzeige der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) lag bei der Staatsanwaltschaft Dresden am Donnerstag noch nicht vor. Diese hatte zuvor angekündigt, zunächst rechtliche Schritte zu prüfen. Poggenburg hatte einem Videomitschnitt seiner Rede zufolge beim politischen Aschermittwoch bei Pirna in Sachsen die Türkische Gemeinde in Deutschland diskreditiert und in diesem Zusammenhang von „Kümmelhändlern“ und „Kameltreibern“ gesprochen.

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Sofuoğlu: An Reden von Goebbels erinnert

Die Rede Poggenburgs löste scharfe Kritik und Empörung aus. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte auf die Frage eines Journalisten die Äußerungen mit deutlichen Worten. Es gebe Politiker, die eine „Maßlosigkeit in ihrer Sprache, Rücksichtslosigkeit und Hass in ihrer Haltung zu einer eigenen Strategie machen“, sagte Steinmeier am Rande seines Antrittsbesuchs in Sachsen-Anhalt in Halle. Er hoffe sehr darauf, dass diejenigen, „die sich in politische Verantwortung wählen lassen, in Parlamente und in Regierungen, sich ihres Vorbildcharakters bewusst sind und sich entsprechend verhalten“, mahnte Steinmeier.

Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, Gökay Sofuoğlu, bestätigte auf epd-Anfrage in Berlin, dass der Verein Juristen mit der Prüfung der strafrechtlichen Relevanz von Poggenburgs Aussagen vom Vortag beauftragt habe. Der Funke-Mediengruppe sagte Sofuoğlu, der Auftritt von Poggenburg habe ihn „an Reden von Joseph Goebbels erinnert“.

Özoğuz: AfD-Fundament ist braun

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz (SPD), kritisierte die Rede als verfassungsfeindlich. Die AfD habe das deutsche Brauchtum des Politischen Aschermittwochs nicht verstanden, sagte Özoğuz dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“. Die Rede beschäftige sich nicht mit dem politischen Gegner, sondern ziele darauf ab, Teile der Bevölkerung zu beschimpfen und Hass zu schüren: „Der bürgerliche Putz der AfD bröckelt immer stärker, ihr Fundament ist braun.“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, forderte die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. „Viele Funktionäre und Amtsträger in der AfD sind Rechtsradikale oder stehen rechtsradikalem Gedankengut nahe, das ist ganz eindeutig. Das reicht nach meinem Verständnis eindeutig, um eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz zu überprüfen“, sagte Kahrs der Online-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Poggenburg verteidigt seine Rede

Poggenburg selbst verteidigte seine Rede als „zugespitzte Politsatire“. Er verwies darauf, dass beim Politischen Aschermittwoch „gewöhnlich sehr pointiert gesprochen“ werde. „Ich habe hart und grob formuliert“, sagte er. Dies sei aber „allgemeiner gesellschaftlicher Konsens, dass zum Fasching, speziell zum Aschermittwoch, derbe und angreifende politische Reden gehalten werden“.

Der AfD-Politiker fügte hinzu, dass ihm eine direkte Beleidigung oder Herabsetzung anderer Nationalitäten völlig fern liege. Er habe nur die Kritik der Türkischen Gemeinde am geplanten Heimatministerium zurückweisen wollen. „Und ich wollte mit dem Blick in die jüngere türkische Geschichte, dem Völkermord an den Armeniern der von der Türkei bis heute geleugnet wird, aufzeigen, wie angreifbar die Argumentation der Türkischen Gemeinde ist.“ (epd/mig) Leitartikel Politik

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