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Unvollendetes Leben und ein Mythos

Vor 100 Jahren wurde John F. Kennedy geboren

John F. Kennedy fasziniert noch heute. Sein Charisma, sein "Ich bin ein Berliner", die Aufbruchstimmung. Nach nicht mal drei Jahren Amtszeit ermordete ihn ein Attentäter - die Verschwörungstheorien reißen bis heute nicht ab.

Von Konrad Ege Montag, 29.05.2017, 4:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.05.2017, 16:04 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

In Europa wütete der Erste Weltkrieg. In Russland wurde die Oktoberrevolution ausgerufen. Das war 1917. Das Jahr, in dem am 29. Mai in Brookline in Massachusetts John Fitzgerald Kennedy als Sohn einer Oberschichtfamilie geboren wurde – der spätere US-Präsident. Von diesem charismatischen John F. Kennedy sagen heute viele Menschen, er sei einer der besten Präsidenten des Landes gewesen. Er habe wieder Schwung gebracht in die Nation.

Sein Name steht für Aufbruch und Glanz – der „französische Kennedy“ wird in diesen Tagen etwa Emmanuel Macron genannt, Barack Obama war nach seiner ersten Wahl für viele der „neue Kennedy“.

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Zu Lebzeiten wurde „JFK“ freilich weniger verehrt. Sein Wahlsieg 1960 war hauchdünn: Der Demokrat Kennedy erhielt nur 113.000 Stimmen mehr als sein republikanischer Rivale Richard Nixon.

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Der politische Hoffnungsträger

Kennedy war mit 43 Jahren der jüngste gewählte US-Präsident. Er führte die Nation von Januar 1961 bis zu seiner Ermordung am 22. November 1963: Der politische Hoffnungsträger fuhr in einem Lincoln Continental Cabriolet durch Dallas in Texas, neben ihm seine Ehefrau Jackie, als Schüsse ihn am Kopf und im Nacken trafen. Der mutmaßliche Attentäter Lee Harvey Oswald wurde zwei Tage danach ermordet.

Der offizielle Untersuchungsbericht kam zum Schluss: Oswald sei ein Einzeltäter gewesen. Aber das wird vielerorts in den USA einfach nicht geglaubt. Man hätte gern einen gewichtigeren Täter als einen 24-jährigen Gelegenheitsarbeiter. In einer Umfrage am 50. Jahrestag des Attentats vor vier Jahren mutmaßten 61 Prozent der Befragten, Kennedy sei Opfer einer Verschwörung gewesen. Der Verdacht fiel unter anderem auf Fidel Castro und den Geheimdienst CIA.

Dutzend Konzerte und Veranstaltungen

Zu seinem 100. Geburtstag wird nun mit vielen Gedenkveranstaltungen an ihn erinnert. Ex-Präsident Barack Obama erklärte Anfang Mai in der Kennedy-Bibliothek in Boston, John F. Kennedy habe ihn geprägt: mit dem Gedanken, dass Politik eine „ehrwürdige Berufung“ sein könne, und mit der Idee, dass „das Versprechen von Amerika“ auch für die „früher einmal Ausgesperrten“ gelte. Kennedy habe „eine Generation inspiriert, darüber nachzudenken, wie man die Gesellschaft verbessern kann“, würdigte ihn der Direktor der JFK-Bibliothekstiftung, Steven Rothstein.

Im John F. Kennedy Center, der Top-Location für gehobene Kultur in der Hauptstadt Washington, gibt es in der Woche vor dem Jahrestag mehr als ein Dutzend Konzerte und Veranstaltungen. Das Zentrum wolle Werte hervorheben, die Kennedy personifiziert habe, darunter Mut, Freiheit und Gerechtigkeit, heißt es. Die Kennedy-Bibliothek eröffnet die Ausstellung „Meilensteine und Erinnerungsstücke“ mit Exponaten aus Kennedys Leben, darunter das Manuskript der Ansprache, die der Präsident in Dallas gehalten hätte.

Eine komplexe Figur

Der strahlende „Celebrity-Präsident“ trat das höchste Amt der Nation an nach dem Dienst in der US-Marine mit Kriegseinsatz im Pazifik, drei Amtsperioden als Kongressabgeordneter und acht Jahren als Senator von Massachusetts.

Als Präsident war er eine komplexe Figur. Kennedy gründete das Friedenskorps, mit dem Zehntausende junge Amerikaner Freiwilligendienst in Entwicklungsländern leisteten. Aber er war auch der „Vater“ der „Green-Berets“-Elitestreitkräfte, die in der Dritten Welt Counterinsurgency-Kriege gegen Befreiungsbewegungen führten. Und er war der Präsident, der den Vietnamkrieg eskalieren ließ und 1961 die – gescheiterte – Invasion in der Schweinebucht auf Kuba autorisierte, mit der Fidel Castro gestürzt werden sollte.

„Ich bin ein Berliner“

Im Westen Deutschlands bleibt Kennedys West-Berlin-Besuch vom 26. Juni 1963 in Erinnerung, mit dem legendären Ausspruch „Ich bin ein Berliner“ vor dem Schöneberger Rathaus. Die Visite war inszeniert als eines der spektakulärsten politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts, wie der Historiker Andreas Daum beschreibt.

John F. Kennedy war der bisher einzige römisch-katholische Präsident in den protestantisch geprägten USA. In der Politik aber „spreche ich nicht für meine Kirche, und meine Kirche spricht nicht für mich“, betonte er im Wahlkampf.

„Ein unvollendetes Leben“

JFK fasziniert noch heute. Beim Online-Händler Amazon gibt es rund 9.000 Buchtitel zu Kennedy. Der Historiker Robert Dallek hat seiner Biografie den Titel gegeben: „Ein unvollendetes Leben“. Der plötzliche Tod Kennedys habe die quälende Frage hinterlassen nach dem, „was hätte sein können“, schreibt er.

Ausgerechnet Donald Trump kann nun dazu beitragen, die eine oder andere Detailfrage rund um Kennedys Tod zu klären. Mehr als 3.000 amtliche Dokumente, sogenannte „files“, zum Attentat sind noch geheim. Laut dem Gesetz zum Kennedy-Material muss spätestens im Oktober 2017 alles veröffentlicht werden – es sei denn, der Präsident entscheidet, „der identifizierbare Schaden“ durch Freigabe überwiege gegenüber dem öffentlichen Interesse an den Dokumenten. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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