Sanktion
Koalition weiter uneins über Umgang mit Maghreb-Staaten
Die Diskussion in der großen Koalition über den Umgang mit abgelehnten Asylbewern dauert an. SPD will Sanktionen in der Entwicklungshilfe drohen, um nordafrikanische Länder unter Druck zu setzen. Entwicklungsminister Müller und Finanzminister Schäuble hingegen warnen vor Kürzungen von Geldern in die Region.
Montag, 16.01.2017, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 16.01.2017, 17:54 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In der Frage der Rückführung abgelehnter Asylbewerber bleibt der Umgang mit den Herkunftsstaaten innerhalb der Bundesregierung weiter umstritten. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) plädierten erneut dafür, die nordafrikanischen Länder unter Druck zu setzen, um sie zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber zu bewegen. Die beiden SPD-Politiker nannten in diesem Zusammenhang auch die Entwicklungshilfe. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) lehnt hingegen eine Kürzung der Hilfe für nordafrikanische Länder ab.
SPD-Chef Gabriel sagte am Sonntag im Interview der Woche des Deutschlandfunks: „Es kann nicht sein, dass die Bundesrepublik Deutschland in vielfältiger Weise diesen Staaten hilft, aber umgekehrt die ihre Staatsbürger nicht zurücknehmen.“ Die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien müssten bereit sein, mit Deutschland Verträge über eine schnellere Rückführung ihrer Staatsbürger zu schließen.
Maas: „Wer nicht kooperiert, muss mit Sanktionen rechnen“
Zugleich regte Gabriel an, Länder für eine bessere Zusammenarbeit zu belohnen: „Wenn sie helfen, mehr machen. Wenn sie nicht helfen, weniger machen!“ Wer sich bei der Rücknahme der eigenen Staatsbürger verweigere, müsse mit Sanktionen rechnen: „Da gibt es Möglichkeiten, was die Entwicklungszusammenarbeit angeht, da gibt es Möglichkeiten bei der Wirtschaft“, sagte der Bundeswirtschaftsminister.
Auch Maas drohte nicht kooperationsbereiten Herkunftsstaaten mit Konsequenzen: „Wer nicht kooperiert, muss mit Sanktionen rechnen“, sagte der Justizminister der „Welt am Sonntag“. „Dabei sollten wir von der Entwicklungshilfe, über die Wirtschaftsförderung bis zur Visa-Erteilung nichts ausschließen.“ Die Sicherheit der Menschen in Deutschland müsse im Vordergrund stehen. „Deshalb finde ich, dass wir den Druck erhöhen müssen“, sagte Maas.
Müller gegen Sanktionen
Fälle wie der des tunesischen Attentäters Anis Amri, dessen Abschiebung an der Mitwirkung des Herkunftslandes scheiterte, seien „ein unhaltbarer Zustand“, betonte Maas. Er halte es für richtig, zunächst zu versuchen, mit diesen Ländern zu kooperieren: „Das darf aber nicht dazu führen, dass wir dort als reine Bittsteller auftreten. Wir haben hier eine glasklare Interessenlage: Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, muss das Land auch verlassen.“
Entwicklungsminister Müller lehnte einen Ausstieg aus der Entwicklungszusammenarbeit mit den nordafrikanischen Staaten ab. Diese Länder nähmen selbst jedes Jahr Zehntausende Migranten auf und „fangen somit einen Teil des Drucks aus Sub-Sahara-Afrika ab“, sagte Müller dem Tagesspiegel. „Deshalb haben wir ein großes Interesse, dass sich diese Länder stabil entwickeln.“
Schäuble warnt vor Destabilisierung der Länder
Müller wies darauf hin, dass auch Tunesien oder Marokko großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit Deutschland hätten. Sein Ministerium wolle mit der Hilfe in diesen Ländern der Bevölkerung eine Perspektive geben. Müller kündigte an, in beiden Ländern jeweils ein Rückkehrzentrum aufzubauen: „Dort bekommen in Deutschland abgelehnte Asylbewerber ganz praktische Unterstützung für ihren Neustart in ihren Heimatländern.“
Zuvor hatten sich bereits Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und die großen Kirchen gegen die Streichung von Entwicklungshilfe für Staaten gewandt, die abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen. Die Folge wäre eine Destabilisierung der Länder und sogar eine stärkere Migration, erklärte am Freitag Prälat Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE). (epd/mig) Aktuell Politik
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