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"Eine herrische, grausame Jugend will ich"

Vor 80 Jahren wurde die Hitlerjugend zum staatlichen Jugendverband

Fahnen, Rituale, Uniform: Millionen Kinder waren während der NS-Zeit in der Hitlerjugend, es gab Gemeinschaft, Sport und Zeltlager. Dahinter steckten Prägung im Sinne der NS-Ideologie und eine paramilitärische Ausbildung: die Erziehung zum Soldaten.

Von Dirk Baas Donnerstag, 01.12.2016, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 01.12.2016, 20:37 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

„Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“: So umschrieb Adolf Hitler 1935 in Nürnberg sein Idealbild der deutschen Jugend. Als diese Sätze fielen, bestand die Hitlerjugend (HJ) schon fast zehn Jahre. Die NSDAP hatte früh einen Jugendverband gegründet, um die Mädchen und Jungen im eigenen Geist zu formen. Zunächst war der Eintritt freiwillig, aber mit dem Gesetz vom 1. Dezember 1936 wurde die HJ offiziell zur Staatsjugend. Zwei Jahre später hatte sie sieben Millionen Mitglieder.

„Meine Pädagogik ist hart“, hatte Hitler 1940 schwadroniert: „Das Schwache muss weggehämmert werden. (Es wird eine) Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich.“

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Um diesen kruden Erziehungsplan umzusetzen, musste jede Konkurrenz organisierter Jugendarbeit weichen. Deshalb verbot Reichsjugendführer Baldur von Schirach (1907-1974) bereits 1933 einen großen Teil konkurrierender Verbände, von der bündischen Jugend bis hin zu den Nachwuchsorganisationen der Parteien und Gewerkschaften. Einzig die christlichen Gruppen waren zeitweilig ausgenommen. „Die NSDAP ist nun die einzige Partei, so muss die HJ die einzige Jugendorganisation sein“, sagte Schirach.

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Doch die Überführung der Jugendlichen in die Reihen der HJ ließ sich oft nur gegen erhebliche Widerstände traditioneller Jugendorganisationen durchsetzen. Es dauerte Jahre, bis die Parteijugend ihre unangefochtene Vormachtstellung erreicht hatte. So wurde die Sportjugend offiziell erst 1936 gleichgeschaltet. Dennoch standen laut dem Historiker Arno Klönne zu Jahresbeginn 1938 noch immer 1,95 Millionen Jugendliche im Alter zwischen zehn und 18 Jahren nicht hinter der NS-Reichsjugendführung.

Im „Gesetz über die Hitlerjugend vom 1. Dezember 1936“ hieß es: „Die gesamte deutsche Jugend ist außer in Elternhaus und Schule in der Hitler-Jugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen.“ Dieser Allmachtsanspruch wurde durch die „Jugend-Dienstverordnung“ vom 25. März 1939 erweitert. Fortan war die HJ-Mitgliedschaft unumstößliche Pflicht.

„Zum einen verschaffte der NS-Staat der HJ eine Monopolstellung“, erläutert Historiker Klönne. „Zum anderen bemächtigte sich die Hitler-Jugend der Lebensformen, die zu Zeiten der Weimarer Republik von den Jugendverbänden anziehend gemacht worden waren: die von Jugendlichen selbst geführte Jugendgruppe abseits der Erwachsenengesellschaft.“ Dazu gehörten Gruppentreffen, Fahrt und Lager.

Die Hitlerjugend verschrieb sich nicht allein der ideologischen Schulung, die auf den überhöhten Idealen Willensstärke, Gefolgschaftstreue und Pflichterfüllung gründete. Auch die körperliche Fitness der Mädchen und Jungen sollte durch Sport verbessert werden, nicht zuletzt auch durch intensive paramilitärische Ausbildung.

Die organisierte Jugendarbeit kam bei vielen Jugendlichen gut an: „Natürlich war ich stolz darauf. Schließlich wollten wir alle zum Jungvolk in eine Gemeinschaft, die anders erschien – anders als es die Schule war“, schrieb der 1930 in Berlin geborene Wolfgang Pickert auf dem Internetportal „Lebendiges Museum“. „Es gab Heimabende, wo wir Lieder sangen, und wir machten an manchen Wochenenden Fahrten in das Umland, mit Spielen auf Pfadfinderebene sozusagen. (…) Dass wir in eine gewünschte ideologische Richtung gedreht wurden, merkten wir natürlich nicht.“

Werner Mork (Jahrgang 1921) aus Kronach, erinnerte sich auf dem Portal: „Das ganze militärische Drumherum wurde von uns gern mitgemacht.“ Und weiter: „Ganz besonders gefielen immer wieder die Geländespiele, die Geländeübungen und die tollen Zeltlager.“

Vorläufer der HJ war der 1922 in München gegründete und bereits ein Jahr später wieder verbotene „Jugendbund der NSDAP“. Die Gründung der HJ erfolgte am 4. Juli 1926 auf dem zweiten Parteitag der NSDAP in Weimar. Der weibliche Zweig war der 1930 entstandene Bund Deutscher Mädel (BDM), dessen Mitglieder ideologisch auf ihre Rolle als Frau und Mutter vorbereitet werden sollten.

Der Krieg warf zunehmend seine Schatten auch auf die HJ, in der die militärische Ausbildung mehr und mehr die Oberhand gewann. Schon Zwölfjährige lernten das Schießen mit Karabinern und später auch den Umgang mit der Panzerfaust. Die hohen Verluste an deutschen Soldaten versuchte die NS-Führung durch immer jüngere Kämpfer auszugleichen. Der Druck auf die 16-Jährigen stieg, sich freiwillig an die Front zu melden. Nach Schätzungen hatten sich bis zum Sommer und Herbst 1944 ungefähr 70 Prozent des Jahrgangs 1928 gemeldet. 60.000 bis 70.000 15- bis 17-Jährige fanden den Tod.

In den letzten Kriegsmonaten forderten die NS-Führer die Jugend auf, weiter zu kämpfen. Reichsjugendführer Artur Axmann am 28. März 1945: „Aus der Hitlerjugend ist die Bewegung der jungen Panzerbrecher entstanden (…) Es gibt nur Sieg oder Untergang.“ Anders als zahllose Soldaten warfen in den letzten Kriegstagen viele linientreue Kindersoldaten ihre Waffen nicht fort. Ihnen „blieb nur noch der selbstmörderische Untergang“, schrieb der Historiker Hermann Giesecke. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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  1. karakal sagt:

    „Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“. Mein Mutter, die diese Zeit miterlebt hatte, pflegte hinzufügen: „…und dumm wie Bohnenstroh.“

  2. Lutz Grubmüller sagt:

    Im deutschen Faschismus wurde eine ganze generation junger menschen belogen, politisch mißbraucht und im Krieg verheizt. Gauland und Seehofe spielen mit dem Feuer !