Trotz Trump
Wahlen sind nicht nur eine Chance für die Wütenden
...der 9. November 2016... in den USA. Ein weiteres deutliches Zeichen unserer Zeit, dass Angst und Wut in unseren Gesellschaften auf dem Vormarsch sind. Allerdings auf demokratische Art und Weise. Von John Kannamkulam
Von John Kannamkulam Montag, 14.11.2016, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 14.11.2016, 20:14 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Brexit. Das Ende der EU, wie wir sie kannten. Ergebnis eines Referendums durch Wählerinnen und Wähler. Die US-Wahl und der Wahlsieg von Donald Trump. Ergebnis einer Wahl durch Wählerinnen und Wähler. Der Wahlsieg hindu-nationalistischer Kräfte in der größten Demokratie der Welt (Ich spreche von Indien)… So könnte ich Land für Land weiter machen.
Weit und breit sehe ich noch keine globale gesellschaftlich-demokratische Kraft, die diese Bewegung aufhalten könnte. Rechtspopulisten und Extremisten hantieren mit Lügen, Fakten werden einfach über Bord geworfen. Sie haben einen enormen Erfolg damit und schaffen sich selbst globale Vorbilder. Mit ihrem Schüren der vorhandenen Angst und Wut, werden immer auch Rassismen, Abwertungen des Anderen und zu tiefst diskriminierende Ressentiments bedient – das auch noch in medialer Dauerschleife. Sie sind so wirksam, dass die lange sicher geglaubte Stabilität unserer demokratischen Gesellschaften bedrohen.
Bleiben wir dabei Zuschauer?
Ich bin zu tiefst zuversichtlich: Wenn Angst- oder Scharfmacher ins Amt gewählt werden können, dann können sie auch abgewählt werden. Also für mich kein Grund, einer möglichen eigenen Verunsicherung nachzugeben. Demokratische Wahlen sind für alle Wählerinnen und Wähler als Chance zu begreifen sich mit einem Minimum an Aufwand einzumischen.
Demokratische Wahlen sind nicht nur eine Chance für die Wütenden. Nicht nur für diejenigen, die gegen etwas sind, sondern auch für diejenigen, die für etwas sind. Bei allen Schwächen unseres politischen Systems.
Was macht mich außerdem zu tiefst zuversichtlich und eben nicht ängstlich: Menschen, die zusammenführen, die eine andere Sprache als die derzeitige Politik beherrschen. Menschen, die tagtäglich für Vielfalt, Zusammenhalt und für eine lebenswerte Zukunft arbeiten, ohne wirklich von der breiten Öffentlichkeit gesehen zu werden; sie sind da. Sie bilden das Herz einer jeden Demokratie in aller Welt. Meinungs- und Religionsfreiheit, Respekt, Achtung vor jedem Leben zeichnet sie aus.
Wenn Sie als einzelner Mensch sich nicht in der Lage sehen sollten, selbst aktiv zu werden gegen den derzeitigen Hass und die Spaltung, stärken sie diejenigen, die dies in ihrem Sinne tun und sprechen sie der aktiven demokratischen Zivilgesellschaft so oft wie möglich Mut zu. Unterstützen Sie sie. Es ist höchste Zeit dafür! Aktuell Meinung
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Ich möchte an dieser Stelle auf einen kognitiven Widerspruch bei Migazin hinweisen. Bei einer halbwegs widerspruchsfreien Haltung gelten Prinzipen universell. Doch bei Migazin kristallisiert sich zunehmend eine Prinzipienlosigkeit heraus, die der Volksmund als Heuchelei und Doppelmoral bezeichnet.
Die hohen Ansprüche, die Migazin in seinen Artikeln an die deutsche Gesellschaft und Politik anlegt, gelten noch für Trump aber keineswegs für Erdogan. Beispiel:
Nicht nur die deutsche sondern westliche Medien insgesamt berichteten unseriös, einseitig und tendenziös über Erdogan als auch Trump und deren Anhänger.
Migazin kritisierte scharf die deutsche Berichterstattung über Erdogan. Bei Trump dagegen reiht sich dieser Migazin-Artikel nahtlos in die Grundausrichtung der Mainstream-Berichterstattung ein. Das ist bemerkenswert, denn beide Trump als auch Erdogan genügen nicht den Ansprüchen, die Migazin an deutsche Politiker stellt. Nicht nur Trump steht für Hass und Spaltung, sondern auch Erdogan. Das sehen natürlich die Anhänger der jeweiligen Lager anders. Und das sieht vielleicht auch Migazin anders. Ist Migazin womöglich ein Anhänger des türkischen Trumps?
In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, dass dieser Trump-Artikel Narendra Modi in einer Reihe mit Trump und Brexit erwähnt aber mit keinem Wort Erdogan. Modi hat hier niemand auf dem Schirm, Erdogan dagegen schon. Unter Modi verschlechterten sich die menschenrechtlichen Bedingungen in Indien. Unter Erdogan wurden Grund- und Menschenrechte weitgehend abgeschafft.
Vertritt Migazin tatsächliche die Werte, die es von der deutschen Gesellschaft einfordert, dann fehlt Migazin die nötige Distanz zu Erdogan. Ich kann mir das nur dadurch erklären, dass Migazin tatsächlich den türkischen Trump unterstützt oder aber seine Hauptleserschaft nicht verprellen möchte. Wie auch immer, beides zeugt von einer untragbaren Prinzipienlosigkeit, die den eigenen Ansprüchen von Migazin im Weg stehen: Eine Brücke zwischen Deutschland und den Migranten zu bauen.