Lob und Kritik
Integrationsgesetz passiert Bundestag
Flüchtlinge fördern und fordern ist das Ziel des Integrationsgesetzes. Am Donnerstag verabschiedete es der Bundestag. Es verspricht mehr Angebote. Opposition und Verbände haben wegen ebenfalls enthaltener Verschärfungen Zweifel am Erfolg des Pakets.
Freitag, 08.07.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 13.07.2016, 18:04 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Flüchtlinge sollen künftig mehr Angebote zur Integration erhalten, gleichzeitig aber auch bei Verweigerung bestraft werden. Mit der Mehrheit der Koalition verabschiedete der Bundestag am Donnerstag kurz vor der Sommerpause das Integrationsgesetz. Schon an diesem Freitag soll das Gesetz auch den Bundesrat passieren. Die geplanten Sanktionen für Flüchtlinge, die trotz Verpflichtung Integrationskurse und Jobs nicht wahrnehmen, stießen bei der Opposition auf Widerspruch. Sie stimmte im Parlament gegen das Gesetz.
Konkret sieht das Gesetz von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ein Arbeitsmarktprogramm mit 100.000 gemeinnützigen Jobs für Flüchtlinge vor. Zudem sollen mehr Flüchtlinge Zugang zu Integrationskursen enthalten. Beides richtet sich aber nur an Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive. Antragsteller aus Ländern, für die Asylgesuche überwiegend abgelehnt werden, bekommen keine Angebote.
Leistungskürzungen
Zu den Maßnahmen können Flüchtlinge nach dem Gesetz auch verpflichtet werden. Nehmen sie Angebote dennoch nicht wahr, droht eine Kürzung der Sozialleistungen. Zu den Verschärfungen im Asylrecht zählt außerdem die umstrittene Wohnsitzauflage, die den Bundesländern ermöglicht, auch anerkannten Flüchtlingen einen Wohnort vorzuschreiben.
Erleichtert wird hingegen der Zugang zu Ausbildung, indem auch Asylbewerber künftig Hilfen bekommen kommen, und zum Arbeitsmarkt, indem die sogenannte Vorrangprüfung in Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit abgeschafft wird. Sie zwingt bislang zu einer Bevorzugung von Deutschen und EU-Bürgern bei der Stellenbesetzung.
Wohnsitzzwang unter Beschuss
Flüchtlinge in der Ausbildung sollen außerdem einen sicheren Aufenthaltsstatus erhalten. Er gilt für die Dauer der Ausbildung plus zwei weitere Jahre, wenn der Azubi übernommen wird. Eine Duldung für die Ausbildung soll hingegen von den Behörden nicht erteilt werden, wenn eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht. Der Daueraufenthaltsstatus für Flüchtlinge, der bislang in der Regel automatisch nach drei Jahren erteilt wird, wird künftig ähnlich wie bei anderen Ausländern an Bedingungen wie Deutschkenntnisse und Sicherung des Lebensunterhalts geknüpft.
Vor allem die Wohnsitzzuweisung stieß bei Opposition und Verbänden auf Kritik. Diakonie-Vorstandsmitglied Maria Loheide appellierte am Donnerstag an die Länder, die Auflage sparsam einzusetzen. „Soziale Netzwerke und familiäre Bindungen der Flüchtlinge sind wichtig für die Integration und dürfen nicht zerrissen werden“, sagte sie in Berlin. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) kündigte derweil in der Heilbronner Stimme bereits eine „strenge und konsequente“ Umsetzung an.
Unvereinbar mit Menschenwürde
Pro Asyl kritisierte die Sanktionen in Form von Leistungskürzungen. Dies sei unvereinbar mit dem menschenwürdigen Existenzminimum, erklärte die Organisation. Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann bezeichnete dies als „Neuauflage von Hartz IV“. Die Grünen-Abgeordnete Brigitte Pothmer verurteilte, dass Flüchtlinge in Arbeitsmaßnahmen nur 80 Cent statt der für Deutsche üblichen 1,05 Euro bekommen sollen.
Auch innerhalb der Bundesregierung gab es zuletzt kritische Töne. Die Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz (SPD) erklärte, man dürfe sich nicht nur auf Flüchtlinge mit guter Perspektive konzentrieren. Sie forderte Maßnahmen zur Erstorientierung. Das Bundesinnenministerium will dazu in der zweiten Jahreshälfte ein Pilotprojekt starten. Das sei zu wenig, sagte Özoğuz. (epd/mig) Leitartikel Politik
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