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Keine Perspektive in Deutschland

Viele irakische Flüchtlinge fliegen zurück in die Heimat

Enttäuschte Erwartungen und Sehnsucht nach der Familie - viele Flüchtlinge aus dem Irak treten die Heimkehr an, weil sie in Deutschland keine Perspektive sehen. In ihrer Heimat versuchen sie einen Neustart. Von Sebastian Drescher

Von Sebastian Drescher Montag, 09.05.2016, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 12.05.2016, 18:06 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Vor wenigen Monaten hat Dana Maghdeed Aziz noch in einer deutschen Asylunterkunft gelebt, jetzt baut er im Irak seine eigene Existenz auf. Er sei froh, wieder zurück zu sein, erzählt der der dürre Iraker. „Hier habe ich das Gefühl, dass mein Leben wieder eine Perspektive hat.“ In Deutschland sei das nicht der Fall gewesen.

Aziz gehört zur wachsenden Zahl von Flüchtlingen, die Deutschland freiwillig in Richtung Irak verlassen – rund 500 Rückkehrer zählt das Bundesamt für Migration und Flucht derzeit pro Monat. Wer sich die Rückreise nicht leisten kann, bekommt vom Bund das Flugticket und Reisegeld bezahlt. Dazu erhalten Ausreisewillige eine Starthilfe in Höhe von 750 Euro für Erwachsene und 250 Euro je Kind – organisiert wird die Hilfe von der Internationalen Organisation für Migration (IOM).

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Sandra Black vom IOM-Büro in Erbil im Nordirak hat derzeit häufig mit Rückkehrern zu tun: „Viele haben alles verkauft, um sich die Flucht zu finanzieren, und stehen jetzt mit leeren Händen da“, sagt sie. Ihre Organisation vergibt deshalb im Rahmen eines Re-Integrationsprogramms auch Stipendien für Ausbildungen und hilft bei Existenzgründungen.

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Auch Aziz wusste nicht, wie es weitergeht, als er im Februar ohne Geld und Aussicht auf Arbeit in Erbil ankam. Jetzt ist der 29-Jährige kurz davor, seinen eigenen Handyshop zu eröffnen. Den kleinen Verkaufsraum an einer großen Verkehrsstrasse hat der gelernte Handwerker selbst renoviert, demnächst erwartet er die erste Charge an neuen Smartphones und Zubehör. Er ist optimistisch, dass der Neustart gelingt: „Ich bin der einzige Händler hier in der Straße“, sagt Aziz.

Bevor ein Kandidat die Zusage für die Förderung erhält, werde geprüft, ob wirklich Bedarf bestehe und der Businessplan durchdacht sei, sagt Black. Gut 600 Rückkehrern hat IOM seit Anfang 2015 Zuschüsse gewährt. Meist sind daraus kleine Elektronik oder Kleiderläden entstanden, andere haben mit dem Geld einen Handwerksbetrieb oder eine Schafherde aufgebaut. Auch in den Flüchtlingslagern im Nordirak gibt es inzwischen Rückkehrer, die mit der Hilfe von IOM ein Geschäft gestartet haben. „Wir versuchen die Leute dort einzugliedern, wo sie vor ihrer Flucht gelebt haben“, erklärt Black. Vorausgesetzt, die jeweilige Region sei sicher.

Das Geld dafür kommt aus Deutschland und wird von lokalen Mitarbeitern von IOM vergeben. Bis zu 5.000 Euro erhalten Rückkehrer aus Deutschland – ähnlich viel habe er damals für die Schlepper aufbringen müssen, erzählt Aziz. 2014 hatte er den Irak aus Furcht vor den vorrückenden Terroristen des Islamischen Staates verlassen. Er wollte nach Deutschland, einen guten Job finden und möglichst bald seine Familie nachholen. Erst hing er sechs Monate in der Türkei fest, dann musste er ein Jahr in Deutschland warten, bis er seinen Asylantrag stellen konnte. Als das Amt ihm mitteilte, dass die Prüfung bis zu drei Jahren dauern könne, verließ ihn die Geduld. „Das war zu viel Zeit ohne meine Frau und meine Söhne“, erzählt er.

Die Sehnsucht nach der Familie und falsche Erwartungen seien die häufigsten Gründe für die Rückreise, meint Black. Damit anderen die Enttäuschungen erspart bleiben, will die Organisation im Irak künftig stärker über die Gefahren der Flucht und die Aufnahmebedingungen in den Zielländern aufklären. Denn das Wissen über die Asylregelungen in Europa ist einer Umfrage der Organisation unter irakischen Flüchtlingen zufolge oft gering. Aufklärungsarbeit in den Gemeinden und eine Fernsehkampagne sollen jetzt Abhilfe schaffen. In einem der Videos der Kampagne, die demnächst starten soll, warnt ein Rückkehrer: „Ich schwöre euch bei Gott, Iraker, verlasst euer Land nicht. Es wird euch nichts bringen“. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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