Arbeitgebertag

Arbeitgeber wollen Flüchtlinge beschäftigen – ohne Mindestlohn

Auf dem diesjährigen Arbeitgebertag war die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt eines der großen Themen. Die Arbeitgeber wollen mehr tun und fordern Unterstützung von Politik. In der Diskussion standen auch Ausnahmen beim Mindestlohn für Flüchtlinge.

Von Bettina Markmeyer Mittwoch, 25.11.2015, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.11.2015, 16:52 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Auf dem diesjährigen Arbeitgebertag in Berlin standen – wie überall – die Herausforderungen durch die Flüchtlinge im Fokus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eröffnete ihre Rede am Dienstag in Berlin mit dem Hinweis, auch der wirtschaftliche Fortschritt eines Landes sei ein Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Menschen, die in ihrer Heimat eine Perspektive sähen, müssten nicht fliehen.

Merkel dankte den Arbeitgebern für ihr Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen und bot weitere Gespräche über die Rahmenbedingungen an. Sie wisse, dass die Unternehmen mit den gegenwärtigen Regelungen noch nicht zufrieden seien. „Ich hoffe, es ist besser geworden, ich wage nicht zu hoffen, dass es gut ist“, sagte sie.

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Die Arbeitgeber verlangen ein Bleiberecht für Flüchtlinge in und direkt nach der Ausbildung. Auf die Forderung Merkels vom Wochenende, die Unternehmen sollten Praktika für Flüchtlinge anbieten, hatte die Bundesvereinigung der Deutschen Abreitgeberverbände erklärt, um junge Flüchtlinge auf eine Ausbildung vorzubereiten, seien Jahrespraktika notwendig. Dafür sollte es Firmen erlaubt werden, einen Stundenlohn unterhalb des Mindestlohns von 8,50 Euro zu zahlen.

Die Unternehmen sendeten ihrerseits die Botschaft an die Politik, dass sie bereit seien, „Flüchtlinge in großer Zahl auszubilden, zu qualifizieren und zu beschäftigen“, so der wiedergewählte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer zum Auftakt des Treffens, zu dem auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gekommen war. Die Arbeitgeber fordern, dass Politik und Verwaltung die Voraussetzungen für die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitmarkt schaffen. Kramer nannte an erster Stelle Sprachkurse sowie den Abbau von Hürden für Flüchtlinge bei der Arbeitssuche, wie etwa der Vorrangprüfung.

Die Arbeitgeber halten weiterhin auch Ausnahmeregelungen für notwendig – aber nicht allein für Flüchtlinge. Kramer wandte sich wie zuvor schon DIHK-Präsident Eric Schweitzer dagegen, Arbeitnehmer mit geringen Chancen auf dem Jobmarkt gegeneinander auszuspielen: „Bei der Bezahlung darf die Herkunft eines Menschen keine Rolle spielen.“

Stattdessen sollten die Ausnahmen für Langzeitarbeitslose auf Flüchtlinge angewendet werden, forderte Kramer und machte sich dafür stark, sie auf ein Jahr auszuweiten. Langzeitarbeitslose können bei ihrer Neueinstellung im ersten halben Jahr unterhalb des Mindestlohns von 8,50 Euro beschäftigt werden.

Frank-Jürgen Weise in seiner Doppelfunktion als Chef der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bemühte sich, die Unternehmerschaft davon zu überzeugen, dass er nach der Bundesagentur auch das Bundesamt für Migration auf Vordermann bringen wird: „Die Arbeitsabläufe sind gruselig“, sagte Weise, die Bearbeitungszeiten noch viel zu lang.

Der oberste Arbeitsvermittler geht gegenwärtig von 350.000 Flüchtlingen mit einer langfristigen Bleibeperspektive aus, von denen 70 Prozent erwerbsfähig seien. Ein geringer Teil von zehn Prozent Hochqualifizierten mit Englischkenntnissen sei schnell zu vermitteln, sagte er. Realistischerweise müsse man aber davon ausgehen, dass 50 Prozent der Flüchtlinge nach fünf Jahren und nach zehn Jahren kaum mehr als 70 Prozent in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. „Wir haben eine schwierige Lage“, sagte Weise, „aber wir können anpacken.“ Arbeit sei zentral für die Integration.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) beschwor in Anwesenheit seines französischen Amtskollegen Emmanuel Macron die europäische Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise. „Wenn wir die offenen Grenzen erhalten wollen, die auch Voraussetzungen für wirtschaftlichen Wohlstand sind, dann müssen wir die Außengrenzen schützen“, sagte er. Dies sei eine gesamteuropäische Aufgabe, bei der Deutschland und Frankreich vorangehen sollten. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft

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