In Weissach
„Das waren Leute, die die Flüchtlinge nicht mögen.“
Es ist Montag – und noch ist er unschuldig. Nach dem Frühstück überfliege ich kurz Twitter und da erscheint plötzlich die Nachricht, dass es gebrannt hat: Im schwäbischen Weissach im Tal ist heute Morgen ein Haus in Flammen aufgegangen, das als Flüchtlingsunterkunft geplant war.
Von Martin Gommel Dienstag, 25.08.2015, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 27.11.2016, 16:58 Uhr Lesedauer: 5 Minuten |
Nach kurzem Hin-und-Her-Überlegen entscheide ich mich für den Besuch des Tatortes, packe meine Kamera ein und fahre los. Da ich noch nicht wirklich informiert bin, höre ich unterwegs Nachrichten, um wenigstens eine leise Ahnung davon zu haben, was mich erwarten wird.
Die 7000-Seelen-Gemeinde ist relativ klein und unterschiedlichste Häuser, die nicht wirklich zueinander passen reihen sich durch die Hauptstraße. Es kommt so gar kein Gefühl von Idylle auf, vielleicht auch deshalb, weil es immer noch brennt in Weissach.
Nachdem ich die große Absperrung entdeckt und den Qualm eines entfernten Hauses gerochen habe, parke ich ein und mache mich auf den Weg. Es fängt an zu regnen. Wie passend.
Hinter der Absperrung passiere ich einen Aldi mit Großparkplatz, der von Schaulustigen und schockiert herinblickenden Herren übersät ist. Vor dem noch brennenden Haus angelangt, werde ich von einem jungen Feuerwehrmann beschimpft, ich solle mich schleunigst verziehen.
An seinen Kollegen vorbei laufe ich offen auf ihn zu, zeige ihm meinen Presseausweis und frage ihn freundlich nach dem Problem. Nachdem ihm scheinbar nichts mehr einfällt, mache ich mich an die Arbeit und fotografiere ein Haus, das seit 5 Uhr in Flammen steht.
Vor Ort sind gefühlte 50 Feuerwehr-Männer (eine Frau habe ich nicht erblicken dürfen) und 30 Polizist*innen und bis jetzt: Keine Fotograf*innen. Es riecht nach Qualm und der Anblick des Asylheimes, das keines wurde ist alles andere als erfreulich.
Nachdem mich erneut ein Feuerwehrmann von der Arbeit abhalten will, mache ich kehrt und schaue mich das verkohlte Haus von hinten an und bekomme Gesellschaft. Ein Nachbar und ein älterer Herr fragen mich nach meinem Auftraggeber.
Ich frage zurück und erkundige mich, was die beiden zu dem Vorfall denken. „Dass das Haus abgebrannt ist? Stört mich nicht. Es stört mich nicht, wenn das Haus da ist, und es stört mich nicht, wenn es weg ist.“ Ich frage ihn, ob er etwas dagegen gehabt hätte, wenn dort Flüchtlinge eingezogen wären. „Nein, ich habe ja auch keinen Widerspruch eingelegt. Ich war keiner von denen, die sich da gewehrt haben.“
Vor 14 Tagen hätte es vor Ort eine Veranstaltung über die zukünftige Erstaufnahmestelle (irgendwo anders) gegeben, wirft der ältere Begleiter ein. „Da waren 200 Mann, 200 Mann!“, aber die Unterkunft hier vor Ort wäre da kein Diskussionspunkt gewesen. Es habe sich auch niemand dagegen gewehrt. „Da waren ja schon mal Asylanten drin…“
Was mir immer wieder auffällt ist, dass manche Feuerwehrleute heute besonders gut gelaunt sind. Ich kenne die Gepflogenheiten bei der Feuerwehr nicht, vielleicht sind diese Herren einfach froh, etwas zu tun zu haben, aber es kommt mir unpassend vor. Während ich meine Objektive wechsele, höre ich unfreiwillig die Begeisterung, die einer der Herren mit seinen Kollegen teil: Gesellschaft Leitartikel Meinung
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Ich oute mich gleich als Einwohner von Weissach im Teil und finde es schockierend, wie hier alles verallgemeinert wird. Wenn man diesen Artikel liest steht Weissach als Fremdenfeindlich wie sonst noch was da, aber schaut euch mal die andere Seite an: Nach dem Brand haben sich über 500 Leute versammelt für eine Mahnwache, um den Flüchtlingen zu zeigen, dass sie willkommen sind. Und sowieso, Weissach nimmt fast 200 Flüchtlinge auf, sogar teilweise privat, was bei 700 Einwohnern nicht gerade wenig ist. Und wer hat überhaupt gesagt, dass die anderen gebrannten Häuser auch Brandstiftung waren? Ich kenne das Gelände, es steht seit fast 10 Jahren leer und so lange ist der erste Brand auch schon her.