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Asylstraße © dierk schaefer auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Gutachten

Deutsches Asylsystem ist ineffektiv

In Deutschland stauen sich derzeit 238.000 unerledigte Asylanträge. Das sind einem aktuellen Gutachten zufolge mehr als in allen anderen EU-Ländern zusammen. Allein im ersten Halbjahr 2015 ist der Bearbeitungsstau laut Gutachten um 40 Prozent angewachsen.

Montag, 03.08.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 03.08.2015, 16:33 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg stauen sich nach einem Gutachten im Auftrag des Mediendienstes Integration derzeit 238.000 unerledigte Asylanträge. Das seien mehr als in allen anderen EU-Ländern zusammen, heißt es in der am Freitag in Berlin veröffentlichten Analyse. Allein im ersten Halbjahr 2015 sei der Bearbeitungsstau um 40 Prozent angewachsen. Seit 2008 sei die Zahl der unerledigten Asylanträge um das 13-fache gestiegen.

Der Autor der Studie, der Münsteraner Migrationsforscher Dietrich Thränhardt, spricht von einem „offensichtlich ineffizienten System“, an dem in Deutschland festgehalten werde, während einige Nachbarländer derzeit ihre Verfahren straffen und effektiver gestalten würden. So werde in den Niederlanden die Entscheidung über einen Asylantrag in 80 Prozent der Fälle innerhalb einer Woche gefällt, bei aktuellen Wartezeiten von zwei Monaten. In der Schweiz werden Asylanträge aus sicheren Herkunftsstaaten in einem 48-stündigen Schnellverfahren behandelt, um die Anreize zu senken.

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In Deutschland dauere die durchschnittliche Bearbeitung dagegen derzeit fünf Monate. „Konkret heißt das: Bei manchen Asylsuchenden wird die Entscheidung schneller getroffen, in anderen Fällen bleiben Asylbewerber über ein Jahr oder länger in der Ungewissheit darüber, ob sie in Deutschland bleiben dürfen oder nicht“, so Thränhardt.

Verantwortlich für die Ineffizienz des deutschen Bearbeitungssystem seien neben der personellen Unterbesetzung des Bundesamtes der Vorrang der Widerrufsverfahren und die Dublin-Regelung. Die seit 2005 gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsprüfung erfordert, jeden anerkannten Asylbewerber nach drei Jahren routinemäßig erneut zu überprüfen. Nur in den wenigsten Fällen komme es dadurch zur Aufhebung des Flüchtlings-Status, so Thränhardt. Von rund 16.000 Verfahren im vergangenen Jahr führten weniger als fünf Prozent zum Widerruf.

Auch die Dublin-Verfahren, wonach Erstanträge nur in dem EU-Land gestellt werden dürfen, welches zuerst betreten wurde, belasteten das Bundesamt ungemein. Etwa jeder fünfte Erstantrag sei 2014 ein „Dublin-Fall“ gewesen. Das Bundesamt musste über 35.000 Rückstellungen in andere EU-Länder beantragen. In lediglich knapp 5.000 Fällen (14 Prozent) kam es dann tatsächlich dazu. „Auch hier stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse den Aufwand rechtfertigen“, so der Migrationsexperte. (epd/mig) Aktuell Politik

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