In der Falle

Damit Flüchtlinge nicht kommen, kooperiert die EU mit Diktaturen

Um Flüchtlinge abzuhalten, arbeitet die Europäischen Union mit Diktaturen zusammen. Flüchtlinge werden teilweise mit Gewalt daran gehindert, sich auf den Weg nach Europa zu machen. In Eritrea etwa gilt Flucht als Hochverrat und wird schwer bestraft. An der Grenze wird sogar scharf geschossen.

Montag, 27.07.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.07.2015, 17:10 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Menschenrechtler haben die geplante Zusammenarbeit der Europäischen Union mit diktatorischen Staaten in Ostafrika zur Bekämpfung von Fluchtursachen kritisiert. „Wie kann es sein, dass die EU darüber nachdenkt, diese – teilweise für schwere Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen verantwortlichen – Regierungen dabei zu unterstützen, die vor den Gräueln fliehenden Menschen an der Flucht zu hindern?“, sagte Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, am Freitag in Berlin.

In den Verhandlungen zum sogenannten Khartum-Prozess sei Transparenz dringend nötig. „In Eritrea wird Flucht als Hochverrat bestraft und an der Grenze wird scharf auf Flüchtlinge geschossen“, betonte Çalışkan. Im Sudan und Südsudan herrschten bewaffnete Konflikte, und vier Millionen Menschen litten unter einer humanitären Katastrophe. „Sollte die EU jetzt diese Staaten dabei unterstützen, ihre Grenzen zu schließen, sitzen die Menschen dort in der Falle“, warnte sie.

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Die Europäische Union indes bekräftigte ihre Bereitschaft zu langfristigen Kooperationen und Partnerschaften zu Migration und Mobilität mit Staaten, aus denen Flüchtlinge nach Europa kommen. „Zu diesem Ziel und in diesem Kontext haben die EU und Länder am Horn von Afrika eine Rahmenkooperation namens Khartum-Prozess vereinbart“, teilte EU-Sprecherin Natasha Bertaud dem Evangelischen Pressedienst in Brüssel mit. Der Beschluss sei auf einer Ministerkonferenz im November 2014 in Rom gefallen.

Zum Steuerungskomitee des Khartum-Prozesess gehören demnach die fünf EU-Staaten Italien, Malta, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Auf afrikanischer Seite sind das Ägypten, Äthiopien, Eritrea, der Sudan und der Südsudan.

Als Ziele nannte die EU-Sprecherin, Menschenhandel und Schleusertum einzudämmen. „Menschenhandel ist ein schwerwiegendes Verbrechen und eine Verletzung der Menschenrechte des Opfers“, sagte Bertaud. Kooperation bei der Verfolgung von Schleppern und der Zerschlagung ihrer Netzwerke sei von höchster Priorität. „Zugleich bleibt es ein zentrales Anliegen aller Beteiligten, Opfern zu helfen sowie gestrandeten und hilflosen Migranten beizustehen“, unterstrich Bertaud.

Die Bundesregierung hatte das Vorgehen verteidigt. Die aktuelle Flüchtlingskrise sei nur mit einem breit angelegten Maßnahmenpaket und in Zusammenarbeit mit Transit- und Herkunftsländern zu bewältigen, erklärte das Entwicklungsministerium. Nach einem Bericht des ARD-Magazins Monitor ist die Ausbildung von Polizisten und Justizbeamten afrikanischer Staaten mit Hilfe der EU an der Polizeiakademie in Kairo geplant. Für sudanesische Beamte seien Schulungen im „Migrationsmanagement“ vorgesehen, im Südsudan solle das „Grenzmanagement“ verbessert werden.

Die EU-Kommission betonte laut Monitor, dies bedeute keine politische Legitimation dieser Länder. Europa sei sich „der Tatsache bewusst, dass wir es dabei mit autoritären Regimen zu tun haben, mit Diktaturen“, wird der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, zitiert. „Wir konfrontieren sie nur mit ihrer Verantwortung.“ (epd/mig) Aktuell Politik

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