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Aus für die Herdprämie

CSU-Betreuungsgeld ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Verfassungswidrigkeit bescheinigt. CSU-Chef Seehofer will an seinem "Betreuungsgeld" trotzdem festhalten. Umstritten ist, welchen Effekt das Betreuungsgeld auf die Integration von Kindern hat, deren Muttersprache nicht deutsch ist.

Mittwoch, 22.07.2015, 8:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 22.07.2015, 20:35 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Das Bundesverfassungsgericht hat das im Volksmund auch als „Herprämie“ bezeichnete Betreuungsgeld gekippt – der politische Streit ist damit aber nicht zu Ende. Die Karlsruher Richter erklärten die gesetzlichen Bestimmungen am Dienstag für verfassungswidrig. Der Bund hätte das vor zwei Jahren eingeführte Betreuungsgeld wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz nicht beschließen dürfen, hieß es zur Begründung. Zuständig seien allein die Länder. Damit erhielt das Land Hamburg mit seiner Normenkontrollklage recht. (AZ: 1 BvF 2/13)

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte das Urteil. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hält weiter am Betreuungsgeld fest. Es war vor allem auf Drängen der CSU im August 2013 eingeführt worden. Die SPD lehnt das Betreuungsgeld ab, trug es in der großen Koalition aber mit.

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SPD für mehr Qualität in Kitas
Das Betreuungsgeld ist die wohl umstrittenste staatliche Familienleistung: Es steht Eltern zu, die ihr Kleinkind nicht in einer staatlich geförderten Kita oder Tagespflege betreuen lassen. Sie erhalten dafür monatlich 150 Euro. Der Anspruch gilt für Kinder zwischen dem 15. und 36. Lebensmonat.

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Die SPD will die nun frei werdenden Mittel von 900 Millionen Euro im Jahr vor allem in die qualitative Verbesserung der Kinderbetreuung stecken. Dafür sprachen sich Schwesig aus sowie die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Carola Reimann und Hubertus Heil. Zustimmung dafür kam von der überwältigenden Mehrheit der Familien- und Sozialverbände sowie dem Deutschen Städtetag, von den Arbeitgebern und dem DGB.

Schwesig versichert Vertrauennsschutz
Den Familien, die das Betreuungsgeld erhalten, sicherte Schwesig zugleich Vertrauensschutz zu. Sie sollen das Geld weiterhin bekommen. Das gilt auch für Familien, deren Antrag bereits positiv entschieden worden ist. Nach dem Gerichtsurteil vom Dienstag können aber ab sofort keine neuen Anträge mehr gestellt werden.

Schwesig kündigte an, sie wolle am 13. August mit den Familienpolitikern der Koalition über das weitere Vorgehen beraten. Die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Nadine Schön und der familienpolitische Sprecher Marcus Weinberg (beide CDU) bedauerten das Karlsruher Urteil. Viele der gut 450.000 Eltern, die das Betreuungsgeld beziehen, seien dringend auf diese Leistung angewiesen. Das Gericht habe allein formal entschieden, aber keine Wertung vorgenommen, ob es richtig sei, die Erziehungsleistung von Eltern finanziell anzuerkennen, betonten die Unionspolitiker.

Bund ohne Zuständigkeit
Das Bundesverfassungsgericht kippte das Betreuungsgeld wegen fehlender gesetzgeberischer Zuständigkeit des Bundes. Das Betreuungsgeld falle in den Bereich der „öffentlichen Fürsorge“. Der Bund sei hier nur dann zuständig, wenn die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“, sagte der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof.

Das Betreuungsgeld diene aber nicht der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Ob es genügend Kita-Plätze gebe oder nicht, spiele keine Rolle. Allein der politische Wille, die Erziehungsleistung von Eltern anzuerkennen, „kann niemals eine Erforderlichkeit zur bundesgesetzlichen Regelung begründen“, sagte Kirchhof bei der Urteilsverkündung.

Bayern will Bund weiter zahlen lassen
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) garantierte unmittelbar nach der Urteilsverkündung eine Fortführung der Familienleistung im Freistaat: „Dieses Betreuungsgeld wird es weiterhin geben“, sagte er bei der Kabinettsklausur am Tegernsee. Auf die Forderung der Bayern, der Bund müsse dies weiterhin finanzieren, erklärte Schwesigs Staatssekretär Ralf Kleindiek in Karlsruhe hingegen, der Bund habe „nach dem Urteil keine Möglichkeit, ein Landesbetreuungsgeld zu finanzieren“.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hatte beim Fernsehsender n-tv erklärt, die Fortführung des Betreuungsgeldes sei im Koalitionsvertrag fixiert. Es gehe „jetzt nur um Zuständigkeiten“. Deswegen erwarte Bayern vom Bund, dass die Bundesmittel für die Familienleistung auf die Länder verteilt werde.

Pro-Contra Migrationshintergrund
Kritiker bemängeln am Betreuungsgeld, es halte Kinder mit Migrationshintergrund von einer Kita-Besuch ab und hindere die Integration. Eltern würden das Geld nehmen, anstatt ihr Kind in einen Kindergarten zu schicken. Dem wiederum wird entgegengehalten, dass das Betreuungsgeld nur für Kinder bis drei Jahren gezahlt werde. Ein Kind könne auch nach dem dritten Lebensjahr noch Deutsch lernen, sofern er einen Kita-Platz bekomme. Daher sei das Betreuungsgeld beim Kita-Ausbau viel besser angelegt.

Insgesamt gibt es 455.000 Betreuungsgeld-Bezieher, knapp 80.000 davon haben einen ausländischen Pass. Nicht klar ist, wie viele Einwandererfamilien mit deutscher Staatsbürgerschaft das Betreuungsgeld beantragt haben.

Das Gerichtsverfahren ins Rollen gebracht hatte das Land Hamburg. Die Verfassungsklage war von Schwesigs Staatssekretär Kleindiek, der damals noch Staatsrat in der Hamburger Behörde für Justiz und Gleichstellung war, mit vorbereitet worden. (epd/mig) Aktuell Recht

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