Wuppertal
Letzte Ruhestätte mit Blick nach Mekka
Erstmals sollen auf einem Gelände Friedhöfe der drei großen monotheistischen Weltreligionen zusammenkommen - Christentum, Judentum und Islam. Die ersten beiden sind bereits vorhanden, ein muslimisches Friedhof soll nun dazukommen.
Von Michael Bosse Donnerstag, 28.05.2015, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 28.05.2015, 16:47 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Noch sieht das künftige Friedhofsgelände wie unberührtes Naturschutzgebiet aus: Büsche und Gras wachsen an dem Hang in die Höhe, in einem Bereich des Areals steht noch ein Mauerrest, durch das Gelände zieht sich ein trockener Bachlauf. Einige Meter weiter steht ein Zaun, hinter dem ein jüdischer Friedhof liegt. Sich an dieser Stelle einen muslimischen Friedhof vorzustellen, erfordert schon etwas Fantasie.
Auf dem Gelände des evangelischen Friedhofs Varresbeck, der am Rande eines großes Waldgebietes abseits der Stadt liegt, soll nach einem jüdischen nun auch ein muslimischer Friedhof entstehen. Es ist der deutschlandweit erste, der unter Trägerschaft eines muslimischen Verbandes steht. Zudem wären erstmals auf einem Gelände Friedhöfe der drei großen monotheistischen Weltreligionen – Christentum, Islam und Judentum – vereinigt.
Samir Bouaissa, Generalsekretär der Wuppertaler Moscheen, und Mustafa Temizer, Vorsitzender des Trägervereins „Muslimische Friedhöfe Wuppertal“, freuen sich, dass der Friedhof nach Diskussionen mit der Landesregierung eingerichtet werden kann. Im Sommer 2014 hatte die rot-grüne Koalition das Bestattungsgesetz in Nordrhein-Westfalen novelliert. Dadurch wurde es möglich, dass neben Kirchen und Kommunen auch Religionsgemeinschaften Friedhöfe betreiben. Bislang gab es schon auf dem städtischen Friedhof im Wuppertaler Stadtteil Ronsdorf ein Gräberfeld für Muslime. „Doch da wird der Platz langsam knapp“, sagt Bouaissa.
Auf dem künftigen muslimischen Friedhof in Varresbeck sollen nach jetziger Planung etwa 3.000 Gräber entstehen. Anders als auf christlichen Friedhöfen soll dort das sogenannte Ewigkeitsrecht gelten – das heißt: die Gräber dürfen nicht nach 25 Jahren aufgelöst werden. Zudem sollen die Toten mit Blick Richtung Mekka und ohne Sarg beigesetzt werden. „Die Gräber sollen schlicht gehalten bleiben. Wir wollen zeigen, dass alle vor Gott gleich sind“, erklärt Bouaissa.
Für den Vorsitzenden des Trägervereins schließt sich jetzt der Kreis. „Seit Ende der 90er Jahre ist für viele Familien mit Migrationshintergrund Deutschland die Heimat geworden“, sagt Temizer. In der zweiten oder dritten Generation wollten sich Angehörige von Zuwandererfamilien nicht mehr in der „alten Heimat“ beerdigen lassen, sondern lieber dort, wo sie und ihre Familien leben. Deshalb seien die Planungen für den muslimischen Friedhof auch ein wichtiges Zeichen für die Integration.
Das Grundstück verkauft der Gemeindeverband der evangelischen Gemeinden in Elberfeld für knapp 200.000 Euro an den muslimischen Trägerverband. Damit das Grundstück für diesen Preis den Besitzer wechseln kann, unterstützt der Kirchenkreis Wuppertal die evangelischen Gemeinden finanziell. „Der muslimische Friedhof ist für uns ein ganz wichtiges Zeichen“, sagt Superintendentin Ilka Federschmidt. Alle drei Religionen, die dort Friedhöfe unterhalten werden, glaubten an die Wiederauferstehung. Zudem könnten Friedhöfe auch „als Orte des Lebens und der Begegnung“ zu einem besseren Verständnis des Nachbarn führen.
Bis die ersten Muslime auf dem Gelände beerdigt werden, wird es aber noch dauern. Derzeit sind Gutachten zur Bodenqualität und zur Artenvielfalt auf dem Areal geplant, zudem wird noch ein Landschaftsarchitekt gesucht, der den Friedhof gestaltet. „Wir hoffen, dass im Frühjahr 2016 die ersten Arbeiten starten, im selben Jahr könnten dann auch die ersten Beerdigungen hier stattfinden“, hofft Bouaissa. (epd/mig) Aktuell Feuilleton
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