Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Rasse, Fremdenfeindlichkeit
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UN Anti Rassismus Tag

Wie Rassismus schon im Kindergarten gefördert wird

Seit dem Jahr 1966 wird am 21. März der Internationale Tag zur Überwindung von Rassendiskriminierung begangen. Trotz der erreichten Fortschritte besteht Rassismus in vielfacher Weise fort und beginnt schon in der Kita. Von Çigdem Deniz Sert

Von Freitag, 20.03.2015, 10:36 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 27.04.2015, 16:54 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Rassismus lernen schon die Jüngsten unserer Gesellschaft. Kinder, die nicht als „natürliche“ Mitglieder der deutschen Nation betrachtet werden, erhalten gleich zu Beginn ihres Lebens, und zwar spätestens bei der Aufnahme in die Kita, den Stempel „Migrationshintergrund“. Beruhigend ist es allerdings, zu wissen, dass laut Statistischem Bundesamt von der Definition „Migrationshintergrund“ lediglich die 1.-3. Generation der Migranten erfasst wird. Immerhin!

Keinen Anlass, sich beruhigt zurückzulehnen, bietet allerdings der alltägliche Rassismus, den man nicht nur auf der Straße, auf dem Spielplatz oder in den Kitas erlebt. Auch wenn es fast wie eine Anekdote klingt, die mit „damals….“ beginnen könnte, kommt es noch immer vor, dass man für seine so guten Deutschkenntnisse gelobt wird. Viele Erzieher freuen sich zudem, wenn der Name des Kindes nicht zu kompliziert ist.

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Ebenso kritisch zu betrachten ist die Zusammensetzung des Personals in den Kitas. Auch wenn ein bedeutend hoher Prozentsatz der Kinder, die in die Kitas gehen, einen sogenannten Migrationshintergrund aufweisen, trifft dies keineswegs auf die Erzieher zu. Unter den gegebenen Umständen wird den Kindern durch die Zusammensetzung der Erzieher eine vermeintlich homogene Normalität suggeriert.

Um es den Kindern und den Eltern aber möglichst „heimisch“ zu machen, bieten einige Kitas, aber auch Schulen „interkulturelle Tage“ an. An diesen Tagen dürfen die Kinder Kulinarisches aus ihrer „Heimat“ mitbringen. Auf diese Weise kommen sich alle näher, lernen sich besser kennen und die Kinder erhalten möglicherweise ein Stück „Heimatgefühl“. Dass hinter derartigen Projekten keine bösen, gar rassistischen Absichten stecken, will ich nicht bezweifeln. In der Regel sind sie sogar gut gemeint. Beängstigend ist aber zu sehen, wie normal Rassismus ist.

Es darf nicht verkannt werden, dass genau solche gut gemeinten Projekte Rassismus produzieren und diesen zur Normalität werden lassen. Denn an diesen Tagen lernen die Kinder vor allem eines: Es gibt „uns“ und „die Anderen“. Die Grenzen werden zwischen Nationen und ihren vermeintlich homogenen Kulturen gezogen. Unterschiede aus nationalstaatlicher Perspektive werden fixiert. So lernen alle, dass die Unterschiede in ihrer Gesellschaft vor allem zwischen den unterschiedlichen Nationen, die in der deutschen Kita vertreten sind, verlaufen.

Noch bizarrer wird der Alltag der Kinder, wenn sie jeweils ihre Nationalflaggen malen müssen. Möglicherweise tun sie dies auch gerne und lernen es sogar zuhause. Aber das sollte Bildungseinrichtungen und gerade Kitas erst recht dazu veranlassen, Kinder zumindest in ihren Einrichtungen von solchen Denkweisen fernzuhalten.

In ähnlicher Weise wird die Realität der Migrationsgesellschaft in den gängigsten Kinderbüchern verzerrt dargestellt. Die Kinder haben in der Regel Namen wie „Ole, Lena, Tim und Paul“. Selten bis kaum anzutreffen sind Namen wie „Sinan, Belal, Ronas oder Piotr“. Sicherlich gibt es auch Kinderbücher, in denen die Migrationsgesellschaft wiederzufinden ist. Aber dies stellt eben keine Normalität dar, sondern ist vereinzelt zu finden. Das Problem des Alltagsrassismus ist vor allem, dass eine verzerrte Realität vorgelebt und als Normalität vermittelt wird.

Kinder kennen keinen Rassismus. Außerhalb jeglicher Kategorie wie „Nation“ und „Kultur“, nehmen sie ihre Welt wahr. Der Rassismus wird in ihre Welt hineingetragen – institutionalisiert, von Kitajahren an. Aktuell Meinung

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  1. Kang sagt:

    Ich bin selbst Deutscher mit Migrationshintergrund. Ihr Artikel ist ein Beispiel dafür wie man als Migrant eben nicht denken sollte. Und zwar weinerlich und paranoid. Gehen wir mal die Punkte durch. 1) Was hat ein gut auszusprechender Name mit Rassismus zu tun? Es ist die schlichte Freude über einen einfach auszusprechenden Namen. 2) Was kann eine Kita dafür wenn Migranten sich nicht für den Beruf des Erziehers interessieren und somit es einfach viel mehr Deutsche gibt? 3) Thema „interkultureller Tag“: Sie schmeissen Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund in einen Topf. Anders wäre es nicht zu erklären dass sie es befremdlich finden dass ausländische Kinder ihr Essen aus der Heimat und ihre Heimatflagge vorstellen sollen. Ihr Menschenbild geht von einem assimilierten Migranten aus der sich möglichst wenig mit der Kultur seines Heimatlandes zu beschäftigen hat. 4) Warum soll es so schlimm sein Kindern zu erklären dass es verschiedene Länder und Kulturen gibt? Die Realität ist, dass man in der zweiten und dritten Generation immer noch zu Teilen die Kultur des Heimatlandes der Eltern pflegt. Es ist also Fakt dass man irgendwie anders ist was man aber völlig entspannt sehen kann wenn man es nicht von Anfang als was Böses darstellt. So unsouveräne Migranten wie Sie die bei allem Rassismus schreien gehen gar nicht, weil dadurch die Gefahr besteht echten Rassismus dann auch nicht mehr ernst zu nehmen. So eine Attitüde ist ein Bärendienst für die Integration!

  2. TaiFei sagt:

    „Die Realität ist, dass man in der zweiten und dritten Generation immer noch zu Teilen die Kultur des Heimatlandes der Eltern pflegt.“
    Sie merken aber schon noch, was Sie schreiben? Mal davon abgesehen scheint es mir etwas vermessen hier von DER Realität für alle auszugehen.

  3. Otto W sagt:

    Pizza ist und bleibt italienisches Essen. Sauerbraten ist deutsch. Döner ist türkisch usw. usf. Dieser Artikel will nicht versteckten Rassismus aufdecken, sondern deckt ganz im Gegenteil die Rassismen des Autors ggü. deutschen Kitas auf. Touché, mein Lieber!

  4. Kang sagt:

    @TaiFei: Ich sag ja bewusst „in Teilen“. Bei mir beträgt dieser Teil vielleicht 10-20%. Es ist aber völlig unrealistisch man wäre zu 100% von den Wurzeln abgekoppelt. Das verlangt die deutsche Gesellschaft ja auch nicht mal. Wie unmenschlich wäre es wenn man von Migranten Assimilation verlangt würde. Kurz: Macht Euch mal locker und steht zu Eurem Anderssein! Es macht uns zu etwas Besonderem! Positiv aufgenommen kann eine Persönlichkeit die durch verschiedene Kulturen nur gewinnbringend sein und zwar in allen Bereichen!

  5. aloo masala sagt:

    Warum lautet die Überschrift nicht gleich: Wie Genozid schon im Kindergarten gefördert wird?

    Es gibt gängige und allgemein akzeptierte Definitionen von Rassismus (siehe UN, siehe Albert Memmi), die im wesentlichen einen gemeinsamen Kern besitzen, so wie es eine akzeptierte Definition von Genozid gibt.

    Die Autorin gehört zu der Gruppe der Vorurteilsexperten, die schon Vorurteile gegen Ausländer mit Rassismus gleichsetzen. Wozu gibt es überhaupt Begriffe wie Vorurteil und Rassismus? Wozu gibt es Begriffe wie Massaker und Genozid? Um zu differenzieren. Es ist wichtig, dass man in der Lage ist Dinge einzuordnen; dass man in der Lage ist, zwischen den wirklich krassen Verbrechen in der Menschheitsgeschichte und den eher alltäglichen Verbrechen zu unterscheiden.

    Die Autorin möchte keine Differenzierung und wirft Menschen mit Vorurteilen in einem Topf mit Rassisten wie Hitler und Goebbels. Das nennt man dann intellektuell und lässt sich prima in Blättern wie Migazin veröffentlichen. Tatsächlich kommt hier eine ignorante und menschenfeindliche Grundhaltung gegenüber einfachen Bürgern zum Ausdruck, so als ob der Adel über den Pöbel schreibt.

  6. Matti Illoinen sagt:

    Alleine an den wenigen Kommentaren zeigt sich, dass es um beschönigen, relativieren oder leugnen geht. Der sog. „Rassismus“ ist ja schon durch die Stigmatisierung mit dem „Gastarbeiter“ verbunden, hier beinhaltet ja schon das Wort, Ausgrenzung. Die Mehrheitsgesellschaft wollte von Anfang an keine Einwanderung, deshalb wurden diese auch als „Gastarbeiter“ bezeichnet. Ich glaube einfach viele Deutsche verzeihen den „Gastarbeitern“ nicht, dass sich die Mehrheit bestens integriert hat. Ich selbst bin seit den 70ziger Jahren mit einer Ausländerin verheiratet, der man nicht gleich am Äußeren ansehen konnte keine „Deutsche“ zu sein. Trotzdem habe mich von meiner „Familie“ Verwandten und sog. Freunden wegen vielen widerlichen Äußerungen getrennt. Ganz zu schweigen bei den Behörden, für die ich mich noch heute schäme, wie mit meiner Frau umgegangen wurde und wird. Man wird immer egal, ob man besser integriert ist als Deutsche, oftmals auch besser Deutsch sprechen können als Einheimische, bei Kindergarten, Schule, Berufen und Wohnungssuche diskriminiert. Wer etwas anderes behauptet, hatte entweder wirklich großes Glück, oder leugnet diese Fakten. Alleine seit dem Fall der Mauer gab es mehr als 170 Opfer rechter Ideologien wieder in Deutschland, Alleine im Jahre 2016 gab es mehr als 3000 Angriffe auf Flüchtlingsheime und Flüchtlingen in diesem Land. Wer das beschönigt oder leugnet, macht das Geschäft der Rechten: „Eine Philosophie von Viehzüchtern, angewandt am Menschen“

  7. Ochljuff sagt:

    Wieso es rassistisch sein soll, wenn Kinder etwas aus ihrer „Heimat“ zu essen mitbringen, erschließt sich mir nicht? Integration/Inklusion bedeutet doch, ihre/seine Kultur mitzubringen/mitbringen zu dürfen, sich auch für Andere zu interessieren. Gerade über eine solche Veranstaltung ist das doch nett möglich, da es eben nicht spezifisch auf Nationalitäten/Herkunft zielt (da darf bestimmt JEDES Kind Spätzle, Maultaschen mitbringen, wenn es ‚die Heimat‘ im Schwabenland verortet, oder was auch immer), es findet kein „Othering“ statt, wie wenn dieses über Länderabende o.ä. gemacht würde (zumindest, wenn es halbwegs vernünftig gemacht wird und im Gegensatz zu den anderen beschriebenen Veranstaltungen mit dem Nationalitätsflaggenmalen).
    Soll das Ihrer Meinung nach komplett ausgeblendet werden? Gleichwertigkeit ist wichtig, und keine Abgrenzung aufgr. von Herkunft/Aussehen o.ä., aber das heißt doch nicht, dass Kinder/Menschen nicht unterschiedlich sein dürfen – Gleichheit muss in den Chancen der Kinder, nicht in den Kindern hergestellt werden!

    Insofern: Darstellung von Vielfalt, auch andere Namen von Kindern in den Kinderbüchern sind wichtig. Das zu wenig Personen mit Migrationshintergund Erzieher*innen sind, finde ich ebenfalls bedenklich. Allerdings: wo Sie die ganzen Erzieher haben, wundert es mich. Bei uns fehlt es fast gänzlich an Erziehern, es gibt fast ausschließlich Erzieherinnen – da fehlt es den Kindern (und das setzt sich meines Wissens in der Grundschule fort) auch an ganz anderen Bezugsgruppen (z.B. Männern, oder Akademiker*innen – wenn es überhaupt genügend Personal gibt – und wenn dieses dann noch gut qualifiziert ist, bin ich schon heilfroh). Sollte vielleicht auch etwas an der Bezahlung/Aufwertung des Berufsbildes geschraubt werden, damit hier genügend gute Personen gefunden werden.