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Im Knast © astuecker auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Regierungspläne zu Abschiebungen

Opposition kritisiert „Inhaftierungsprgramm“

Die Pläne des Bundesinnenministeriums zur Verschärfung des Abschieberechts stößt auf Kritik. Als Unverhältnismäßig kritisierten Oppositionsparteien das Vorhaben. Derweil drängt Bayern, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten um Kosovo, Albanien und Montenegro zu ergänzen.

Montag, 09.03.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.03.2015, 17:44 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Pläne von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Reform des Abschieberechts stoßen bei mehreren Fraktionen im Bundestag auf Kritik. Bei der ersten Beratung des Gesetzespakets kritisierten Vertreter der Oppositionsparteien Die Linke und Grüne die vorgesehenen Regelungen zur Inhaftierung von Flüchtlingen als unverhältnismäßig. Auch die SPD, die das Vorhaben grundsätzlich mitträgt, forderte Korrekturen. De Maizière verteidigte seine Pläne. Damit werde europäisches Recht umgesetzt. „Jede Polemik dagegen ist blanker Unsinn“, sagte er.

Der Innenminister sagte in seiner Rede vor dem Parlament, das derzeit geltende Gesetz zur Durchsetzung von Ausreisen sei durch europäisches Recht und Rechtsprechungen so durchlöchert, dass es nicht mehr anwendbar sei. Diese Vollzugsdefizite müssten abgebaut werden, auch um die Akzeptanz für Asylsuchende in der Bevölkerung zu erhalten.

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Mit dem neuen Gesetz sollen die Grundregeln für Ausweisungen und Abschiebungen geändert werden. Künftig soll das Bleibeinteresse des Ausländers gegen das Ausweisungsinteresse des Staates abgewogen werden. Zur Durchsetzung von Abschiebungen definiert das Gesetz Gründe für die Annahme einer Fluchtgefahr, die eine Inhaftierung rechtfertigen. Zudem soll ein auf maximal vier Tage befristeter Ausreisegewahrsam neu eingeführt werden.

Linke: regelrechtes Inhaftierungsprogramm
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, kritisierte, de Maizière lege ein „regelrechtes Inhaftierungsprogramm für Asylsuchende“ auf. Sie verwies auf die Regelung, wonach die Einreise über einen anderen EU-Staat oder die Bezahlung eines Schleusers künftig als Fluchtgründe gelten sollen, die eine Haft rechtfertigen. Anders sei es Flüchtlingen praktisch kaum möglich, nach Deutschland zu kommen. „Vom Himmel können die Flüchtlinge nicht fallen“, sagte Jelpke. Ähnlich äußerte sich die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg. Der Ansatz im Gesetz sei zynisch, sagte sie.

Auch beim Koalitionspartner SPD gibt es offenbar Bedenken gegen die weit gefassten Inhaftierungsgründe. Das Ausweisungsrecht müsse dringend geändert werden, sagte der Abgeordnete Rüdiger Veit. Bei ihm gebe es allerdings Zweifel, ob das mit dem vorliegenden Entwurf so gut gelungen ist. Er sprach sich für Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren aus.

Begrüßt wurde indes fraktionsübergreifend der zweite Teil des Gesetzespaktes, der lange in Deutschland lebenden Ausländern mit unsicherem Aufenthaltsstatus ein Bleiberecht ermöglichen soll. Stichtagsunabhängig sollen Geduldete demnach eine Perspektive bekommen, wenn sie seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben und ihren Lebensunterhalt sichern können. Für Jugendliche und junge Erwachsene reicht ein Aufenthalt von vier Jahren. Der Gesetzentwurf wird nun in den Ausschüssen des Bundestags beraten. Für den 23. März ist eine öffentliche Anhörung geplant.

Bayern für weitere „sichere Herkunftsstaaten“
Am Freitag beschäftigte sich auch der Bundesrat in Berlin mit dem Asylrecht. Bayern brachte in der Länderkammer eine Initiative ein, mit der vor dem Hintergrund steigender Zahlen von Asylbewerbern aus dem Kosovo drei weitere Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden sollen. Der Freistaat will die Liste um Kosovo, Albanien und Montenegro ergänzen. Asylbewerber von dort könnten dann leichter abgelehnt und schneller abgeschoben werden.

Allerdings hat die Einstufung eines Landes als „sicherer Herkunftsstaat“ offenbar keinen großen Einfluss auf die Entwicklung der Asylbewerberzahlen. Das geht nach einem Bericht der Rheinischen Post aus einer ersten Bilanz der Bundesregierung zu den Erfahrungen mit Migranten aus dem Westbalkan hervor. Auch nach der Einstufung von Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsländer im November kämen nach wie vor viele Asylbewerber aus diesen Ländern nach Deutschland.

„Sichere Herkunftsstaaten“ ohne Einfluss
So seien von Mazedoniern im November 950, im Dezember 689 und im Januar 919 Asylanträge gestellt worden, zitiert die Zeitung aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen. Von Serben hätten die Behörden im November 3.570, im Dezember 3.369 und im Januar 3.328 Anträge verzeichnet.

Im vergangenen Jahr gab es einen heftigen Streit um die Einstufung von Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als sicher. Ein erneutes Vorhaben in der Richtung hatte das Bundesinnenministerium bislang eher skeptisch kommentiert. (epd/mig) Aktuell Politik

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