Kein Moscheeasyl in Deutschland

Muslime setzen auf andere Hilfen für Flüchtlinge

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Schutz in Kirchen finden, ist angestiegen. Viele dieser Flüchtlinge sind Muslime. Dennoch ist in Deutschland kein Fall von Moscheeasyl bekannt. Die Gründe sind vielfältig.

Von Andreas Gorzewski Montag, 23.02.2015, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 26.02.2015, 17:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Mit den gestiegenen Flüchtlingszahlen hat auch das Kirchenasyl wieder an Bedeutung gewonnen. Derzeit sind bundesweit 200 Kirchen beteiligt, vor einem Jahr waren es noch 45. Unter den Hilfesuchenden sind viele Muslime, die vor Not und Krieg flohen. Ob sie auch in Moscheen hierzulande Zuflucht finden könnten, ist zweifelhaft. Vertreter der großen Religionsgemeinschaften, die alle ihren Sitz in Köln haben, schließen das zwar nicht völlig aus, sind aber sehr zurückhaltend. Bislang ist in Deutschland kein Moscheeasyl bekannt.

In Glinde bei Hamburg hatte zwar im Frühjahr 2013 ein Moscheeverein zwölf Flüchtlinge aus Afrika für einige Wochen aufgenommen. Nach Ansicht von Pastorin Dietlind Jochims, Vorsitzende der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche, entsprach der Fall jedoch keinem Kirchenasyl.

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Der Aufenthalt der Flüchtlinge dort war den Behörden laut Jochims nicht gemeldet, was bei einem Kirchenasyl immer geschehe. Ein Mitglied des Moscheevorstands in Glinde betont, dass der Verein ursprünglich nur einige Tage Notunterkunft gewähren wollte. Erst später sei die Öffentlichkeit informiert worden.

Kirchenasyl ist kein gesetzlich geregelter Schutz, sondern findet in einer rechtlichen Grauzone statt. Evangelische und katholische Gemeinden entschließen sich bisweilen dazu, wenn sie ernste Zweifel haben, dass abgelehnte Asylbewerber gefahrlos in ihre Ursprungsländer zurückkehren können. Das Kirchenasyl soll helfen, Zeit für eine erneute Überprüfung einer Abschiebung zu gewinnen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte sich zuletzt mehrfach in scharfer Form gegen das Kirchenasyl gewandt. Wie die islamische Scharia könnten sich auch Kirchen nicht über Gesetze stellen. Dagegen betonen die Kirchen, dass sie lediglich aus christlicher Überzeugung in Einzelfällen und auf dem Boden des geltenden Rechts humanitäre Härten verhindern.

Nach den Worten von Zekeriya Altuğ von der Türkisch-Islamischen Union (Ditib) gibt es im Islam institutionell kein Asyl in Moscheen. Er halte es aber grundsätzlich für denkbar, dass ein Moscheevorstand Schutzsuchende vorübergehend aufnimmt.

Das müsste als humanitäre Hilfe jedoch gut begründet sein, erklärt der Ditib-Abteilungsleiter für Außenbeziehungen. Es dürfte nicht darum gehen, Menschen dem Zugriff des Rechtsstaats zu entziehen: „Konfrontativ geht das nicht“, betont Altuğ. „Unsere Aufgabe ist es nicht, rechtsstaatliche Autorität in Frage zu stellen.“ Vielmehr wäre das Ziel eines Moscheeasyls, mit den Verantwortlichen eine Lösung für Menschen in Not zu finden.

Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, schließt nicht generell aus, dass einzelne Moscheevereine Asylsuchende beherbergen könnten. Mazyek betont aber stattdessen lieber, dass die islamischen Gemeinden auf andere Art Hilfe leisteten. Sie betreuten vielerorts Flüchtlinge, böten Sprachkurse an und seien bei der Suche nach Unterkünften behilflich.

Für den Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Erol Pürlü, ist die Hilfe für Asylsuchende im Islam eine religiöse Pflicht. Diese Hilfe werde von Einzelpersonen oder Institutionen geleistet. Die Moschee sei aber „nicht der Ort, an dem Flüchtlinge aufgenommen werden“, meint Pürlü.

Wie Behörden auf ein Moscheeasyl reagieren würden, ist unklar. Ein muslimischer Verbandsvertreter, der nicht genannt werden will, bezweifelt, dass die Polizei bei Moscheen ähnlich zurückhaltend wäre wie bei Kirchen.

Die Rahmenbedingungen für verfasste Kirchen und Moscheen sind verschieden. Zum einen unterscheiden sich die Strukturen: Ein Presbyterium, ein Gemeinderat oder ein Pfarrer sind klar erkennbare Vertreter. Gegenüber islamischen Gemeinden und Verbänden herrscht dagegen Unsicherheit.

„Für staatliche Behörden wäre es schwieriger zu wissen, mit wem man es zu tun hat“, sagt die evangelische Theologin Jochims von der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche. „Es gibt kein gewachsenes Verständnis zwischen Moscheegemeinden und staatlichen Behörden, was diese Art von Flüchtlingsschutz betrifft.“ (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel

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