Demographischer Wandel

Deutschland braucht jährlich Einwanderung von 340.000 Menschen

Der Demographische Wandel ist im vollen Gange. Doch was lässt sich gegen die Alterung der Gesellschaft tun? Der Forscher Eckart Bomsdorf hat sich mit diesem Thema beschäftigt und kommt zu einem klaren Ergebnis.

Von Dirk Baas Mittwoch, 10.12.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 19.01.2016, 9:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Die Bevölkerungszahl sinkt, die deutsche Bevölkerung altert schnell. Aufzuhalten sei dieser Trend nicht mehr, sagte Eckart Bomsdorf, Professor am Institut für Ökonometrie und Statistik der Universität Köln: „Selbst die aktuell hohe Zuwanderung kann das Problem nicht lösen. Deutschland braucht dauerhaft mehr Zuwanderung, um seinen Bevölkerungsumfang aufrechtzuerhalten.“

Die sinkende Bevölkerungszahl sei noch zu verkraften. Für weit mehr Schwierigkeiten sorge dagegen, dass sich die Altersstruktur negativ verändere: „Hoffen wir, dass wir länger leben und auch länger gesund bleiben. Um längeres Arbeiten kommen wir dabei nicht herum“, sagte Bomsdorf.

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Er stützt seine Prognosen auf eine aktuelle Untersuchung. Erstmals wurden darin Bevölkerungsvorausberechnungen bis 2060 vorgenommen. Sie basieren auf dem Zensus 2011 und der Bevölkerungsstruktur von Ende 2013.

Dem Experten zufolge wird sich die Einwohnerzahl Deutschlands bis 2035 vermutlich nicht stark verändern. Aber ihre Altersstruktur kippe bereits in den nächsten zwanzig Jahren: „Das liegt vor allem an der Babyboomer-Generation, die selbst nur wenige Kinder hat.“ Während die deutsche Bevölkerung von heute nahezu 81 Millionen Menschen bis 2035 nur um etwa 2 Millionen zurückgehe, schrumpfe die Bevölkerung im Alter von 20 bis 65 Jahren im selben Zeitraum um 8 Millionen auf 42 Millionen Personen.

Das mache sich insbesondere auf dem Arbeitsmarkt und bei der Rentenversicherung bemerkbar. „Aber auch bei der Pflege- und der Krankenversicherung werden die Auswirkungen nicht gering sein“, warnte der Professor.

Nur wenn dauerhaft jährlich rund 340.000 Menschen mehr nach Deutschland zu- als abwanderten, könnte der Bevölkerungsumfang bis 2060 mit kleinen Schwankungen auf dem heutigen Niveau gehalten werden. „Das besagt aber keineswegs, dass die Altersstruktur verbessert wird. Dazu kommt es auf die Altersstruktur der Zuwanderer an.“ Für eine Zuwanderung in diesem Ausmaß sei eine gewaltige Integrationsleistung erforderlich. Diese Aufgabe „wird leider meistens unterschätzt“.

Von einem Umsteuern in der Flüchtlingspolitik, die heute meist abschreckenden Charakter habe, riet Bomsdorf ausdrücklich ab: „Ich halte nichts davon, die Flüchtlingspolitik mit der Zuwanderungspolitik zu verknüpfen.“ Die Aufnahme vor allem von Kriegsflüchtlingen sei eine humanitäre Aufgabe, die nicht nach den Kriterien einer gezielten Einwanderung erfolgen dürfe. „Wenn sie den negativen Auswirkungen des demografischen Wandels entgegenwirkt, umso besser.“ (epd/mig) Aktuell Gesellschaft

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  1. Baldur sagt:

    Die Zuwanderung von Menschen per se bringt nichts, da sie ja auch eine entsprechende Produktivität mitbringen müssen. Ein „Mehr“ hat an sich keinen Wert. Das sieht man ja an Frankreich. Dort hat man eine enorme Jugendarbeitslosigkeit, die nichts anderes ist als ein Jungrentnertum.

    Eine Zuwanderung in den Sozialstaat dürfte in letzter Konsequenz gut qualifizierte Migranten abschrecken, so dass die Gefahr eines Teufelskreislaufes besteht. Je mehr Alte und Funktionslose desto höhere Steuern und Abgaben, je höhere Steuern und Abgaben desto weniger Kinder. Je weniger Kinder desto höhere Pro-Kopfbelastung desto weniger Kinder. Je höhere Steuern und Abgaben desto weniger Anreiz für qualifizierte Migranten zuzuwandern, desto größere Anreize für qualifizierte Einheimische auszuwandern. Je mehr Funktionslose desto mehr Arbeitsmarktreformen, je mehr Arbeitsmarktreformen, desto schlechterer Lohn, je schlechterer Lohn, desto weniger Kinder. Dass irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem es „game over“ heißt, ist doch klar. Pro Generation nimmt die Zahl der jungen Deutschen (und Migranten) um ein Drittel ab. Die Zuwanderung als Heilmittel schafft hier bestenfalls nur einen ganz minimalen, aufs Ganze gesehen unerheblichen Ausgleich. Die einzige Lösung besteht in der drastischen Kürzung der Renten und Sozialbeiträge (minus 30, 40%). Dass das politisch nicht umsetzbar ist, ist natürlich klar. Fazit: Deutschland schafft sich mit oder ohne Zuwanderung ab, da es die hier ansässige gut qualifizierte „Jugend“ nicht als wertvollste Ware betrachtet, über die es verfügt.

  2. surviver sagt:

    Tja, woran liegt das wohl?
    Wieso will denn keiner mehr Kinder kriegen?
    Warum gibt es darüber mal keine Live-Talkshow mit Frau Merkel und Eva Herman als Gäste?
    Das wäre doch mal der Hit .
    Gerhard Schröder wäre als Gast in Sachen „was machen wir in Sachen Russlandpolitik und Einwanderung von qualifizierten Fachkräften falsch“ auch ein interessanter Talkgast, oder?

  3. Tai Fei sagt:

    „Er stützt seine Prognosen auf eine aktuelle Untersuchung. Erstmals wurden darin Bevölkerungsvorausberechnungen bis 2060 vorgenommen. Sie basieren auf dem Zensus 2011 und der Bevölkerungsstruktur von Ende 2013.“
    Allein dieser Absatz sagt doch schon alles über die Blödsinnigkeit solcher Berechnungen aus. Was wäre wohl passiert, wenn dieser „schlaue“ Professor seine Berechnung nicht 2014 sondern 1914 durchgeführt hätte?

  4. Jochen sagt:

    @Tei Fei offensichtlich ist der Mangel an ausgebildeten jungen Leuten, gerade in den Großstädten. Das sollte zu denken geben.
    @surviver Die Frage ist nicht, „was machen wir falsch“, sondern „warum geht das aus der Sache nicht so, wie wir es uns wünschen?“

  5. Tai Fei sagt:

    Jochen sagt: 11. Dezember 2014 um 11:29
    „@Tei Fei offensichtlich ist der Mangel an ausgebildeten jungen Leuten, gerade in den Großstädten“
    Das „offenstichtlich“ will sich mir nicht so ganz erschließen.