Israelis wollen nach Berlin

Auswanderung wegen billigem Schokopudding

Eine Facebook-Aktion erzürnt die israelische Regierung. Die Mitlgieder der Gruppe "Olim leBerlin" zeigen auf Facebook am Beispiel des Schokopuddings, wie viel billiger es sich in Berlin leben lässt. Daraufhin werden sie von Israels Finanzminister Yair Lapid als „Antizionisten" beschimpft.

Von Susanne Knaul Freitag, 10.10.2014, 8:23 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 13.10.2014, 20:29 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Ein Aufruf zur Auswanderung ausgerechnet nach Berlin sorgt in Israel für Aufregung. In dem auf Facebook veröffentlichten Appell werden die Lebensmittelpreise in israelischen und Berliner Läden verglichen. Was ein Schokopudding mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat, erscheint nicht auf den ersten Blick ersichtlich. In Israel jedoch ist das eine klare Sache: Denn dort kostet ein „Milky“, wie das Synonym für Schokoladenpudding mit Sahne genannt wird, doppelt so viel wie in Berlin – in manchen Geschäften sogar noch mehr.

Und damit steht der Milky nicht alleine da: Mit vielen anderen Lebensmitteln verhält es sich genauso. So war die Preiserhöhung für Hüttenkäse vor drei Jahren Auslöser der Massenkundgebungen für soziale Gerechtigkeit in Israel. Diesmal könnte es ein Schokopudding sein.

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Die Facebook-Gruppe Olim leBerlin, was frei übersetzt „Wir emigrieren nach Berlin“ bedeutet, lockt mit diesen Preisvergleich Israels zum Auswandern aus der teuren Heimat. Die Israelis, die schon in Berlin sind, versprechen Hilfestellungen bei Bürokratie und Aufenthaltsgenehmigung. Israels Finanzminister Yair Lapid von der Zukunftspartei zürnt über die Facebook-Aktion. Die Drahtzieher der Kampagne schimpft er „Antizionisten“.

Die mehrere tausend Israelis, die bereits in Berlin leben, dürfte dies schwerlich treffen. Denn lang ist es her, dass Auswanderer nach Deutschland ganz unten auf der gesellschaftlichen Hierarchie in Israel angesiedelt waren. Berlin ist angesagt, vor allem unter Israelis, die nicht von Ideologien getrieben werden. Weder der stockende Friedensprozess, noch die Sorge vor Kriegseinsätzen motiviert sie dazu, die Heimat zu verlassen. „Wir fliehen vor den unmöglich hohen Lebenshaltungskosten“, heißt es auf der Facebook-Seite. „Hier haben wir keine Zukunft.“

Die Sozialproteste des Sommers 2011 haben kaum Spuren hinterlassen. Selbst Finanzminister Yair Lapid räumt ein, dass die hohen Miet- und Lebensmittelkosten unerträglich seien. Auch der Politiker schwamm bei seinem politischen Aufstieg auf der Welle der Sozialproteste. Derzeit hat Lapid jedoch mit sinkenden Popularitätsraten zu kämpfen, denn seine anfänglichen Versprechungen entpuppten sich mehr und mehr als heiße Luft. Eine Preisbindung für Milchprodukte schlägt der frühere TV-Moderator vor, anstatt die hohen Einfuhrzölle zu streichen. Dann könnte der Wettbewerb dafür sorgen, dass Schokopudding in Tel Aviv nicht mehr kostet als in Berlin. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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