Burkaverbot

Zur Geselligkeit verpflichtet

Mein Pass ist eigentlich gar nicht mein Pass. Ich bin es, den er identifiziert. Aber er gehört mir nicht. Genauso mein Gesicht. Auch es gehört mir nicht. Oder doch? Maximilian Steinbeis kommentiert das Urteil des Menschengerichtshofs zum Burkaverbot.

Von Donnerstag, 14.08.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.12.2015, 12:34 Uhr Lesedauer: 6 Minuten  |  

Mein Pass ist eigentlich gar nicht mein Pass. Ich bin es zwar, in dessen Tasche oder Schublade er steckt. Ich bin es, den er identifiziert. Aber er gehört mir nicht. Ein kleiner unauffälliger Satz auf der letzten Seite klärt mich auf: „Dieser Reisepass ist Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.“ Das gleiche gilt, wenn man der Logik des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg folgt, auch für einen Teil meines Körpers. Der Teil, der mich als ich kennzeichnet, der mich erkennbar macht, mit dem ich spreche, sehe und höre, das Inter-Face zwischen mir und der Gesellschaft: mein Gesicht.

Am 1. Juli hat der EGMR sein lange erwartetes Urteil über das so genannte Burkaverbot in Frankreich verkündet. An der Entscheidung hat sich seither eine lebhafte Debatte entzündet, in der es um Pluralismus und Minderheitenschutz geht, um Diskriminierung und Würde von Frauen, um den Islam und wie man ihn praktizieren bzw. integrieren soll – alles wichtige und dringliche Fragen, denen sich eine moderne Gesellschaft stellen muss. Ein Punkt, vielleicht der aller fundamentalste dabei, gerät dabei aber leicht aus dem Blickfeld: Hier wird verhandelt, wo die Grenze zwischen Individuum und Gesellschaft verläuft und welche gesellschaftlichen Zumutungen sie vom Individuum abzuhalten in der Lage sein soll. Und das Ergebnis, das der Straßburger Gerichtshof gefunden hat, verheißt für das Individuum und seine Grundrechte einstweilen nichts Gutes.

___STEADY_PAYWALL___

Die Bezeichnung Burkaverbot ist, wenn man das französische Gesetz beim Wort nimmt, gar nicht richtig: Das Gesetz droht jedem, der sich mit verhülltem Gesicht in der Öffentlichkeit bewegt, Strafe an, egal ob es eine Skimaske, ein Damenstrumpf, ein Motorradhelm oder eine Sonnenbrille ist, die der Öffentlichkeit die freie Sicht auf sein Gesicht verwehrt. (Praktisch geht es natürlich fast ausschließlich um die islamische Vollverschleierung.) Das Hauptmotiv hinter diesem Gesetz ist eine utopische Ideologie, die unter dem améliehaft kuscheligen Namen „vivre ensemble“ (zusammen leben) daherkommt, erdacht in der Ära Sarkozy von konservativen Politikern als Signal an die vom Front National verlockten Französinnen und Franzosen, dass auch im so diversen 21. Jahrhundert das republikanische Ideal der Brüderlichkeit noch etwas gilt. Zusammen leben und nicht nur nebeneinander her: in der Utopie des „vivre ensemble“ grillen nicht die einen Lammkotellets im Park und die anderen Schweinswürstchen auf dem Balkon, sondern alle zusammen versammeln sich um die gleiche Feuerstelle, respektiert, aufgenommen und miteinander im Gespräch.

Es handelt sich dabei um ein Tun und nicht nur um ein Sein: Es heißt nicht „la vie ensemble“, sondern „vivre ensemble“, ein Verb im Infinitiv, etwas, was den Lamm essenden Türken/Arabern oder Schwein essenden Deutschen/Franzosen aktiv aufgegeben ist. Es handelt sich auch nicht nur um einen Vorschlag, wie sie ihr Privatleben gestalten sollten, sondern um etwas Politisches. Zusammen zu leben ist etwas, was sich die freien und gleichen Bürger der Republik wechselseitig einander schuldig sind.

Im Mittelpunkt dieser Ideologie steht das Gesicht: Ich kann mit dir nur zusammen leben, wenn ich dein Gesicht sehe. Wer bist du? Zeig dich mir! Wer sich verhüllt, macht aus dieser Perspektive nicht einfach von seinem Recht Gebrauch, für sich zu sein. Er zieht eine Barriere zwischen sich und seine Mitbürger. Er macht nicht mit beim großen „vivre ensemble“, ein Spielverderber und Störenfried ist er. Und wenn er sich klagend auf sein Recht auf Privatsphäre, auf freie Religionsausübung beruft, dann wird er scharfen Tons daran erinnert, dass er diese Rechte ja wohl gerade der Gesellschaft freier und gleicher Bürger zu verdanken hat, der er sich so hartnäckig entzieht.

In diesem Moment wird mein Gesicht zu einer Art Reisepass: Ich trage es, mich identifiziert es, aber es gehört mir nicht mehr. „Dieses Gesicht ist Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.“

Ich muss keine verschleierte Muslima sein, um diese Beschlagnahme eines Teils meines Körpers als Vergewaltigung zu empfinden.

Mein Gesicht gehört mir. Ich bin es, der mittels meines Gesichts mit der Gesellschaft Kontakt aufnimmt – oder auch nicht. Ich entscheide, ob ich offen und fröhlich oder mürrisch und verschlossen dreinschaue, ob ich spreche oder schweige, ob und mit wem ich Blickkontakt aufnehme. Mein Gesicht ist das Fenster, durch das ich die Welt sehe und die Welt mich. Aber dieses Fenster ist mit Vorhängen ausgestattet, und die Kontrolle, ob sie auf- oder zugezogen werden, liegt bei niemand anderem als bei mir.

Wenn ich mein Gesicht für mich reklamiere, bitte ich damit nicht um Rücksichtnahme. Ich fordere mein Recht. Ist das unsozial? Aber sicher ist es das. So ist das mit den Grundrechten: Sie sind nicht dazu da, aus mir einen guten Bürger zu machen, der dem Gemeinwohl nützt und seinen Teil fürs Große und Ganze beiträgt. Sie sind dazu da, mir einen Raum zu verschaffen, in dem ich für mich sein kann und gerade nicht für die anderen. Mein Recht auf meinen Körper und mein Recht auf meine Privatsphäre sind keine Privilegien, die mir für meine treuen Dienste als Teilnehmer an der Gesellschaft verliehen werden, sondern Grenzziehungen, die den Raum markieren, wo ich als Individuum unbehelligt bleibe.

Das heißt natürlich nicht, dass diese Grenzen undurchdringlich sind. Es gibt Situationen, wo die Gesellschaft gute Gründe hat, meinen Körper in Fesseln zu legen, meine Wohnung zu durchsuchen und meine individuelle Freiheit ihren Zwecken unterzuordnen. Der französische Gesetzgeber hatte von der öffentlichen Sicherheit bis zur Würde der Frau allerhand solche Gründe zu finden versucht, um das Verhüllungsverbot zu rechtfertigen. Der Straßburger Gerichtshof hat sie allesamt zurückgewiesen. Der einzige Grund, mit dem Frankreich vor dem Menschenrechtsgericht durchdrang, war: „vivre ensemble“. Die Mitbürger der Burkaträgerinnen hätten ein Recht, in einem „das Zusammenleben erleichternden Raum der Geselligkeit“ zu leben, heißt es in dem Urteil. Mit diesem Recht sei das Recht auf Privatsphäre und auf freie Religionsausübung abzuwägen und ziehe im Ergebnis hier den Kürzeren.

Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte diese wattige Ideologie zu einem Argument geadelt hat, mit dem man Eingriffe in Privatsphäre und Religionsfreiheit rechtfertigen kann, ist ein Vorgang mit Auswirkungen weit über das Burkaverbot hinaus. Denn in dem flauscheweichen Fraternité-Rhetorikbausch des „vivre ensemble“ steckt ein stahlharter Kern. Er stellt das Recht, für sich zu sein, unter einen Geselligkeitsvorbehalt. Er macht das Bedürfnis, sich absondern, zu einer Zumutung, derer sich die Gesellschaft ab einem gewissen Punkt erwehren muss und darf. Nun ist sie es, die ein „Recht“ geltend macht, ein Recht auf einen „das Zusammenleben erleichternden Raum der Geselligkeit“, und das Individuum wird zu etwas, das diesen Raum bedrängt und beschränkt mit seinem Individualisierungsbedürfnis und sich dafür rechtfertigen muss.

Diese buchstäbliche Perversion der Grundrechtsidee ist keineswegs allein ein Phänomen der französischen bzw. europäischen Rechtsordnung. Die deutsche Jurisprudenz ist für ganz ähnliche Gedanken durchaus auch empfänglich. „Der freie Mensch zeigt dem anderen sein Antlitz“, heißt es im Sondervotum der drei konservativen Richter Jentsch, Di Fabio und Mellinghoff zum Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts 2003 – gestützt allerdings auf die Menschenwürde und nicht auf den Republikanismus, was aber auf das Gleiche hinausläuft: Frei ist aus dieser Perspektive nur der soziale, der gesellige Mensch.

Aus dieser Perspektive wird die Burka tatsächlich zu einem vollkommen opaken Ding. Man sieht nicht mehr, man will nicht mehr sehen, was sich dahinter verbirgt. Nämlich ein menschliches Gesicht. Leitartikel Meinung Recht

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)

  1. Saadiya sagt:

    @Geobrezel: „Der Nudismus gehört unbestritten zu unserer Kultur!“

    Aus meiner Sicht gehört der Nudismus keiner Kultur. Er kommt nämlich in unterschiedlichen Breitengraden vor (z.B. Afrika, Australien). Genausowenig gehört die Verschleierung einer Kultur/einer Religion. Sie findet sich auch außerhalb des muslimischen Spektums.

  2. Saadiya sagt:

    @Geobrezel: „Es gibt ein Minimalbekleidungsgebot, also darf es auch ein Maximalbekleidungsgebot geben.“

    Mag sein, aber Letzteres gibt es nunmal nicht. Es gibt lediglich eine minimale Bekleidungsvorschrift für den allgemeinen öffentlichen Raum (ausgenommen bestimmte Bereiche, wie z.B. Saunen oder FKK Strände). Wieviel Sie über dieses minimale Maß hinaus anziehen, bleibt im Allgemeinen Ihnen überlassen, es sei denn, der Eigentümer eines bestimmten Ortes schreibt eine andere Kleiderordnung vor (z.B. Restaurant, Oper, Theater).

  3. Saadiya sagt:

    @Geobrezel: „Und wenn man gegen das eine ist, dann muss man auch gegen das andere sein, ansonsten verliert man halt seine Glaubwürdigkeit….“

    Wenn ich gegen Spinat bin (nicht mögen), muss ich dann alles an Gemüse ablehnen, um glaubwürdig zu sein??? Sie können sich sehr wohl nur gegen eine Form von etwas bestimmten richten, nicht jedoch gegen das andere. Im Allgemeinen ist es sogar so, dass ich etwas bestimmtes mag, weswegen ich etwas anderes eben nicht mag. Sie zum Beispiel mögen keine Frauen mit Vollverschleierung. Sind Sie deshalb auch dazu aufgefordert, alle Frauen OHNE Gesichtsschleier nicht zu mögen? Nach ihren eigenen Worten oben wäre das dann so…..

    „Geobrezel:“ und offenbart sich als Erfüllungsgehilfe für höchstfragwürdige kulturelle Eigenschaften aus Saudi-Arabien und mehr nicht.“

    Der Gesichtsschleier ist keine „kulturelle Eigenschaft aus Saudi-Arabien“. Er wird auch in den Golfstaaten getragen, ebenso von männlichen Tuareg in Afrika, von streng jüdisch Orthodoxen in Israel (babylonische Talmud), dem von Hindus oder von einer Braut bei Ihrer Hochzeit. Die religiöse Bedeutung, die wir heute dem Schleier stets zuerst unterschieben, kam wohl erst recht spät auf; da hatte der Schleier schon eine jahrtausendealte Geschichte hinter sich.

    @Geobrezel: „Eine Burkaträgerin in der Öffentlichkeit kommt mir vor wie ein Gast, der sich in ein Restaurant setzt und nichts essen und trinken will. Man will da sein, aber ohne teilzunehmen. Wundert es, wenn die anderen Menschen einen dann nicht akzeptieren? Man muss schon sehr Ignorant sein und wenig feingefühl dafür haben, wie Menschen und eine Gesellschaft funktionieren.“

    Ob sich die deutsche Schleierträgerin auch wie ein gast vorkommt???? Wenn Sie Verschleierte nur als Gäste wahrnehmen, dann zeigt es doch auch, dass Sie automatisch nicht davon ausgehen, dass dies auch etwas sein könnte, was zu Deutschland/zu Europa gehört. Sie sehen nur das Fremde, das Trennende; nicht jedoch machen Sie sich die Mühe, dass Gemeinsame zu finden. Es geht nicht darum, dass sie einen Schleier akzeptieren oder schön finden sollen; vielmehr wäre es der erste Schritt, die Frau/den Menschen hinter dem Schleier den nötigen Respekt zu zeigen. Gesellschafft ist nicht dazu da, zu einem Zwangsinstrument zu mutieren, dass Menschen in Rahmen und Muster presst und ihnen abverlangt, sich zwangszuvergesellschaften. Es gibt auch Unverschleierte, die nicht an der Gesellschaft teilhaben wollen oder können. Und manchmal haben wir alle mal einen schlechten Tag und wollen gerade keinen Kontakt zur „Außenwelt“, weil wir so mit unseren eigenen Gedanken beschäftigt sind, dass wir unsere Umwelt vorübergehend ausbleiben und mal ganz ohne Gesellschaft sein wollen. Wenn Sie sich Gedanken zum Funktionieren einer Gesellschaft machen, dann sollten Sie sich auch Gedanken dazu machen, dass dieses Funktionieren nur dann funktioniert ( ;-) ), wenn die Freiheit des Einzelnen gewahrt bleibt und die Persönlichkeit des Einzelnen Zutritt zur Gesellschaft hat, auch wenn sie äußerlich von ihr verschieden ist. Ansonsten ist Gesellschaft nicht Gesellschaft….

  4. Marianne sagt:

    Die Nudistenfreiheit im öffentlichen Raum, Herr Geobrezel, gehört nicht zu den Menschenrechten, die Religionsfreiheit aber schon. Und nein, in einem echten Rechtsstaat kann man nicht einfach etwas verbieten, woran sich die Mehrheit „stößt.“ Da sind die Menschenrechte vor, mit denen Sie leider auf Kriegsfuß stehen. Ansonsten wiederhiolen Sie sich schon wieder, und wenn Ihnen nichts mehr an abstrusen Verrenkungen einfällt, um ihre Weltsicht, nach der die Mehrheit über die Rechte von Minderheiten abstimmen darf, zu begründen, behaupten Sie dreist, ihr Diskussionsparner habe angeblich nichts verstanden. Na, sauber.

  5. Geobrezel sagt:

    @Saadiya
    „Aus meiner Sicht gehört der Nudismus keiner Kultur. Er kommt nämlich in unterschiedlichen Breitengraden vor (z.B. Afrika, Australien).“

    Wie jetzt? Er gehört keiner Kultur an und ist in keiner Kultur vertreten, obwohl es ihn aber des öfteren zu geben scheint? Ist der Nudismus, also einfach nur eine Armutserscheinung? Oder ein Zeichen von Primitivität? Da scheinen Sie sich aber auch zu drehen und zu winden?!
    Warum sollte man diesen Menschen nicht einräumen hier genauso leben zu können wie in deren Heimat? Das würde doch unsere Kultur bereichern! Und unsere Vielfalt noch vielfältiger machen! Wieso wird die individuelle Ausdrucksweise eines nackten Körpers von Ihnen nicht akzeptiert? Etwa weil es nicht islamisch ist? Dann ist es mit Ihrer Toleranz, aber auch nicht viel besser gestellt, als bei mir! Es gibt sogar frappierende Ähnlichkeiten!

    Aber bitte grundsätzlich nicht falsch verstehen! Ich bin ja auch der Meinung, dass Menschen nicht nackt durch die Öffentlichkeit laufen sollten, nur habe ich dagegen argumentativ genau so wenig zu bieten, wie gegen die Burkas! Es ist halt einfach eine (kulturell geprägte) Geschmacksfrage und ein potentielles Ärgernis! Außerdem war es mir nur wichtig zu erfahren, ob die ach so toleranten Vielfaltpropagandisten hier auch so tolerant wären, wenn sie mal mit etwas konfrontiert werden, was ihnen kulturfremd ist! Aufjedenfall konnte ich mit meiner provokanten These ziemlich gut beweisen, dass es denjenigen, die sich hier vollmundig für Vielfalt einsetzen, hauptsächlich um eine muslimisch-gefällige Vielfalt geht!

    @Saadiya
    „Es geht nicht darum, dass sie einen Schleier akzeptieren oder schön finden sollen; vielmehr wäre es der erste Schritt, die Frau/den Menschen hinter dem Schleier den nötigen Respekt zu zeigen.“

    Nein, Respekt muß man sich verdienen, da reicht es nicht sich eine Burka überzustülpen, sich ein Piercing stechen zu lassen oder irgendeinen Glauben nachzueifern. Warum auch? Das ist doch keine Leistung?

    @Saadiya
    „Gesellschafft ist nicht dazu da, zu einem Zwangsinstrument zu mutieren, dass Menschen in Rahmen und Muster presst und ihnen abverlangt, sich zwangszuvergesellschaften.“

    Also auch kein Nacktverbot!? Alleine, dass es das Gesetz gibt, bedeutet ja nicht, dass es richtig ist bzw. nicht gekippt werden kann, denn eigentlich stammt dieses Gesetz aus einem ziemlich unfreien und prüden Zeitalter!

    @Saadiya
    „Er wird auch in den Golfstaaten getragen, ebenso von männlichen Tuareg in Afrika, von streng jüdisch Orthodoxen in Israel (babylonische Talmud), dem von Hindus oder von einer Braut bei Ihrer Hochzeit.“

    Dann gibt es also nur eine Gruppe mit Anpassungsproblemen, oder wie soll ich das verstehen, dass ich immer nur muslimische Frauen mit Burka sehe?

    Übrigens ging es mir in dem Vergleich vom Restaurant-„Gast“ nicht um das Gastsein, sondern darum, dass man irgendwo hin geht wo es ums Essen geht um dann dort nichts zu essen und dann zu behaupten das wäre auch eine Art und Weise zu essen. Es ging mir um die seltsame und sehr eigene Interpretation des Wortes Individualismus. Aber vielleicht verstehen Sie es besser, wenn Sie sich vorstellen man ginge in die Oper und dann würde der Sitznachbar anfangen Popcorn zu essen. Für mich wäre dieser Mensch ein Kulturbanause und fehl am Platz! Und genau so verhält es sich auch mit der Burka und Nudisten in der Öffentlichkeit!

  6. Geobrezel sagt:

    @Marianne
    „Und nein, in einem echten Rechtsstaat kann man nicht einfach etwas verbieten, woran sich die Mehrheit “stößt.” Da sind die Menschenrechte vor, mit denen Sie leider auf Kriegsfuß stehen.“

    …naja, nicht nur ich sondern offensichtlich auch der EGMR. Hätten Sie den Artikel gelesen, dann wüssten Sie dass ein Verschleierungsverbot nicht unbedingt gegen die Menschenrechte verstößt! Urteil des EGMR!

    Übrigens gibt es in Italien bereits seit 1975 ein Vermummungsverbot in der Öffentlichkeit! Das heisst, dass Burkatragen in Italien schon seit Ewigkeiten nicht möglich ist und trotzdem gab es nie Probleme mit dem EGMR!

    Es ist nur ein Zeichen, dass einem die Argumente fehlen oder sich von den Argumenten der Gegenseite erdrückt fühlt, wenn man jemand anderen, als „disqualifiziert“ darstellen muß um sich die Argumente nicht mehr anhören zu müssen. Auf die Art und Weise wird jeglich Diskussion versucht schon von vornherein abzuwürgen, weil man einfach weiss, dass man eigentlich keine Argumente hat, die man vorbringen kann!

    Deshalb beruht die Diskussionsstrategie von Burkabefüwortern immer nur darin festzustellen, wie unqualifiziert die Gegenseite doch eigentlich in dieser Frage ist, um sich dann selbst als überqualifiziert darzustellen und tut so, als hätte man das GG oder Montesquieu zum Frühstück gehabt, aber am Ende war es dann doch nur ein Clown!

  7. Saadiya sagt:

    @Geobrezel: „Er gehört keiner Kultur an und ist in keiner Kultur vertreten, obwohl es ihn aber des öfteren zu geben scheint? Ist der Nudismus, also einfach nur eine Armutserscheinung? Oder ein Zeichen von Primitivität? Da scheinen Sie sich aber auch zu drehen und zu winden?!“

    Er ist weder eine reine Armutserscheinung noch ein Zeichen von Primitivität. Und er ist auch kein Objekt, dass sich eine Kultur als „Eigenleistung“ oder als „Errungenschaft“ einverleiben könnte, so wie sie ihn als Bestandteil deutscher Kultur sehen möchten.

  8. Saadiya sagt:

    @Geobrezel: „Warum sollte man diesen Menschen nicht einräumen hier genauso leben zu können wie in deren Heimat? Das würde doch unsere Kultur bereichern! Und unsere Vielfalt noch vielfältiger machen! Wieso wird die individuelle Ausdrucksweise eines nackten Körpers von Ihnen nicht akzeptiert? Etwa weil es nicht islamisch ist?“

    Ich habe persönlich kein Problem mit Nacktheit, weder mit der eignen noch mit der anderer. Und ob dies nun islamisch ist oder nicht interessiert mich als Nicht-Muslim und Nicht-Angehöriger irgend einer anderen religiösen Richtung eigentlich auch nicht. Einzig der Umstand, dass öffentliche und vollständige Nacktheit an dafür nicht vorgesehen Plätzen in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit sein kann, die man als „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ umschreibt. Da ich jemand bin, der sich gesetzestreu verhält, beachte ich diese Prämisse natürlich. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

  9. Saadiya sagt:

    @Geobrezel: „Aufjedenfall konnte ich mit meiner provokanten These ziemlich gut beweisen, dass es denjenigen, die sich hier vollmundig für Vielfalt einsetzen, hauptsächlich um eine muslimisch-gefällige Vielfalt geht! “

    Ich fürchte, Sie in dieser Hinsicht hinlänglich enttäuschen zu müssen. Auch erschließt sich mir nicht, warum Sie uns etwas beweisen müssten noch warum einige der Diskutanten hier sich Ihrer Ansicht nach „hauptsächlich für eine muslimisch-gefällige Vielfalt“ einsetzen? Vielfalt hat keine Religiosnzugehörigkeit und stammt auch aus keiner bestimmten Kultur oder geografischer Region. Sie ist kein Einwanderer, sondern war schon immer da, seit dem Menschen auf diesem Planeten herumwandern. Ohne diese Vielfalt hätte es wohl auch nicht sowas wie Evolution und vieles mehr geben können. Selbst innerhalb einer Gruppe von Personen, die alle aus ein und derselben Kultur kommen, gibt es Vielfalt. Nicht jeder Deutsche ist gleich. Es gibt kulturelles Brauchtum im Süden Deutschlands, das sich von jenem im Norden unterscheidet. Es ging mir (ich kann nur für mich selbst sprechen) nicht um eine „islamische Vielfalt“ sondern um die Vielfalt an sich, genauso wie ich niemandem vorschreiben könnte, keine sichtbaren Tatoos in der Öffentlichkeit zu tragen, nur weil mir Tatoos persönlich nicht gefallen. Kleidung und Körperschmuck sind Ausdruck der Persönlichkeit eines Menschen, und das geht mich nun mal nichts an -egal ob es mir nun gefällt oder nicht- sofern es keine gesetzlichen Vorgaben gibt, die hier Einschränkungen vornehmen.

    @Geobrezel: „Nein, Respekt muß man sich verdienen,….“

    Respekt ist für mich ein Menschenrecht auf Achtung der Würde des Einzelnen. Respekt muss man nicht verdienen, man muss ihm anderen entgegenbringen – und zwar ohne zuvor einen Gegenleistung zu erwarten. Lesen Sie mal § 1 GG.

    @Geobrezel:“ Dann gibt es also nur eine Gruppe mit Anpassungsproblemen, oder wie soll ich das verstehen, dass ich immer nur muslimische Frauen mit Burka sehe?“

    Anpassungsprobleme an was???? An Ihre Vorstellungen???? Muslimische Frauen tragen hier nicht nur und ausschließlich Niqab (es ist keine Burka, die habe ich hier noch nie in der Öffentlichkeit gesehen, weder die aus Afghanistan noch die weitaus weniger bekannte aus den Golfstaaten). Es gibt Musliminnen mit einem Kopftuch und der weitaus größere Teil der Musliminnen fällt ihnen vermutlich nicht mal auf, weil sie sich nicht verschleiern. Es mag Sie vielleicht auch überraschen, aber hinter einigen der Niqabträgerinnen verbergen sich Bio-Deutsche. Und die müssen sich in ihrem eigenen Heimatland ja schmerlich der Vorwurf gefallen lassen, sie würden sich nicht integrieren wollen. Der Niqab ist so selten in der Öffentlichkeit zu sehen, dass ich mir persönlich kaum vorstellen kann, dass die Mehrheitsgesellschaft vom Anblick der Damen „bedroht“ wäre – rein zahlenmäßig gedacht.

    @Geobrezel:“Aber vielleicht verstehen Sie es besser, wenn Sie sich vorstellen man ginge in die Oper und dann würde der Sitznachbar anfangen Popcorn zu essen. Für mich wäre dieser Mensch ein Kulturbanause und fehl am Platz! Und genau so verhält es sich auch mit der Burka und Nudisten in der Öffentlichkeit!“

    Sie können den popkornessenden Operngänger gerne als Kulturbanausen ansehen. Aber damit hätte es sich auch schon. Genauso ist es mit dem Niqab (oder Burka wie Sie es fälschlicherweise bezeichnen) oder dem Nudisten in der Einkaufspassage. Ich für meinen Teil sehe mich nicht als Nabel der Welt und glaube auch nicht, dass ich derjenige bin, der die Kulturviertheit in Person ist. warum also soll ich andere Menschen zu meinem Lebensweg zwingen und sie zu etwas bewegen wollen, was sie nicht mögen. Menschen sind wie sie sind. Entweder ich finde mich damit ab, oder ich drehe mich weg, wenn ich es „kulturell“ nicht ertragen kann.

  10. Saadiya sagt:

    @Geobrezel:“Übrigens ging es mir in dem Vergleich vom Restaurant-”Gast” nicht um das Gastsein, sondern darum, dass man irgendwo hin geht wo es ums Essen geht um dann dort nichts zu essen und dann zu behaupten das wäre auch eine Art und Weise zu essen.“

    Geobrezel, es gibt unzählige Arten des Essens. Und es gibt unterschiedliche Weisen, dass Essen zu sich zu nehmen. Darüber hinaus kann ich niemanden zwingen, zu essen wie und wann ich es gerne hätte, wenn der andere nicht essen mag oder es aber vorzieht in einer anderen Weise zu essen als ich es tue. Der nichtessende Restaurantgast sollte nicht unserer Sorge sein (maximal die des Gastwirtes vielleicht). Der Nicht-Esser oder Nicht-Jetzt-Esser oder der Anders-Esser kann für sich selbst Sorge tragen und essen wie, wann und wo es ihm beliebt. Wir sollten ihm zutrauen, dass er einen uns unbekannte Art und Weise kennt, sein Essen zu sich zu nehmen. Wir beide, Sie und ich, essen eben wie es uns beliebt und er Nicht-Esser tut auch nur das, was er für richtig hält.